Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0492 - Der Zug aus der Hölle

0492 - Der Zug aus der Hölle

Titel: 0492 - Der Zug aus der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
wirklich überlegt hatte, was für Probleme entstehen konnten. Selbst im Alter von 230 Jahren war Bryont Saris nicht abgeklärt genug, um der Liebe einfach zu entsagen zu können -besonders mit dem Wissen darüber, unter welchen Umständen sie ihm geschenkt wurde!
    War die Unsterblichkeit nicht ein Fluch?
    Die Frau, mit der er jetzt noch als Ehepartnerin in Liebe vereint war, würde in ein paar Monaten »seine Mutter« sein!
    Aber vielleicht mußte das so sein. Vielleicht bedurfte es dieser kompromißlosen, hingebungsvollen Liebe, um auch den »Sohn« so zu akzeptieren, wie er war, statt ihn dafür zu hassen, daß seine Geburt seinem »Vater« das Leben kostete… Manchmal dachte Bryont daran, wie Männer empfinden mochten, wenn die geliebte Frau bei der Geburt des Kindes starb.
    Eine Durchsage wurde aus den Bahnsteig-Lautsprechern gekrächzt. »Der Zug von Thurso über Inverness und Perth nach Glasgow hat wetterbedingt etwa zehn Minuten Verspätung.«
    Thurso war der nördlichste schottische Festlandsort. Von dort aus zog sich die Eisenbahn s-förmig durch die Grafschaften Caithness, Sutherland und Cromarty nach Inverness. Zehn Minuten Verspätung, das war für diese schwierige Strecke durch die nördlichen Highlands geradezu harmlos.
    Bryont ließ seine Frau noch nicht los und küßte sie abermals. Die paar anderen Fahrgäste, die hier auf den Zug warteten, mochten darüber denken, was sie wollten. Sollten sie es für unmoralisch halten, seiner Liebe in der Öffentlichkeit Ausdruck zu verleihen. Wahrscheinlich wußten sie nicht einmal, daß sie ihren heutigen Standard teilweise ihm zu verdanken hatten - beziehungsweise seinen politischen Anstrengungen und denen seiner »Vorfahren« in der Erbfolge.
    »Der Zug kommt«, sagte William.
    Die zehn Minuten waren zwar noch lange nicht vorbei, aber die Ansage mußte ja nicht hundertprozentig stimmen. Vielleicht hatte der Zugführer auf den letzten paar Dutzend Meilen einen Teil der Verspätung wieder hereinholen können.
    In der Tat rollte der Zug bereits in den Bahnhof, bremste ab, kam zischend und knackend zum Stehen. Die Türen blieben geschlossen; niemand stieg in Inverness aus. Verwunderlich war das nicht; wer war schon um diese Tageszeit unterwegs?
    Bryont löste die Umarmung und hob seinen Koffer auf. »Paß auf dich auf, Patricia«, sagte er. »Und laß dich von Don Cristofero nicht unterkriegen.«
    »Mit dem bin ich doch bisher ganz gut zurechtgekommen«, erinnerte ihn Patricia. Der Mann aus der Vergangenheit, aus der Zeit des französischen »Sonnenkönigs«, war seit ein paar Wochen bei ihnen zu Gast, zusammen mit seinem Diener, dem schwarzhäutigen, gnomenhaften Zeit-Zauberer. Beide verbreiteten ein Übermaß an Chaos um sich herum. Aber Patricia schien in der Tat als einzige die beiden im Griff zu haben. »Notfalls verbanne ich sie ein paar Meilen westwärts nach Spokky Castle«, versprach sie. »Mach dir keine Sorgen, Bryont. Wir«, und dabei strich sie lächelnd über ihren Bauch, »kommen schon klar.«
    Bryont öffnete die Wagentür und stieg ein. Zwei Frauen unterschiedlichen Alters benutzten eine der anderen Türen. Auch ein älterer Mann stieg ein.
    »Gute Reise«, sagte Patricia brüchig. Butler William nickte nur dezent einen Gruß.
    Ein schriller Pfiff, die Türen wurden geschlossen. Der Zug ruckte an. Patricia winkte hinterher. Die nicht besonders lange Wagenkolonne verschwand in Richtung Süden.
    »Wenn Sie gestatten, sollten wir jetzt gehen, Mylady«, empfahl William. »Ich halte es nicht für sinnvoll, länger als unbedingt erforderlich Zielscheibe für dämonische Mächte darzustellen.«
    Patricia nickte.
    Gerade als sie sich abwandte, kam eine erneute Lautsprecherdurchsage. »Es fährt ein der um zehn Minuten verspätete Zug von Thurso über Inverness und Perth nach Glasgow. Bitte Vorsicht an der Bahnsteigkante…«
    »Nein«, murmelte William entgeistert. »Ich träume.«
    Patricia glaubte, in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen. Der Zug aus Thurso fuhr tatsächlich gerade in diesem Augenblick ein…
    ***
    Zamorras Gesicht verdüsterte sich. »Was willst du damit sagen?« stieß er hervor. Seine Hand umklammerte das Cognac-Glas, an dem er ähnlich wie Nicole nur genippt hatte. Forschend sah er Sid Amos an.
    Der Ex-Teufel grinste. »Ich weiß, daß du dich verdammt beeilen mußt, wenn du ihm helfen willst. Das heißt -wenn meine Vermutungen stimmen. Ich habe da eine interessante Beobachtung gemacht.«
    Zamorra ließ ein ärgerliches Knurren

Weitere Kostenlose Bücher