049 - Die Horror-Maschine
von seinem unheimlichen Widersacher lösen. Aber
im Vergleich zu diesem ungeheuerlichen Wesen, das seine Augen nur schemenhaft
in der Finsternis wahrnahmen, wirkte er wie ein Zwerg!
Die Hand auf seinem
Gesicht stellte ihm die Luft ab. Lims Bewegungen wurden langsamer. In einem
letzten verzweifelten Versuch wollte er sich dem starken Zugriff entwinden und
Luft schnappen. Er hatte das Gefühl, als blähten sich seine Lungen auf und
würde sein Körper jeden Augenblick explodieren.
Etwas traf
sein Bewußtsein wie eine eiskalte Dusche. Ihm wurde bewußt, daß er es nicht mit
einem, sondern mindestens mit zwei Gegnern zu tun hatte. Denen war er nie
gewachsen. Während der eine ihn festhielt, verschloß ihm der andere den Mund. Der
Gedanke, daß die unheimliche Gestalt im Dunkeln drei Arme haben könnte, kam ihm
gar nicht.
●
Seine Sinne
schwanden.
Er hatte das
Gefühl, als würde eine überdimensionale Trommel in seinem Gehirn geschlagen.
Mit Gewalt versuchte Pao Lim dem gefährlichen Bann zu entweichen. Aber der
Luftmangel war nicht mehr zu beseitigen.
Tschiuu! Mein
Gott, sie war auf dem Weg nach hier. Wenn dieses Ungetüm. - Wie kam das
unheimliche Wesen überhaupt hier in diesen herrlichen Garten, eine Ausgeburt
des Grauens, des Abscheus? Seine Gedanken überschlugen sich.
Der Fremde
warf den schlaffen Körper Pao Lims über die Schultern, brach dann wie eine
Maschine durch die dichtstehenden Büsche und Sträucher und zertrampelte die
Blumenrabatten.
Tschiuu Lo
bog in diesem Augenblick um die Ecke. Der fahle Mondschein lag voll auf dem
freien, runden Platz, wo der Springbrunnen stand. Der Wipfel eines uralten
Baumes ragte über die Bank, auf der Pao Lim noch vor wenigen Augenblicken
gesessen hatte.
Tschiuu Lo
sah die schattengleiche Bewegung unmittelbar vor den Sträucherreihen.
Ihr Atem
stockte.
Ihre Augen
wurden zu schmalen Schlitzen. Sie sah den schlaffen, reglosen Körper Lims und
die gewaltigen Ausmaße eines Menschen, wie sie nie zuvor einen in ihrem Leben
gesehen hatte. Der Entführer Pao Lims wurde durch das Geräusch hinter sich
aufmerksam. Mit dumpfem Knurren wandte er den massigen, quadratischen Schädel.
Im Zwielicht sah Tschiuu die zerklüftete Oberfläche des narbigen Gesichtes, die
Augenbrauen, die wie Wülste unterhalb der Stirn hervorquollen und die großen,
schimmernden Augen, in denen sich das Mondlicht spiegelte.
Die Szene war
so unwirklich, so unheimlich und gespenstisch, daß Tschiuu Lo anfing, an ihrem
Verstand zu zweifeln. Sie wußte nicht, was sie tun oder denken sollte. Sie fing
einfach an zu schreien, und gellend hallte ihre Stimme durch die Nacht.
●
Die Menschen
auf der Terrasse und im Garten vor dem Haus erstarrten in der Bewegung. Es war,
als würde ein eisiger Windhauch über sie hinweggehen. Der markerschütternde
Schrei war so fürchterlich, daß den Partygästen das Blut in den Adern stockte.
Huan Lo warf
ruckartig den Kopf herum.
„Tschiuu?“
fragte er. Seine Frau sah ihn angsterfüllt an. Auch sie glaubte die Stimme
erkannt zu haben.
„Tschiuu!“
Huan Lo rief den Namen seiner Tochter so laut, daß er lange durch die Nacht
hallte. Mit einem Blick in die Runde vergewisserte der Gastgeber sich über die
Zahl seiner Gäste. Zwanzig Leute waren schnell zu überblicken.
Tschiuu
fehlte! Und Pao Lim!
„Ich habe Pao
vorhin in den Garten gehen sehen“, machte Liu Fan Thau sich bemerkbar. Seine
Worte wirkten in dem dumpfen Schweigen wie Hammerschläge.
„Es ist etwas
passiert, Huan!“ Die Worte tropften leise und kaum hörbar über die Lippen von
Madame Lo, die die grobgehäkelte Stola enger um ihre schmalen Schultern zog,
als fröstelte sie.
Wie auf
Kommando hin rannten sofort vier, fünf Gäste los, während sich zwei Frauen um
Madame Lo kümmerten und sie zum Sitzen aufforderten. Huan Lo rannte an der
Spitze der kleinen Gruppe den Hauptweg durch den Garten. Aus dieser Richtung
war der Schrei gekommen. Sie erreichten den runden, mondbeschienen Platz. Schon
von weitem erkannte man die helle, reglose Gestalt, die am Boden lag.
Tschiuu!
Huan Lo
rannte keuchend auf seine Tochter zu und drehte sie auf die Seite. Auf den
ersten Blick war keine Verletzung feststellbar. Der Vater atmete auf, als er es
merkte, daß Tschiuu offenbar nur ohnmächtig war. Wie aber war diese
Bewußtlosigkeit zustande gekommen? War das Mädchen krank? Bis zum heutigen Tag
gab es keinen ähnlichen Vorfall.
Drei
Begleiter Huan Los hatten inzwischen die niedergetrampelten
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