0488 - Die Mumie und der Totengott
abgesprochen. Die erste Gruppe bewegte sich sehr diszipliniert. Es waren die Männer, die auch die Statue der Göttin trugen. Bisher war sie ein toter Gegenstand, aber ich konnte davon ausgehen, daß die innere Kraft der Pyramide es schaffte, sie zu verändern. Möglicherweise hauchte Sechmet ihr ein gefährliches Leben ein, und eine lebende Kriegsgöttin brachte Gefahr.
Mich hatte man bisher noch nicht entdeckt. Ich hielt mich wohlweislich noch im Hintergrund, auch wenn ich daran ging, abermals den Standort zu wechseln.
Die Männer mit der Statue hatten die Pyramide betreten, die anderen mit dem leblosen Mädchenkörper folgten ihr. Blieben noch diejenigen, die sich um den Mann kümmerten.
Geduckt hockte ich am Rand der Pyramide. Mein Blick war auf die letzten aus der Gruppe gerichtet. Auch sie hatten es nicht eilig.
Allerdings mußten sie sich anstrengen, weil die Last, die sie trugen, ziemlich schwer war.
Wie Besucher aus einer anderen Welt kamen sie mir vor, als sie den Lichtschein erreichten. Er traf aber nicht nur sie, auch die Gestalt, die sie trugen.
Ich erkannte den Mann.
Es war Suko!
Zuerst wollte ich es nicht glauben. Ich fragte mich, wie mein Freund überhaupt in die Klauen dieser Menschen hineingeraten konnte? Jedenfalls mußte es ihm gelungen sein, die Spur der Sechmet-Diener aufzunehmen, wobei diese sich leider als stärker herausgestellt hatten.
Natürlich bekam ich Angst um meinen Freund und Kollegen. Die Mitglieder der Sekte kannten keine Rücksicht. Sie töteten Menschen, die ihnen im Wege standen. Es war gut möglich, daß sie es auch bei Suko getan hatten und nun einen Toten in die Pyramide schleppten.
Der Gedanke daran machte mich nervös. Schweiß brach mir aus allen Poren. Ich fühlte mich verdammt elend und überlegte dennoch fieberhaft, wie ich etwas ändern konnte.
Auch Suko stand die Pyramide offen. Ohne Schwierigkeiten konnten er und die Männer sie betreten. Ich war als einziger noch außerhalb.
Im Innern gingen die Männer nach einem bestimmten Ritual vor.
Sie stellten sich so auf, daß ein jeder von ihnen ohne Schwierigkeiten auf die Statue der Kriegsgöttin schauen konnte. Sie hatten sie so hingestellt, daß sie zwischen der Mumie und dem leblosen Mädchen stand. Die Brücke war geschaffen. Sie mußte ausreichen, um der Statue ein untotes Leben einzuhauchen.
Die alten Ägypter kannten die Totenformel, durch deren Hilfe sie die Göttin beschworen. Der Hohepriester hatte sie übernommen. Ich hörte nicht, was er sprach, sah nur, daß sich seine Lippen bewegten und die Blicke der übrigen Männer gebannt an seinem Gesicht hingen.
Wann passierte es? Konnte ich es verhindern?
Ich schaute auf mein Kreuz und schätzte die Entfernung zur Pyramide hin ab.
Sehr weit war es nicht mehr. Zwei, drei Sprünge reichten, um ans Ziel zu gelangen.
Da reagierte der Schakal.
Er war der Wächter und mußte darauf achtgeben, daß der Mumie kein Leid geschah.
Zuerst duckte er sich zusammen, dann aber streckte sich sein Körper, und plötzlich jagte er zwischen den überraschten Sechmet-Dienern durch eine Lücke auf die Wand der Pyramide zu.
Er sprang hindurch. Ich sah sein weit geöffnetes Maul und auch den dunklen Rauch hervorströmen, als er auf mich zujagte und dabei zu einer gewaltigen Größe anwuchs.
Zweimal hatte er mich durch seine Angriffe gewarnt. Diesmal wollte er mich töten…
Links neben sich sah Suko die Leiche des Mädchens liegen, und die Erinnerung kehrte bei diesem Anblick schlagartig wieder zurück. Ihm fiel ein, daß er den Tod nicht hatte verhindern können, aber er drängte die Vorwürfe zurück.
Nicht hier und nicht jetzt, andere Dinge waren wichtiger. Noch hatte keiner der Anwesenden bemerkt, daß Suko aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht war. Und diesen Zustand wollte er so lange wie möglich halten. Deshalb schaute er aus fast geschlossenen Augen dorthin, wo man die Statue der Kriegsgöttin aufgestellt hatte.
Sie sah schlimm aus.
Der Löwenkopf auf dem Menschkörper schimmerte im geheimnisvollen Licht der Pyramide. Es streifte über die Gestalt, schien in die Augen zu dringen und ihnen einen lebendigen Ausdruck zu verleihen. Lebte die Statue schon?
Nein, noch war sie ruhig, aber sie wurde von Lord Ralston angesprochen. Er redete nicht laut, flüsternde Worte reichten aus, um verstanden zu werden, weil die Akustik innerhalb der Pyramide eine besondere war.
Suko war es gelungen, seine eigenen Probleme zu unterdrücken.
Er kümmerte sich nicht um die
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