05 - komplett
würde.“
Charles senkte den Kopf. Die Erwähnung seines Vaters weckte zu viele schmerzvolle Erinnerungen und rief ihm all die Gründe ins Gedächtnis, aus denen er nicht in den Stand der Ehe treten wollte. Er schloss kurz die Augen, und unter Aufbietung eisernen Willens gelang es ihm, zu sprechen. „Ich sagte nicht, ich würde Beatrice nicht ehelichen. Ich sagte lediglich, dass ich sie nicht lieben würde.“
„Ah, das ist so typisch für einen Lebemann wie Sie es sind. Ich wette, Sie glauben nicht an die Liebe, nicht wahr?“, fragte Lord Carlisle zornig.
Charles dachte an seinen Vater und seinen Bruder und wusste, dass er durchaus an die Liebe glaubte. Aber das spielte keine Rolle. „Nein.“
In diesem Moment öffnete sich die Tür, und Beatrice trat ein. Der Kummer stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Beatrice, geh auf dein Zimmer. Ich werde mich später mit dir unterhalten“, sagte Lord Carlisle.
„Wieso kann ich nicht bleiben?“, fragte sie niedergeschlagen. „Immerhin entscheidet ihr hier über meine Zukunft.“
„Beatrice, deine Zukunft ist bereits entschieden. Deswegen wollte ich dich allerdings nicht auf dein Zimmer schicken. Ich möchte bloß vermeiden, dass du etwas hörst, was dich verletzen könnte.“
Sie blickte Charles an. „Etwa, dass er mich nicht liebt? Das weiß ich, und deshalb werde ich auch nicht in eine Ehe mit ihm einwilligen. Ich ...“ Sie beendete den Satz nicht, sondern rannte aus dem Zimmer und ließ die Tür geräuschvoll hinter sich ins Schloss fallen.
Charles zuckte zusammen, als die Tür zuschlug. Ihr Blick – er hatte Verachtung darin gelesen, und er verdiente sie.
Traurig betrachtete Lady Pelham ihren Sohn. „Vielleicht sollte ich einmal mit Beatrice reden.“
Seufzend setzte sich Lord Carlisle an seinen Schreibtisch. Er sah müde aus. „Bitte, wenn Sie meinen. Louisa und ich werden alles Weitere hier regeln.“
Lady Pelham verließ das Zimmer und sah gerade noch, wie Beatrice die Treppe hinaufstürmte. „Beatrice! Können wir uns kurz unterhalten.“
Beatrice wollte mit niemandem reden, sie wollte weinen. Charles hatte sie diesmal zu sehr verletzt. Zwar wusste sie, dass er sich nichts aus ihr machte, aber die Worte aus seinem Mund zu hören, noch dazu in solch kühlem Ton ... Auch sie hatte ihren Stolz. Allerdings wollte sie Lady Pelham nicht für Charles’ Kaltherzigkeit büßen lassen. „Also schön, unterhalten wir uns. Ich sage Ihnen jedoch gleich, Sie werden mich nicht zu einer Ehe überreden können.“
Lady Pelham stieg die Treppe zu ihr hinauf. „Wo können wir unter vier Augen sprechen?“
„Am besten in meinem Zimmer.“
Nachdem Beatrice die Tür zu ihrem Schlafgemach geschlossen hatte, ergriff Lady Pelham das Wort. „Ich werde ganz offen zu Ihnen sein, Beatrice. Mein Sohn hat sich nie zuvor so scheußlich benommen wie heute. Ich kann es Ihnen nicht verdenken, wenn Sie sich nicht mit ihm vermählen möchten. Aber Sie müssen es tun. Sie haben gar keine andere Wahl.“
Beatrice setzte sich auf ihr Bett und schüttelte den Kopf. „Offenbar kommt es niemandem in den Sinn, dass ich Charles ebenso wenig heiraten möchte wie er mich. Ich habe vier Saisons mit der Suche nach einem Gatten in London verschwendet und daraufhin beschlossen, ledig zu bleiben. Ich bin nicht für die Ehe geschaffen.“
Lady Pelham nickte bedächtig und gab vor zu verstehen. „Nicht dafür geschaffen, aha. Ist das auch der Grund, warum Sie sich in der Vergangenheit nicht zu einer Ehe entschließen konnten? Ich weiß, es hat Ihnen an Anträgen nicht gemangelt.“
„Wenn ich ehrlich sein soll, Emma, lag es schlicht an meiner Unvernunft, dass ich meine Verehrer abgewiesen habe. Ich hatte mir eine allzu romantische Vorstellung von meinem zukünftigen Gatten gemacht, habe auf die große Liebe gewartet, auf jemanden, der nicht existiert. Dabei geht es in einer Ehe doch vor allem darum, miteinander zurechtzukommen, nicht wahr?“
„Ich halte Sie keineswegs für unvernünftig. Dass Sie auf Liebe hofften und sich nicht mit dem erstbesten Kavalier zufriedengeben wollten, der Ihnen ein komfortables Heim bieten konnte, macht Sie keineswegs leichtfertig. Oder gibt es vielleicht noch einen anderen Grund, weshalb Sie sich nicht vermählen wollen?“
In Beatrices Augen brannten Tränen. Lady Pelham hatte recht, es gab noch einen anderen Grund. Beatrice wusste, dass es die große, wahre Liebe gab, gleich, was sie auch behauptet hatte. Ihr Vater liebte ihre Mutter selbst
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