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0498 - Die Totentänzerin

0498 - Die Totentänzerin

Titel: 0498 - Die Totentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ich dich doch. Ich kann dich müde kämpfen, ich kann…«
    Was sie konnte, interessierte mich nicht, denn ich zog meine Beretta aus der Halfter. Eine Kugel würde reichen, um den Knochenschädel zersplittern zu lassen.
    Bevor ich noch auf ihn anlegen konnte, vernahm ich hinter mir das Flattern der Flügel. Ich wollte herumfahren, der Falke aber war schneller, und er schlug mit seinem Schnabel zu.
    Ich wollte es nicht, aber ich schrie auf, als er mir die Spitze in den Handrücken hackte. Es war der rechte. Zwar drückte ich noch ab, aber die Kugel jagte irgendwo in die Decke.
    Der nächste Hieb riß meinen Ärmel auf. Ifune freute sich kreischend. Der Vogel schlug noch einmal zu, und diesmal gelang es ihm, mir die Beretta aus der Faust zu schleudern. Ich hatte sie unwillkürlich geöffnet, weil ich mich wehren wollte.
    Als die Waffe zu Boden fiel, sprang ich schon zur Seite. Aus den Augenwinkeln sah ich meine Gegnerin. Sie rannte auf mich zu. Den Stab hielt sie mit beiden Händen umfaßt. Wenn sie so weiterlief, würden mir seine Hörner genau in den Körper rammen…
    ***
    Glenda Perkins hatte eine fürchterliche Zeit hinter sich. Die Sonne strahlte auf sie nieder. Irgendwann hatte sie angefangen, sie zu verfluchen, es aber schnell wieder aufgegeben, weil es keinen Sinn hatte und dies auch Kraft kostete.
    Keiner der Entführer war gekommen, um ihr etwas zu trinken zu bringen. Ihren Körper spürte sie kaum noch. Die Gelenke waren angeschwollen. Die Haut wellte dick wie Pudding über die hauchdünnen Stricke, ihr Blut mußte inzwischen die doppelte Dicke angenommen haben.
    Natürlich hatte sie zwischendurch immer wieder versucht, sich von den Stricken zu befreien. Es war ihr nicht gelungen. Ihre Entführer verstanden etwas vom Geschäft, und auch die Grabsteinkanten konnten die Nylonfäden nicht aufreißen.
    Die Phasen der Erschöpfung kamen immer schneller. Sehr oft fielen ihr die Augen zu. Wie lange sie danach schlafend verbracht hatte, konnte sie nicht sagen. Glendas Zeitgefühl war verlorengegangen.
    Dabei befand sie sich nicht einmal an einer einsamen Stelle, sondern irgendwo in London.
    Den Verkehr, die üblichen Straßengeräusche, nahm sie als dumpfes Brausen wahr, das nie abriß und permanent an ihre Ohren drang. Und es hatte niemand den alten Friedhof besucht. Es schien so zu sein, als würden ihn die Menschen bewußt meiden, als wüßten sie, daß hier jemand gefesselt an einem Grabstein hing, der sich in sein unabwendbares Schicksal ergeben hatte.
    Um Hilfe zu schreien, hatte keinen Sinn. Glenda hatte es versucht, sie war nicht gehört worden. Ihr Schrei drang wohl aus der Mulde, aber die dichte Bepflanzung schluckte ihn sehr schnell.
    Mit der Dauer der vergehenden Stunden war ihre Stimme auch leiser und kraftloser geworden. Jetzt würde es ihr kaum gelingen, ein Wort über die von der Sonne aufgerissenen und verquollenen Lippen zu bringen.
    Kleintiere bewegten sich in ihrer Nähe. Sie hatten längst ihre Angst überwunden. Putzig aussehende, graue Mäuse schauten sie neugierig an und huschten manchmal über ihre Füße hinweg. Fliegen und Mücken hatten sich den Körper als Landeplatz ausgesucht. Manchmal umtanzten sie auch Wespen, die sie zum Glück nicht gestochen hatten.
    Glenda hielt die meiste Zeit über die Augen geschlossen. Der Dämmerzustand nahm an Dauer zu.
    Manchmal schreckte sie aus ihm hoch, dann wußte sie nie so recht, wo sie sich befand, bis ihr wieder einfiel, daß man sie allein gelassen hatte, so verdammt allein.
    Zuerst hatte sie auf John Sinclair ihre Hoffnungen gesetzt. Das allerdings war vergebens gewesen.
    John war nicht gekommen, und die Hoffnung verließ sie immer mehr.
    Der Tag kam ihr ungewöhnlich lang vor. Sie wartete sehnsüchtig darauf, daß die Sonne endlich sank und etwas Kühle ihr geschwollenes Gesicht umfächerte.
    Eine grell klingende Autohupe riß sie wieder einmal aus ihrem Zustand der Lethargie. Glendas Kopf war nach vorn und der Brust entgegen gesunken. Jetzt hob sie ihn an.
    Glenda öffnete auch gleichzeitig die Augen, ihre Umgebung aber sah sie nur mehr verschwommen.
    Die Grabsteine wirkten wie hohe Flecken, dazwischen standen die Schatten der Büsche, deren Äste sich im leichten Wind wie dünne, zitternde Arme bewegten.
    Die Hitze lag wie eine Glocke über dem alten Friedhof. Sie wollte alles ausbrennen und keinem Lebewesen mehr die Chance lassen, noch lange zu überleben.
    Manchmal wehten Staubwolken über das Gelände. Sie ließen auch Glenda nicht aus.

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