0482 - Der Ring des Hexers
schließen. Ich habe für deine Seele keine Verwendung.«
Der alte Mann mit der grauen, faltigen und zernarbten Haut kicherte. Er hob eine Hand, und Amos erkannte einen Ring. Plötzlich lebte eine Erinnerung wieder in ihm auf.
»Oh, ich habe durchaus den Richtigen erwischt«, sagte der Hexer. »Ich rief den Fürsten der Finsternis, und er mußte kommen. Damit hast du wohl nicht mehr gerechnet, Asmodis? Nun bist du in meiner Gewalt.«
»Rano«, murmelte Sid Amos.
»Ich sehe, du erinnerst dich noch an mich«, grinste der Hexer böse. »Damals glaubtest du, mich für alle Zeiten ausgeschaltet zu haben, als du meinen Körper tötetest und meinen Geist in diesen Ring verbanntest. Oh, es war eine schwere Strafe. Viel schwerer als das, was ich getan habe. Ha, damals prophezeite ich dir, daß meine Verbannung eines Tages enden und ich zurückkehren würde, um mich an dir zu rächen. Nun ist dieser Augenblick gekommen, und du bist in meiner Gewalt.«
»Was ich damals tat, tat ich als Fürst der Finsternis. Der bin ich längst nicht mehr«, erwiderte Amos. »Du hast da wohl einiges verschlafen, alberner Narr.«
Wieder lachte Rano. »Nicht mehr Fürst? Wer’s glaubt, den soll das Mäuslein beißen. Du trittst doch nicht lebend ab! Dich müßte man töten, um dich vom Thron zu stürzen! Nein, Asmodis, du legst mich nicht herein. Du trägst die Schuld an meiner langen Qual, und dafür werde ich jetzt Rache nehmen.«
Jetzt war es Amos, der lachte. Seine Schmerzen waren fast verflogen, und er glaubte sich einigermaßen frei in dem düsteren Raum bewegen zu können. Das einzige, was ihm nicht gelang, war ein Durchstoßen des Schutzkreises.
Aber vielleicht gab es eine andere Möglichkeit!
Er schleuderte seine rechte Hand! Sie war ihm vor langer Zeit von dem Schwarzzauberer Amun-Re angefertigt worden, nachdem er seine rechte Hand in einem Schwertduell gegen Professor Zamorra verloren hatte; damals war er noch Fürst der Finsternis und damit Zamorras Feind gewesen. Die künstliche Hand konnte er einen Gedanken weit schleudern und am Ziel, von seinem Willen ferngesteuert, handeln lassen. Er wollte Rano packen, aber selbst wenn ihm das nicht gelang, konnte die Hand doch einen Teil der Zeichen auf dem Boden verwischen! Schon eine leichte Abfälschung konnte die Kraft des Zauberkreises halbieren!
Aber es gelang ihm nicht.
Ranos Zauber wirkte auf die losgelöste Hand ebenso wie auf Sid Amos! Sie prallte zurück, landete wieder am Armstumpf, und zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte Sid Amos dort wieder Schmerzen. Er schrie auf; ihm war, als habe ihm das Schwert Gwaiyur gerade erst vor Sekunden die Hand abgetrennt, mit der er Zamorra erwürgen wollte!
»So nicht, mein Fürst«, sagte Rano spöttisch. »Begreife es endlich - diesmal sitze ich am längeren Hebel. Und ich werde jetzt dafür sorgen, daß du stirbst. Nur schade, daß ich deinen Tod vermutlich nicht selbst miterleben werde. Denn mir fehlt die Zeit, etliche Stunden lang dein Sterben abzuwarten.«
Er drehte am Ring, wie er es immer getan hatte - Amos erinnerte sich jetzt wieder so deutlich daran, als sei es erst Stunden her und nicht Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte; genau wußte er längst nicht mehr, wann er die Verbannung ausgesprochen hatte. Zugleich mit dem Drehen rief Rano Zauberformeln aus der Dämonensprache -auch wie einst!
Sid Amos krümmte sich zusammen. Er glaubte von den Hieben einer Flammenpeitsche getroffen zu werden. Der Schmerz brachte ihn fast um - aber eben nur fast. Wieder und wieder hieb die magische Kraft auf Sid Amos ein. Schon nach den ersten beiden Schlägen war er nicht mehr fähig, die Flucht zu ergreifen. Erstens hatte jener, der ihn beschwor, ihn noch nicht wieder aus dem Höllenzwang entlassen, und zweitens riß jeder dieser Hiebe der unsichtbaren Feuerpeitsche Amos einen Teil seiner Kraft aus Körper und Geist.
Noch konnte er sich dagegen aufbäumen. Aber er fühlte bereits, daß es nicht mehr lange dauern würde, bis er endgültig zur erduldenden Hilflosigkeit verurteilt war. Es gab kein Entrinnen. Es schien unglaublich, aber Rano zeigte sich tatsächlich überlegen.
Nur gut, daß mich seinerzeit Zamorra nicht mit diesem Zauber erwischen konnte, als wir noch Feinde waren, dachte Sid Amos, und danach konnten seine Gedanken nur noch den rasenden Schmerz schreien.
Und jeder Flammenhieb brachte Sid Amos dem Tod näher, aber dieser Tod ließ sich viel Zeit, ehe er die Sense schwang und den Lebensfaden des Ex-Teufels endgültig
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