049 - Die Horror-Maschine
Spalten wehte, fand sich dann im Namen der
Tochter wieder.
Tschiuu war
zwanzig Jahre alt, charmant, reizend und verstand es, Konversation zu machen.
Selbstbewußt und sicher war ihr Auftreten. Die kleine Chinesin begleitete ihren
Vater als Sekretärin und Dolmetscherin bei Reisen außerhalb Chinas. Tschiuu
sprach perfekt englisch, französisch und deutsch.
Unter den
rund zwanzig Gasten an diesem Abend im Haus des Verlegers befanden sich mehrere
junge Männer, die sich mit Tschiuu unterhielten, ein bißchen mit ihr flirteten
und sich Hoffnung machten, daß aus Sympathie und Freundschaft zur Tochter des
Hauses mehr werden könnte.
Aber nur ein
Besucher, der dreiundzwanzigjährige Pao Lim, hatte wirkliche Chancen. Lim war
zurückhaltend, etwas scheu, aber Tschiuu wußte, daß er sie liebte. Mit jedem
Blick, jeder Geste gab er ihr das zu verstehen.
Sie fanden
Gelegenheit, miteinander zu tanzen. Tschiuu richtete es sich geschickt ein, ehe
ein anderer Tänzer sich um sie bemühen konnte. Sie legte es so aus, als ob Lim
ihr gerade ein Zeichen gegeben hätte.
„Tut mir
leid, Liu“, sagte sie mit leiser Stimme zu dem jungen Mann, der sie zum Tanz
entführen wollte. „Diesmal war Pao schneller.“
„Vielleicht
nachher?“ fragte Liu mit einer höflich angedeuteten Verbeugung. „Wenn ich mich
jetzt schon anmelden darf? Ich könnte den ganzen Abend mit Ihnen tanzen,
Fräulein Tschiuu.“
Sie lachte.
„Das läßt sich schwierig einrichten. Mein Vater hat nur eine Tochter, und die
muß sich um alle männlichen Gäste kümmern. Das verstehen Sie doch, nicht wahr?“
Sie musterte ihr Gegenüber mit schelmischem Augenaufschlag.
Liu Fan Thau
seufzte. Er war etwas untersetzter als Pao, und man sah ihm an, daß er sehr
viel Kraftsport trieb. Er hatte den Ehrgeiz, auf der nächsten Olympiade im Judo
ein Wörtchen mitzureden. Seine Leistungen waren beachtlich. „Verstehen kann ich
das schon, aber ich will es nicht. Könnten Sie sich nicht vorstellen, daß Sie
sich ganz allein mir widmeten?“
„Wir reden
ein andermal darüber. Kümmern Sie sich doch ein bißchen um Fräulein Yang! Sie
macht heute abend so einen betrübten Eindruck. Mich umschwirren die Männer wie
die Motten das Licht, und Yang sitzt in der Ecke und grübelt vor sich hin.“
„Sie sind
sehr schön, Tschiuu“, flüsterte Liu Fan Thau.
„Schönheit
vergeht, Liu. Fräulein Yang hat Werte, die man auf dem ersten Blick nicht
sieht.“
„Sie sind
sehr freundlich.“
„Kümmern Sie
sich um Yang! Wir werden später noch mal gemeinsam tanzen. Der gute Pao wird
schon wieder unsicher.“ Sie löste sich mit charmantem Lächeln von ihrem
Verehrer und ging Pao entgegen, der im Ansatz der Bewegung stehengeblieben war.
Er machte eine weniger unglückliche Figur, weil in diesem Augenblick ein Diener
des Hauses mit einem Tablett kam, auf dem eine neue Karaffe Reiswein stand Er schenkte Pao Lim ein.
„Eine
ausgezeichnete Marke“, sagte Pao fröhlich, als Tschiuu ihm zuprostete. Er nahm
einen herzhaften Schluck, als müsse er sich Mut antrinken. Sein Gesicht glühte,
und seine Augen leuchteten. Er machte einen heiteren, gelösteren Eindruck als
zu Beginn des Abends. Das vorzügliche Essen und der reichlich genossene
Reiswein trugen ihren Teil dazu bei.
„Ich wollte
Sie gerade zum Tanz bitten, da habe ich gesehen, daß Liu mit Ihnen sprach. Sie
sind viel begehrt. Das macht die Sache schwierig. Liu zum Beispiel hängt an
Ihnen wie eine Klette.“
„Sie dürfen
sich nicht entmutigen lassen“, tröstete sie ihn und wandte den, Kopf in
Richtung Salon, wo die große Glastür weit offen stand. Liu Fan Thau sprach: mit
Fräulein Yang. Die kleine Chinesin mit der unvorteilhaften Brille mit dem
Drahtgestell, wirkte aufgeregt in der Nähe des Sportlers. „Liu ist ein lieber
kleiner Kerl. Er weiß, daß er Erfolg hat bei Frauen“, fuhr Tschiuu fort. „Aber
mir ist er ein bißchen zu grob. Ich bin mehr für die zärtliche Tour.“
Während sie
miteinander sprachen, überquerten sie die geräumige Terrasse. Die zwanzig Gäste
Huan Los verloren sich in den großzügigen Anlagen des Parks und den vielen
Räumen des Hauses. Kleine Grüppchen standen beisammen und diskutierten, andere
tranken Reiswein, andere wiederum drehten sich im Tanz. Die Musik wurde von
einer Stereoanlage hinaus ins Freie übertragen.
Die schmalen,
gepflegten Wege luden ein zum Spaziergang. Es war eine milde Vollmondnacht.
Klar und greifbar nahe stand die fahle Scheibe über ihnen und goß ihr
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