0492 - Der Zug aus der Hölle
hören. »Mein Bester, laß dir nicht jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen! Wenn es wirklich so dringend ist, kann jede blödsinnige Verzögerung tödlich sein!«
»Da hast du recht«, bestätigte Amos und nahm einen kräftigen Schluck. Ihm als nicht menschlichen Wesen machte der Alkohol vermutlich so gut wie gar nichts aus. Zamorra dagegen ließ jetzt die Finger davon und orderte bei Mostache für Nicole und sich promillefreie Getränke.
Sid Amos berichtete von seiner Beobachtung, die er mittels seiner »Fingerschau« gemacht hatte. Allerdings verschwieg er vorläufig, daß Lucifuge Rofocale dazu ein Amulett eingesetzt hatte. Schließlich wollte er erst einmal versuchen es heimlich in seinen Besitz zu bringen, und wenn das nicht klappt, konnte er sein Wissen Zamorra immer noch anvertrauen, damit der sich darum kümerte und sich einmal mehr mit Lucifuge Rofocale anlegte. Amos bezweifelte auch, daß es für eine Hilfsaktion für den Lord eine Rolle spielte, ob Zamorra von diesem Amulett wußte oder nicht. Sein siebtes war jedem einzelnen anderen Amulett ohnehin weit überlegen.
»Rofocale, der alte Halunke«, murmelte Zamorra betroffen, nachdem Amos seinen Report beendet hatte.
»Ausgerechnet der Herr der Hölle selbst? Das kann eine haarige Angelegenheit werden. Lucifuge Rofocale ist nicht zu unterschätzen.«
»Es deutet auf eine Entführung hin«, überlegte Nicole. »Er wird den Zug aufs Gleis schicken und wieder in die Hölle zurückholen, sobald der Lord eingestiegen ist. Aber welchen Grund sollte Sir Bryont haben, einen Zug zu besteigen? Und würde er nicht sofort merken, was es damit auf sich hat? Die Llewellyns besitzen doch über alle Generationen hinweg ein starkes Gespür für Magie und verfügen auch selbst über mehr oder weniger ausgeprägte magische Fähigkeiten, wenn ich richtig informiert bin.«
»Bei Bryont liegt die Betonung eher auf ›weniger‹«, erinnerte Zamorra. »Wenn ein Dämon wie Lucifuge Rofocale am Werk ist, wird ein Mann wie Bryont das nicht so rasch durchschauen können. Aber ich verstehe immer noch nicht wie er in den Zug kommen soll. Bist du dir deiner Sache sicher, Sid?«
Der Ex-Teufel verzog beleidigt das Gesicht und paffte Zigarrenrauch gegen die Decke. »Ich sagte doch schon anfangs, daß es eine Vermutung ist. Was sollte derzeit sonst in Schottland ablaufen? Da gibt’s nichts Wichtiges mehr außer dem Lord, seit eine gewisse Weiße Hexe namens Damona King vor etlichen Jahren spurlos in der Versenkung verschwand.«
»Hast du damals nicht deine Finger im Spiel gehabt?«
»Viele glauben es, viele erzählen es. Aber sie war mir nie wirklich wichtig«, sagte er. »Reden wir jetzt über Schnee von gestern oder über euren schottischen Freund?«
Zamorra stand auf und ging zu Mostache hinüber. »Darf ich mal dein Telefon benutzen?« erkundigte er sich. »Ich muß im Château an rufen.«
Natürlich durfte er. Im Château Montagne ging der alte Diener Raffael so schnell an den Apparat, als habe er auf Zamorras Anruf gewartet. »Raffael, versuchen Sie Llewellyn-Castle zu erreichen. Wenn sich jemand meldet, geben Sie durch, daß Seine Lordschaft sich um jeden Preis vor Eisenbahnen hüten soll, egal ob es sich um echte oder um Spielzeug oder um sonst etwas handeln sollte. Rufen Sie anschließend unverzüglich hier zurück. Der Lord kann sich ebenfalls hier melden. Geben Sie ihm Mostaches Rufnummer.«
»Ich erledige das sofort, Monsieur!« versicherte Raffael, und Zamorra legte auf. »Schreib’s mit auf die Rechnung«, bat er Mostache. Aber der Wirt schüttelte den Kopf. »An dem Ortsgespräch werden wir nicht sterben. Was anderes wäre es, wenn du von hier aus nach England telefoniert hättest.«
»Nach Schottland«, schmunzelte Zamorra. »Sir Bryont würde dir sehr eingehend erklären, daß das etwas ganz anderes ist.« Er kehrte zum Tisch zurück.
Sid Amos nickte anerkennend. »Das nenne ich eine schnelle und unbürokratische Hilfe«, sagte er. »Was ist, wenn der Lord sich nicht meldet, wenn er schon in der Falle steckt?«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Dann werden wir uns überlegen müssen, wie wir so schnell wie möglich nach Schottland kommen. Dabei hatte ich mich in den letzten Wochen, mit Ausnahme unserer Reise in die Bretagne, so wunderschön ans Nichtstun und Ausruhen gewöhnt, zum Teufel!«
Sid Amos grinste von einem Ohr zum anderen und lachte meckernd.
»Mir ist gerade etwas durch den Kopf gegangen«, sagte Nicole. »Was ist, wenn Lucifuge einen
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