0498 - Der Schatten des Killers
her? Wie sehen Sie aus? Sind Sie verletzt?«
»Kann ich hereinkommen?« fragte ich leise.
»Natürlich, natürlich. Schnell, setzen Sie sich. Ich mache Ihnen nur schnell einen Drink. Der wird Sie wieder aufmuntern. Was führt Sie eigentlich zu dieser frühen Morgenstunde zu mir, wenn ich fragen darf?«
»Nichts Besonderes, Henderson«, gab ich gleichmütig zurück. »Ich will Sie nur verhaften.«
Der Versicherungsdirektor fuhr herum, als hätte ihn eine Natter gebissen. Dann hatte er sich sofort wieder in der Gewalt.
»Cotton«, sagte er leise. »Ich sehe, daß Sie fertig sind. Irgend jemand hat Sie durch die Mangel gedreht. Das ist der einzige Grund, warum ich Ihnen Ihre Worte nicht übelnehme. Ich schlage vor, Sie fahren jetzt erst einmal nach Hause und schlafen sich aus. Danach können wir über alles in Ruhe sprechen. Ich will nicht gerade, daß Sie sich dann bei mir entschuldigen, aber Sie haben später bestimmt nicht mehr solche blödsinnigen Gedanken im Kopf.«
Ich hatte mich in einen Sessel gesetzt und ließ Henderson keine Sekunde aus den Augen. Ich rechnete jeden Augenblick damit, daß ich zur Waffe greifen mußte.
»Interessiert es Sie gar nicht, weswegen ich Sie verhaften will?« hörte ich mich selbst fragen.
Henderson seufzte gekünstelt auf. »Also gut, Cotton, wenn Sie unbedingt wollen, spulen Sie Ihre Story ab. Ich bin zwar aus dem Alter heraus, in dem man sich für Märchen interessiert, aber Sie müssen sich anscheinend was von der Leber reden.«
Henderson setzte sich mir gegenüber in einen Sessel. Er wirkte höflich, ja sogar gönnerhaft. Nicht eine Sekunde verriet er irgendeine Unsicherheit.
»Henderson, ich beschuldige Sie der Anstiftung zum Mord in wenigstens fünf Fällen, des Bandenverbrechens, der Urkundenfälschung und verschiedener anderer Delikte, die im Vergleich zu den vorgenannten unerheblich sind und deswegen hier nicht erwähnt zu werden brauchen.«
»Ganz hübsch«, grinste Henderson. »Hoffentlich hat die Story auch eine Pointe. Wenn die gut ist, vergesse ich sogar, daß all das, was Sie gerade vorgebracht haben, für eine Beleidigungsklage reicht.«
Ich ließ mich von seiner Selbstsicherheit nicht beirren. Obwohl ich genau wußte, daß ich ihn erst in die Enge treiben mußte, glaubte ich felsenfest daran, ihn überführen zu können.
»Wissen Sie, Henderson, jeder Verbrecher macht entscheidende Fehler.«
»Sie scheinen sich ziemlich viele Kriminalfilme anzusehen, Cotton. Da kommt dieser Satz nämlich auch immer vor«, spottete Henderson. »Ich mache Sie fairerweise darauf aufmerksam, daß ich erst in dieser Nacht Ihrer Dienststelle einen großen Gefallen getan habe. Freddy Steffano und seine Gang konnten vom FBI festgenommen werden.«
»Darauf komme ich später noch«, winkte ich ab. »Bleiben wir zunächst einmal bei den Fehlern, die Sie am Anfang gemacht haben.«
»Wenn Sie sich mit aller Gewalt blamieren wollen, Cotton«, sagte er überheblich. »Was soll mein erster Fehler gewesen sein?«
»Ich will jetzt nicht die Dinge erwähnen, die Sie falsch gemacht haben, bevor ich den Fall übernahm. Erinnern Sie sich an den Abend im ,Last Chance’?«
»Natürlich«, nickte Henderson. »Deswegen sollten Sie mir dankbar sein. Ich gab Ihnen die Gelegenheit, den Killer von Steffanos Syndikat zu fassen.«
»Richtig«, stimmte ich ihm zu. »Aber Sie begingen damit auch Ihren ersten schweren Fehler. Sie gaben uns die Adresse des Killers.«
»Und?«
»Well, niemand wußte sie außer dem Killer selbst und seinem Auftraggeber, Jack dem Henker.«
»Was wollen Sie damit sagen, Cotton?«
»Nun, der Killer nannte uns seine Adresse nicht. Wer bleibt denn da noch übrig?«
»Sie wollen mir doch wohl nicht ein Verbrechen unterschieben, nur weil ich zufällig die Adresse eines Mörders kannte.«
»Nein, es war ja auch nur Ihr erster Fehler. Aber er hatte mich stutzig gemacht. Es kam dann noch Ihr Haß auf Freddy Steffano hinzu. Sie wollten Steffano aussteigen lassen. Deshalb spielten Sie ihn uns in die Hände.«
Henderson lächelte überheblich. »Cotton, das sind alles spitzfindige Kombinationen. Sie können mir noch nicht einmal ein Motiv für die angeblich von mir begangenen Taten nach weisen.«
»Doch, Henderson. Ich kann. René hat mich darüber aufgeklärt.«
Zum erstenmal sah ich ein leichtes Flackern in den Augen meines Gegenübers. »Ich kenne keinen René. Was ist mit dem Burschen los, und was hat er gesagt?«
»René sagte mir, warum die Morde begangen wurden.
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