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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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und zierlich. Eigenartig war auch, daß sie nie ein Parfüm trug und zu seltsamen Tageszeiten kam - immer dann, wenn nicht viel Betrieb war. Es schien, als könne sie über ihre Zeit verfügen.
    Ann suchte sich einen Rock mit passender Bluse heraus und ging zu den Umkleidekabinen. Die Boutiquenbesitzerin wußte nicht, daß Ann immer dieselbe Kabine benutzte. Drinnen zog Ann sich aus, doch ehe sie die neuen Sachen anprobierte, langte sie unter die Sitzbank und holte eine Mikrofilmkassette hervor, die dort am Abend zuvor festgeklebt worden war. Der Film verschwand in ihrer Handtasche. Dann zog sie sich an und begutachtete sich draußen vorm Spiegel.
    Wie können die Amerikanerinnen nur solche Fetzen tragen? fragte Tanja Bisjarina ihr lächelndes Spiegelbild. Sie war Hauptmann im Direktorat S des Ersten Hauptdirektorats (Ausland) des KGB und unterstand Direktorat T, das die wissenschaftliche Spionage steuert und mit dem Staatskomitee für Naturwissenschaften und Technik zusammenarbeitet. Wie Foley «führte» sie eine einzige Agentin, die mit Codenamen Livia hieß.
    Ann entrichtete zweihundertdreiundsiebzig Dollar in bar für die Kombination und nahm sich vor, sie bei ihrem nächsten Besuch in diesem Laden zu tragen, auch wenn sie unmöglich aussah.
    «Bis bald, Ann», rief die Inhaberin ihr hinterher. Das war der einzige Name, unter dem man sie in Santa Fe kannte. Hauptmann Bisjarina drehte sich um und winkte zurück. Trotz ihrer Dummheit war die Boutiquenbesitzerin eine nette Frau. Wie alle guten Geheimagenten verhielt Tanja Bisjarina sich ganz normal und sah auch so aus. In dieser Gegend der Vereinigten Staaten bedeutete das, daß sie sich einigermaßen modisch kleidete, ein ordentliches, aber nicht zu auffälliges Auto fuhr und sich einen Lebensstil leistete, der auf Wohlstand, aber nicht auf Reichtum hindeutete. In dieser Beziehung war Amerika ein leichtes Pflaster. Wenn man nur den richtigen Lebensstil hatte, wurde man von niemandem gefragt, wie man sich ihn leisten konnte. Das Überschreiten der Grenze war schon fast komisch gewesen. Nachdem sie lange Zeit damit verbracht hatte, sich die richtigen Dokumente zu besorgen und ihre Legende exakt auszuarbeiten, war ihr Wagen nur von einem Hund auf Drogen abgeschnüffelt worden - sie war bei El Paso über die mexikanische Grenze gekommen -, und dann hatte man sie mit einem Lächeln durchgewinkt. Und deshalb - darüber mußte sie selbst noch acht Monate später lächeln - habe ich mich tatsächlich aufgeregt!
    Die Fahrt nach Hause, auf der sie sich wie üblich davon überzeugte, daß sie nicht verfolgt wurde, dauerte vierzig Minuten, und als sie angekommen war, entwickelte sie den Film und fertigte Kopien an. Sie legte den entwickelten Film in einen kleinen Projektor ein und stellte das Bild auf der weißen Wand ihres Schlafzimmers scharf. Tanja Bisjarina hatte eine technische Ausbildung genossen, einer der Gründe, weshalb sie den gegenwärtigen Auftrag bekommen hatte, und konnte den Wert dessen, was sie sah, einigermaßen einschätzen. Sie war sicher, daß ihre Vorgesetzten sich freuen würden.
    Am nächsten Morgen warf sie ein Päckchen in einen toten Briefkasten, und dann reisten die Fotos mit einem Sattelschlepper nach Mexiko. Am Abend erreichten sie die Sowjetbotschaft in Mexico City, um tags darauf nach Kuba geflogen zu werden, wo man sie sofort mit Aeroflot weiter nach Moskau verfrachtete.
    Nun, Genosse Oberst, wie fällt Ihr Gutachten aus?» fragte Filitow. «Genosse, Heller Stern ist wohl das wichtigste Programm in der
ganzen Sowjetunion», erwiderte Bondarenko mit Überzeugung und
überreichte vierzig mit der Hand beschriebene Seiten.
«Hier ist die Rohfassung meines Berichts, die ich im Flugzeug schrieb. Ich
lasse Ihnen noch heute eine maschinenschriftliche Version zustellen, aber ich
dachte, Sie -»
«Korrekt gedacht. Es wurde offenbar ein Test durchgeführt -»
«Ja, vor sechsunddreißig Stunden. Ich erlebte ihn mit und durfte
vorher und nachher einen Großteil der Gerätschaften inspizieren. Wenn
ich mir die Bemerkung erlauben darf: General Pokryschkin ist ein hervorragender Offizier und bestens für seinen Posten geeignet. Er ist kein
Karrierist, sondern ein fortschrittlicher Offizier der besten Sorte. Die
Führung der Akademiker auf diesem Berg ist keine leichte Aufgabe -» Mischa nickte zustimmend. «Diese Akademiker kenne ich. Hat er sie auf
Trab gebracht wie eine militärische Einheit?»
«Nein, Genosse Oberst, aber es ist ihm gelungen, ihre

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