0487 - Im Tempel des Drachen
kompakt und mörderisch. Mit seinen gebogenen, langen Armen hatte er selbst Yakup, den Kämpfer von der Treppe ins Nichts stoßen können, und jetzt sah es so aus, als sollte Suko sein nächstes Opfer werden.
Der Inspektor wollte sich mit der Dämonenpeitsche verteidigen, ich griff schon zur Beretta, da aber handelte Shao.
Mit einem seitlich angesetzten Hieb senste sie die widerliche Gestalt von der Treppe.
Als die Hand wieder zurückschnellte, sah ich aus der Faust etwas Längliches hervorschauen.
Es war ein Pfeil!
Mit ihm hatte sie ebenfalls zugeschlagen, und der Choki flog torkelnd, in die Tiefe, wobei er seine Arme und Beine bewegte und dabei dicht an ein grünes Feuer geriet.
An zweien rutschte er vorbei, das dritte schnappte zu. Als hätten die Drachenflammen etwas bemerkt, so schnellten sie plötzlich vor und schnappten zu. Wie gierige Hände umklammerten sie den fallenden Kopflosen und drückten zu.
Er wurde vernichtet.
In einer Wolke aus Feuer, Rauch und Sprüh verging er, verpuffte, verlöschte, starb einfach.
Aber Yakup war uns entrissen worden.
»Verdammt«, sagte Suko, »hätte Yakup nicht auch so reagieren können?«
»Er war eben zu überrascht.«
Suko wandte sich an Shao. Er wollte von ihr wissen, was mit Yakup geschehen sein könnte.
»Ich habe keine Ahnung. Möglicherweise hat ihn die Drachenwelt aufgefangen, vielleicht ist er auch…«
»Wir haben verstanden.«
Lin Cho meldete sich wieder. Er sprach krächzend, dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, daß ihn etwas bedrückte. Shao hatte seine Erklärungen verstanden: Sie wies uns an, schneller zu gehen. Die Treppe bedeutete jetzt eine Gefahr.
Suko hielt seine Dämonenpeitsche schlagbereit, wir hatten die Beretta hervorgeholt. Wenn uns die Chokis abermals angriffen, wollten wir gewappnet sein, aber in der folgenden Zeit passierte nichts dergleichen. Nur der Weg führte uns weiter in die dichte, unheimliche und nach uns greifende Dunkelheit.
Es war einfach kein Ende zu sehen. Weder oben, unten noch an den Seiten. Diese Welt wurde von der Schwärze beherrscht. Durch sie wehte der Atem des Drachen, der sich, mit dem Geist des Dämons Shimada vermischte.
Nicht wir merkten dies, sondern Lin Cho!
Plötzlich blieb er stehen, drehte sich auf der Stufe um und streckte den Arm mit der Fackel aus. Der Schein huschte dicht an Shaos Gesicht vorbei und hätte auch Suko fast berührt.
Ich fragte mich, was das bedeuten sollte, drehte mich um und spürte das Zittern.
Ich sah es.
Trotz der Finsternis hob sich hinter mir auf der Treppe eine unheimliche Gestalt ab.
Shimada!
Im ersten Moment wollte ich schießen, hielt mich aber zurück, weil es keinen Sinn hatte, gegen den Dämon mit geweihten Silberkugeln vorzugehen. Sie taten ihm nichts.
Shimada stand da und wartete - bis plötzlich Shao etwas sagte. »Wir müssen weg, Freunde! Er ist gekommen, um zu vernichten. Die Treppe wird nicht mehr standhalten können. Shimada löst sie auf. Lin Cho hat mich gewarnt. Schaut auf Shimadas Füße.«
In seiner Nähe befand sich eine der grünen Lichtinseln, die so weit abstrahlte, daß sie auch den Rand der Treppe erwischte, auf dem Shimada stand.
Nein, nicht den Rand, denn die Treppe war nicht mehr vorhanden. Sie hatte sich an dieser Stelle aufgelöst, und sie war dabei, sich auch noch weiter aufzulösen.
Vor unseren Augen verschwanden die Stufen. Shimada aber begleitete die Aktion durch sein fürchterliches Lachen.
Da half nur eines.
Flucht!
***
Wir hatten uns nicht abgesprochen. Jeder von uns wußte jedoch, daß wir dem grausamen und hinterlistigen Dämon in diesem Falle nur durch eine schnelle Flucht entwischen konnten. Ich ging davon aus, daß auch diese Treppe mal ein Ende hatte, und das wollte ich erreichen, bevor Shimada uns einholen konnte.
Wer war schneller?
Wir besaßen eine Last, den alten Shaolin Lin Cho. Er konnte sich nicht so schnell bewegen wie wir.
Deshalb machte Suko kurzen Prozeß und lud ihn über seine Schulter.
Hinter uns kam Shimada näher.
Wir vernahmen seine Schritte nicht, aber wir hörten sein häßliches Lachen, das schon mehr einem grauenvollen Keuchen glich und uns bewies, wie nahe er uns doch bereits war.
Ich schaute nach unten, vielleicht war es falsch, aber ich wollte auf keinen Fall eine Stufe verfehlen.
Das Lachen steigerte sich. Shimada holte auf. Er bewegte sich in dieser Welt sicherer als wir Menschen, und er war entsprechend siegesgewiß. Mit rauher Stimme sprach er mich an. »Ich brauche den vierten
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