05 - Der Kardinal im Kreml
um Duschanbe. Das Wetter hat überraschend aufgeklart. Sie sagten doch, Sie wollten verständigt werden.»
Greer schaute auf den Monitor in einer Ecke seines Zimmers. Das Gerät stand neben dem Computerterminal, das zu benutzen Greer sich weigerte - zumindest, wenn jemand ihm bei seinen Versuchen, mit den Zeigefingern und, an guten Tagen, einem Daumen zu tippen, zusah. Er hätte sich die Echtzeit-Satellitenbilder live in sein Büro übertragen lassen können, vermied das aber in letzter Zeit. Warum, wußte Jack nicht.
«Okay, marschieren wir rüber.»
Ryan hielt dem stellvertretenden CIA-Direktor die Tür auf, und sie wandten sich nach links zum Ende des Korridors auf der Direktionsetage im obersten Stockwerk des Gebäudes. Hier befand sich der Direktionsaufzug, der den Vorteil hatte, daß man nicht zu lange auf ihn warten mußte.
«Immer noch Schwierigkeiten mit der Umstellung?» fragte Greer. Ryan flog ungern und war erst seit einem knappen Tag wieder zurück.
«Nein, ich habe mich völlig erholt, Sir. Flüge in westlicher Richtung machen mir nicht so viel aus.» Trotzdem war er froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Die Tür ging auf, und die beiden gingen durch das Gebäude zu dem neuen Anbau der Abteilung für Bildanalyse.
Der Vorführraum hätte Hollywood Ehre gemacht. Das Minikino hatte rund dreißig Sitze und eine Riesenleinwand. Art Graham, der Leiter der Abteilung, erwartete sie.
«Gutes Timing. Noch eine Minute, dann haben wir die Bilder.» Er sprach kurz am Telefon mit dem Vorführraum. Die Leinwand wurde sofort hell.
«Schwein gehabt. Das sibirische Hoch drehte scharf nach Süden ab und stoppte die Warmfront wie eine Mauer. Perfekte Sichtverhältnisse. Die Bodentemperatur ist etwa Null, und die relative Luftfeuchtigkeit kann auch nicht viel höher sein!» Graham lachte in sich hinein. «Wir haben den Vogel eigens in Position manövriert, um das auszunützen. Er war bis auf drei Grad direkt über der Anlage, und ich bezweifle, daß der Iwan Zeit hatte, diesen Überflug vorauszusehen.»
«Da ist Duschanbe», flüsterte Jack, als ein Teil der Tadschikischen Sowjetrepublik sichtbar wurde. Die erste Übersicht bekamen sie durch Weitwinkelkameras. Insgesamt hatte der umlaufende Aufklärungssatellit KH-14 elf Übersichten aufgenommen. Der Vogel war erst seit drei Wochen im Orbit und entstammte der neuesten Generation von Spähern. Duschanbe - vor ein paar Jahrzehnten noch Stalinabad - war eine der uralten Karawanenstädte. Nach Afghanistan waren es keine hundert Meilen; Timur-Lengs legendäres Samarkand lag nicht weit im Nordwesten, und vielleicht war Scheherazade vor tausend Jahren hier durchgezogen.
Doch mit dem Seidenhandel hatte das gegenwärtige Interesse der CIA an Duschanbe nichts zu tun. Nun kam ein Bild von einer der hochauflösenden Kameras, die erst in ein tiefes Gebirgstal spähte, wo Beton und Stein eines Wasserkraftwerks einen Fluß stauten. Obwohl der Damm nur fünfzig Kilometer südöstlich von Duschanbe lag, liefen die Hochspannungsleitungen nicht zu dieser Stadt mit 500000 Einwohnern, sondern führten zu einer Reihe von Berggipfeln fast in Sichtweite der Anlage.
«Das sieht aus wie die Fundamente einer neuen Mastengruppe», merkte Ryan an.
«Ja, parallel zur ersten», stimmte Graham zu. «Die Anlage erhält neue Generatoren. Nun, wir wußten ja die ganze Zeit, daß sie nur die Hälfte der verfügbaren Leistung des Wasserkraftwerks liefert.»
«Wie lange dauert es, bis der Rest ans Netz geht?» fragte Greer.
«Da muß ich erst bei einem unserer Fachberater fragen. Der Bau der Hochspannungsleitung nähme nur ein paar Wochen in Anspruch. Ich gehe davon aus, daß die Fundamente für die neuen Generatoren schon liegen. Nun müssen nur noch die Aggregate eingebaut und angeschlossen werden. Höchstens sechs Monate noch, vielleicht acht, wenn das Wetter schlecht wird.»
«So schnell?» fragte Jack verwundert.
«Man hat Personal von zwei anderen Wasserkraftwerken abgezogen. Über diese Anlage ließ man kein Wort verlauten, nahm für ihre Fertigstellung aber Bautrupps von zwei weithin publizierten Vorhaben. Der Iwan weiß seine Anstrengungen zu konzentrieren, wenn's sein muß. Sechs bis acht Monate, das ist eine vorsichtige Schätzung, Dr. Ryan. Es kann durchaus schneller gehen.»
«Wie hoch wird nach der Fertigstellung die Leistung sein?»
«Der Bau ist nicht besonders groß. Gesamthöchstleistung mit den neuen Generatoren? Elfhundert Megawatt, schätze ich.»
«Eine Menge Strom für
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