Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0481 - Laurins Amazonen

0481 - Laurins Amazonen

Titel: 0481 - Laurins Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
lang genug studiert. Er war sicher, daß niemand einen Unteschied bemerken würde, der das Original nicht wirklich ganz genau und seit vielen Jahren kannte. Aber selbst ein magisches Wesen würde sich von der Kopie täuschen lassen.
    Eysenbeiß war dessen absolut sicher. Der, den er täuschen wollte, war mit dem Original nur einmal zusammengetroffen, und die damaligen Ereignisse hatten sich nicht gerade so abgespielt, daß der zu täuschende einen derart tiefen Einblick in Leben und Persönlichkeit des Originales werden konnte, um die Kopie bei Fehlern zu erwischen - zumindest in den ersten Momenten. Und danach würde es ohnehin zu spät sein.
    Der neue ERHABENE war zum großen Schlag bereit.
    ***
    Zamorra setzte sein Glas hart ab. »Zwerg?«
    »Zwerg.«
    »Du willst uns auf den Arm nehmen«, behauptete Nicole.
    »Euch beide zugleich? Dafür bin ich viel zu schwach«, wehrte Mostache ab. »Nein, ganz im Ernst - es war ein Zwerg.«
    »Mit ’ner roten Zipfelmütze«, spöttelte Zamorra, »aus gebrannter, hübsch bemalter Keramik und mit der Gravur ›made in western germany‹ in der linken Fußsohle.«
    »Ihr wollt mich nicht ernst nehmen«, beklagte sich Mostache. »Es war wirklich ein Zwerg. So einer.« Er deutete die Größe mit der Hand an - etwa einen Meter. »War ein bißchen altertümlich gekleidet. Grünes Samtwams, Knickerbocker, weiße Strümpfe und Schnallenschuhe. Er trug Lederhandschuhe, und am Gürtel hatte er einen Zahnstocher hängen äh, ein Schwert. Oder was man in Zergenkreisen so Schwert nennt. Gerade mal unterarmlang.«
    »Du kennst dich in Zwergenkreisen wohl gut aus?« spöttelte Nicole.
    Mostache verzog das Gesicht. »Verflixt, ob ihr es glaubt oder nicht: es war ein Zwerg, und er fragte nach Professor Zamorra.«
    Der versuchte sich zu erinnern, ob ihm in letzter Zeit mal ein Zwerg über den Weg gelaufen war, der die beschriebene Kleidung und ein Kurzschwert trug. Der einzige Zwerg, an den er sich auf Anhieb erinnerte, war der schwarzhäutige, namenlose Gnom, mit dem vor einiger Zeit Don Cristofero aus der Vergangenheit in die Gegenwart gekommen war. Aber erstens befand sich jener Gnom samt seinem Herrn in England, und zweitens hätte Mostache die tiefschwarze Haut mit Sicherheit erwähnt - bei der Detailgenauigkeit, mit welcher er den Zwerg beschrieb.
    »Mostache, du bist sicher, daß du uns damit nicht verkaspern willst?« fragte Nicole.
    »Es gibt zwei Möglichkeiten, sich meine Todfeindschaft zu erwerben«, sagte Mostache ernst. »Eine davon besteht darin, mir Hörner aufzusetzen. Die andere ist, mir nicht zu glauben, wenn ich etwas ernsthaft erzähle.«
    Nicole hob abwehrend die Hände. »Schon gut, mon ami. Es war also ein Zwerg. Hat er gesagt, was er von Zamorra wollte?«
    »Nur, daß er unbedingt mit ihm reden müsse, besser vorgestern als morgen, und daß es um Leben und Tod gehe.«
    »Wann war das?« fragte Zamorra, dessen Gedanken immer noch rotierten. Zwerge, Liliputaner - sie waren doch seit einer kleinen Ewigkeit in keinem Zirkus und keinem Varieté mehr gewesen, in dem Kleinwüchsige ihren Lebensunterhalt zu verdienen gezwungen waren, indem sie sich in teilweise peinlicher Art zur Schau stellten.
    »Heute vormittag«, sagte Mostache. »Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Schließlich gibt’s momentan keinen Zirkus in der Nähe. Aber der Zwerg war plötzlich da und wollte wissen, wo ein gewisser Profesor Zamorra sei, den er in seinem Schloß nicht habe antreffen können.«
    Also mußte dieser Zwerg, wenn es ihn denn wirklich gab, im Château gewesen sein, nur fragte Zamorra sich, weshalb Raffel ihm dann davon nichts gesagt hatte. Bei der sprichwörtlichen Wachsamkeit und Zuverlässigkeit des alten Dieners war es einfach undenkbar, daß ein Fremder unbemerkt durch das Château spazierte, nach dessen Besitzer Ausschau hielt und dann einfach wieder verschwand.
    »Was hast du ihm gesagt, Mostache?« fragte Zamorra.
    »Daß ihr auf Reisen seid und niemand weiß, wann ihr zurückkommt.«
    »Und was tat der Zwerg daraufhin?«
    »Er stapfte wild und zornig mit dem Fuß auf, schrie ein paar Flüche, die ich nicht verstand, und stürmte wieder nach draußen. Er sah aus, als sei es wirklich sehr wichtig.«
    Draußen sprang ein Motor an.
    Zamorra und Nicole wechselten einen schnellen Blick; Zamorra stürmte zur Tür und war gerade noch rechtzeitig draußen, um Raffael einen Wink zu geben. Der Diener, der weisungsgemäß gerade losfahren wollte, weil die vereinbarte Viertelstunde

Weitere Kostenlose Bücher