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0488 - Blutregen

0488 - Blutregen

Titel: 0488 - Blutregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Regenbogenhonig aufgebraucht war; seine suchenden Finger konnten nur noch winzige Restchen finden. Dafür war das verwirrende Bild der verkohlten Morgenlandschaft jetzt noch deutlicher geworden, verdrängte schon fast die Wirklichkeit. Und da war diese unglaublich schnell gewachsene Blume, deren Knospe sich unter den Strahlen einer türkisfarbenen Morgensonne jetzt öffnete.
    Die Blütenblätter entfalteten sich zu einer buntschillernden Pracht! Der leichte Wind ließ die erst faustgroße Blüte auf ihrem Stiel hin und her schwingen.
    Eine Regenbogenblume! Ein junger Keim, der aus der Asche emporwuchs!
    Der Namenlose fühlte sich an die Legende vom Vogel Phönix erinnert, der sich selbst verbrannte und aus seiner eigenen Asche neu und verjüngt entstand. Sollte es hier ähnlich sein?
    Ein eigenartiges Fieber erfaßte den Gnom. Er fühlte sich jetzt wieder stark. Ihm war, als habe der Honig nicht nur seinen Blick auf diese fremde, magische Welt ausgerichtet, sondern auch seine Kräfte erneuert. So, als wären Energien, die er während seines Zaubers abgegeben hatte, vom Blütenstaub aufgesogen und jetzt über den Honig wieder an ihn zurückgegeben worden.
    Es war einen Versuch wert!
    Er raffte einiges von dem, was an magischen Utensilien übriggeblieben war, zusammen, tat es wieder in den Beutel und stellte sich dann mitten zwischen die großen Regenbogenblumen. Er konzentrierte sich auf das Bild, das er sah, auf diese einzelne Jungpflanze, und wünschte sich dorthin.
    Die Kaverne mit den großen Blumen verblaßte endgültig, und die andere Welt wurde wahr.
    Er hatte es geschafft!
    Er war drüben, hatte sein Ziel erreicht. Auch die Jungpflanze funktionierte schon ausreichend!
    Der Gnom lächelte zufrieden. Jetzt endlich hatte er eine Chance, seinen Fehler wiedergutzumachen und etwas zur Rettung Don Cristoferos und der anderen zu tun!
    Doch er war mißtrauisch, was diese schnelle Verbindung zwischen den Blumen anging. Er machte die Probe aufs Exempel und wollte wieder ins Château Montagne zurück; wieder hierherkommen konnte er nun ja jederzeit.
    Aber die Rückkehr funktionierte nicht!
    Der Namenlose blieb, wo er war!
    Zamorra beeilte sich. Je länger er darüber nachdachte, desto riskanter erschien ihm Nicoles Plan. Vielleicht hatte Cristofero recht, und es war tatsächlich selbstmörderisch. Vielleicht hätten sie sich wirklich irgendwo verstecken sollen, um die kommende Nacht abzuwarten. Wenn die Tage hier genauso kurz waren wie die Nächte, hätte das möglicherweise gar nicht mal besonders lange gedauert. Aber nun war es zu spät; sie hatten sich voneinander getrennt und waren unterwegs. Jetzt mußten sie es durchziehen, so oder so.
    Zamorra fragte sich einmal mehr, warum sie gejagt wurden. Gut, bei ihm selbst war es vielleicht verständlich. Immerhin waren zwei Tote im Folterraum zurückgeblieben, und Robor wäre ein Narr, wenn er die Schuld daran nicht Zamorra zuweisen würde. Aber warum er überhaupt erst gefangengenommen worden war, blieb weiterhin unklar.
    Vielleicht gab es ja ein Gesetz, das die Zuwanderung aus einer anderen Welt verbot! Oder einfach nur das Betreten des Blumenbeetes!
    Wie auch immer - sie mußten von hier verschwinden. Untertauchen und dann erst einmal die Lage sondieren. Vielleicht gab es noch verrücktere Tabus, gegen die sie unwissentlich verstoßen hatten, weil sie sie nicht kannten, sie sich nicht einmal vorstellen konnten.
    Zweimal wechselte Zamorra die Straße. Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Er behielt die Himmelsrichtung im Gedächtnis, die Nicole ihm gezeigt hatte; am Stand der seltsam türkisfarbenen Sonne konnte er sich mühelos orientieren. Aber da das Dorf bei zunehmendem Tageslicht auch zunehmend lebendig zu werden begann, hielt er es nicht für ratsam, weiterhin die Hauptstraße zu benutzen. Immerhin schlichen ja auch Nicole und Cristofero durch Nebengassen. Und auf die Tarnung mit dem Bruderschaftsgewand wollte Zamorra sich nicht hundertprozentig verlassen. Er hatte keine Ahnung, wieviel Brüder vom Stein es gab. Wenn es nur ein gutes Dutzend war, dann wurde er natürlich sofort enttarnt. .
    Einen Augenblick später schien auch genau das bereits einzutreten.
    Jemand trat aus dem Haus, sah den vermeintlichen Bruder - und stutzte. Er sah näher hin und schrie dann empört auf.
    »Frevler! Schurke! Bleib stehen, daß ich dich erwische!«
    Daran war Zamorra naturgemäß wenig interessiert. Er begann zu laufen. Derweil machte der Mann mit seinem Gebrüll die ganze Nachbarschaft

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