05 - Der Kardinal im Kreml
bündeln. Soweit die schlechten Nachrichten.
Die guten wären, daß sie eindeutig Probleme mit thermischem Ausblühen hatten. Die Höchstleistung brachten sie nämlich nur für wenige Tausendstel Sekunden ins Ziel. Dann begann der Strahl auszublühen. Die Durchschnittsleistung lag zwischen sieben und neun Megawatt.
Zudem sieht es so aus, daß sie obendrein Zielprobleme hatten. Entweder sind die Spiegel nicht vibrationssicher montiert, oder es ist ihnen noch nicht gelungen, die Erdrotation zu kompensieren. Vielleicht trifft auch beides zu.
Was immer der Grund sein mag, es gelingt ihnen nicht, genauer als um drei Bogensekunden zu zielen, was bedeutet, daß ihr Strahl im Falle eines geostationären Satelliten nur um plusminus hundertvierzig Meter exakt trifft. Solche Ziele sind aber relativ stationär, und der Bewegungsfaktor kann sich in beide Richtungen auswirken.»
«Wie kommt das?» fragte Ryan.
«Nun, wenn man zum Beispiel ein bewegliches Ziel treffen will - und Satelliten in einer niedrigen Umlaufbahn fliegen ziemlich schnell, rund achttausend Meter pro Sekunde - ist eine Bogensekunde vierzehnhundert Meter breit; wir verfolgen also ein Ziel, das sich mit einer Geschwindigkeit von fünf Grad pro Sekunde fortbewegt.
Soweit klar?
Thermisches Ausblühen bedeutet, daß der Strahl auf dem Weg durch die Atmosphäre eine Menge Energie verliert. Wer ein Ziel am Himmel rasch verfolgt, muß also immer wieder ein neues Loch durch die Luft bohren. Allerdings dauert es eine Weile, bis das Ausblühen wirklich ernst wird. Hat man allerdings noch Vibrationsprobleme jedesmal dann, wenn man den Zielpunkt ändert, fügt man der Zielgeometrie eine neue Variable hinzu, und das macht alles sehr viel schlimmer.
Auf ein stationäres Ziel wie einen Kommunikationssatelliten zu schießen ist relativ einfach, aber man richtete den Strahl so lange in die gleiche Ausblühzone, daß am Ende fast alle Energie in der Luft verlorenging.
Kommen Sie soweit mit?»
Ryan grunzte zustimmend, obwohl er wieder einmal am Ende seines Lateins angelangt war. Graham sprang ein.
«Wollen Sie damit sagen, daß wir uns keine Sorgen zu machen brauchen?»
«Nein, Sir! Wenn die Leistung zur Verfügung steht, braucht man sich nur Gedanken zu machen, wie sie anzubringen ist. Wir haben das schon geschafft. Das ist nämlich der einfache Teil.»
«Wie ich schon erklärte», sagte der Ingenieur zu Morosow, «stellt die Laserleistung nicht das Problem dar. Das ist der einfache Teil. Knifflig ist es, die Energie ins Ziel zu bringen.»
«Und was kann Ihr Computer nicht korrigieren?»
«Es muß sich um eine Kombination von Faktoren handeln. Mit den betreffenden Daten befassen wir uns heute. Das Hauptproblem? Das Programm vermutlich, das atmosphärische Effekte kompensieren soll. Wir hatten gehofft, das Ausblühen durch eine Veränderung des Zielprozesses ausschalten zu können - na ja, es hat nicht geklappt. Die theoretischen Vorarbeiten für den Test haben drei Jahre in Anspruch genommen. Das war mein Projekt. Und es hat nicht funktioniert.» Er starrte zum Horizont und zog die Stirn kraus.
«Die gesteigerte Leistung des Lasers wurde also so erreicht?» fragte Bondarenko.
«Ja. Zwei unserer jüngeren Leute - er ist zweiunddreißig, sie erst achtundzwanzig - fanden einen Weg zur Vergrößerung des Durchmessers der Brennkammer. Jetzt müssen nur noch die Wellenmagnete exakter gesteuert werden», erläuterte Pokryschkin.
Der Oberst nickte. Das Entscheidende an den freien Elektronenlasern, an denen beide Seiten arbeiteten, war die Tatsache, daß man sie einstellen konnte wie einen Sender im Radio, also die Lichtfrequenz wählen, die man senden wollte - zumindest in der Theorie. In der Praxis lag die höchste Leistungsabgabe immer im selben Frequenzbereich – und das war der falsche. Wäre man bei dem Test in der Lage gewesen, eine andere Frequenz zu benutzen - eine, die die Atmosphäre besser durchdrang -, hätte sich das thermische Ausblühen um rund fünfzig Prozent reduzieren lassen.
Doch dazu war eine bessere Feinsteuerung der supralitenden Magneten erforderlich. Wellenmagnete hießen sie, weil sie ein uckendes Magnetfeld durch die geladenen Elektronen in der Brennkammer des Lasers schickten. Unglücklicherweise hatte der Durchbruch bi der Vergrößerung der Brennkammer auch einen unerwarteten Nebeneffekt auf die Steuerung des magnetischen Feldflusses gehabt.
Hier ür gab es noch keine theoretische Erklärung, und die Wissenschaftler glaubten an ein kleines, noch
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