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0481 - Laurins Amazonen

0481 - Laurins Amazonen

Titel: 0481 - Laurins Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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über dem Lederhandschuh trug. Alles aus purem Gold. Bis zu diesem Moment hatte Zamorra immer noch an Mostaches Worten gezweifelt, zumal Raffael bestätigt hatte, kein Unbefugter und erst recht kein Zwerg habe sich im Château und in der Umgebung herumgetrieben. Zudem erregte ein solches Menschlein Aufsehen - in einem kleinen Dorf wie diesem weitaus mehr als in einer Großstadt wie Paris, in der man ohnehin bei jedem zweiten Spaziergang die absonderlichsten Typen traf. Indessen hatte Mostache nur von dem Zwerg selbst gesprochen, nicht aber von dem Rummel, den es um diesen Burschen garantiert gegeben haben mußte, wenn er einfach so durchs Dorf und in die Kneipe spazierte - am hellen Tag vor den Augen der erstaunten Dorfbevölkerung.
    Jetzt aber sah Zamorra besagten Zwerg leibhaftig vor sich.
    Raffael drückte auf die Hupe, als der Kleine keinerlei Anstalten machte, die Durchfahrt freizugeben. Da erhob der Zwerg sich, legte die linke Hand auf den Schwertgriff und reckte sich zu seiner vollen Größe von geschätzten 99 Zentimetern auf. »Wer da Einlaß begehrt ins Zauberschloß des Herrn Montagne, mag seinen Namen nennen und den Zoll entrichten!«
    »Der hat ja ’nen Vogel!« lachte Nicole leise. »Ganz schön dreist für seine Größe…«
    Raffael machte mit der linken Hand eine eindeutige, verscheuchende Bewegung. »Hätten Sie die Güte, Monsieur, aus dem Weg zu gehen, damit wir hindurchkönnen?« verlangte er.
    »Habt Ihr Wachsklumpen in den Ohren?« schrie der Zwerg. »Nennt Euer Begehr und zahlt den Brückenzoll! Nur dann ist es Euch gewährt, das Zauberschoß des Herrn Montagne zu betreten - mit Eurer stinkenden Metallkutsche, für die ihr Euch nicht einmal ein paar anständige Pferdchen leisten könnt, wie’s scheint!«
    Zamorra schmunzelte. Irgndwie erinnerte der Zwerg ihn an Don Cristofero und seinen schwarzen Gnom. Aber andererseits erwachten jetzt, da er den Kleinen endlich vor sich sah, die Erinnerungen. Nicht an den Zwerg selbst - Zamorra war sicher, ihm nie persönlich begegnet zu sein. Aber seinen Artgenossen.
    Im Reich des Zwergenkönigs Laurin! [2]
    »Nun ist es aber gut, Monsieur«, mahnte Raffael derweil höflich und deutete über die Schulter nach hinten. »Bei diesem Herrn handelt es sich um den Herrn Montagne selbst, wie Sie unschwer erkennen werden. Also gehen Sie endlich aus dem Weg.«
    Ohne sich auf weitere Diskussionen einzulassen, gab er behutsam Gas und ließ den Cadillac auf den Zwerg zurollen, bloß dachte der nicht mal im Traum daran, zur Seite zu gehen. Statt dessen zog er das Kurzschwert blank und holte damit aus, um die Klinge schwungvoll auf die Motorhaube niedersausen zu lassen!
    Zamorra hielt den Atem an. Er kannte die Schmiedearbeit der Zwerge; so klein das Schwert war, mochte es das Autoblech vermutlich glatt zu zerteilen, und Ersatzteile waren verflixt schwer zu kriegen und verflixt teuer. Das war natürlich auch Nicole klar, die mit Herz und Seele an diesem Wagen hing und angesichts der Drohung fast einen Herzschlag bekam.
    »Halt!« schrie sie auf, sprang vom Fondsitz hoch und schleuderte dem Zwerg Zamorras Hemd entgegen, das während der Fahrt aus dem Dorf ziemlich zusammengeknüllt neben ihr gelegen hatte, weil sie einfach keine Lust hatte, sich wieder anzuziehen. Der Zwerg fing das Stoffknäuel mit der Schwertspitze auf. Nicole flankte über die Bordwand des Cabrios, rannte auf den Zwerg zu. Der ließ sich nicht im Geringsten davon beeindruckten, daß sie keinen Faden am Leib trug - er hatte eben ein anderes Schönheitsideal, wie umgekehrt Zamorra sich kaum vom Anblick einer nackten Zwergenfrau hätte erregen lassen. Während Raffael den Wagen wieder stoppte, richtete der Zwerg das Schwert unerschrocken gegen Nicole, die ihren Sturmlauf gerade noch stoppen konnte, ehe sie sich selbst aufspießte. Entgeistert starrte sie den Zwerg an, der jetzt zugriff, das Hemd von der Klinge rupfte und sich dabei nicht dafür interessierte, ob die rasiermesserscharfe Klinge Stoff zerschnitt oder nicht.
    »He!« fauchte Zamorra. »Das war mein Hemd, du Troll!«
    Der Zwerg kicherte. »Richtig, es war Euer Hemd«, stellte er fest. »Nun ist’s ein Gelump, mit dem Eure Gespielin ihre sicher reizenden Blößen bedecken mag, wenn Ihr schon zu geizig seid, ihr ein Gewand zu kaufen, um sie sittsam zu bekleiden. Hach, diese Sterblichen. Sie kennen keinen Anstand mehr, die Sitten verrohen immer mehr, und…«
    »Halt mal die Luft an«, empfahl Nicole. »Bevor du dich hier weiter wie der Rächer

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