050 - Als der Silberdämon starb
geleuchtet hatte. Was glauben Sie, wessen Grab ich dabei entdeckt habe?«
»Redgraves.«
»He – stimmt genau!«
»War nicht schwer zu erraten.«
»In der nächsten Nacht legte ich mich stocknüchtern auf die Lauer, und da sah ich dieses komische Licht wieder. Mir war auch, als würde ich eine unheimliche Stimme hören. Konnte aber nichts verstehen.«
»Haben Sie einen Mann beim Grab gesehen?«
»Nein, in dieser Nacht nicht, aber in der nächsten, also gestern. Ich sah ihn nur ganz kurz. Lautlos, fast wie ein Schatten, huschte er durch den Nebel und plötzlich war er verschwunden.«
»Versuchten Sie ihm zu folgen?«
Dawson schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Ballard, soviel Mut hab’ ich nun auch wieder nicht.«
»Sahen Sie wenigstens das Gesicht des Mannes?«
»Leider nein.«
»Mit anderen Worten, er könnte Ihnen morgen in Ihrer Stammkneipe gegenübertreten, und Sie würden ihn nicht erkennen.«
»So ist es«, bestätigte Fred Dawson. »Kurz nachdem er weg war, leuchtete wieder dieses giftgrüne Licht.«
»Peter Redgrave liegt noch in seinem Grab?« erkundigte ich mich.
»Heute vormittag hab’ ich mir den Erdhügel genau angesehen. Ich glaube, Redgrave liegt noch drin.«
Mein Blick versuchte die gespenstische Nebelwand zu durchdringen. »Wo befindet sich das Grab?«
»Ich führe Sie hin.«
»Woher nehmen Sie auf einmal den Mut dazu?« fragte ich.
»Mir war nur allein nicht geheuer, aber mit Ihnen hält sich meine Furcht in erträglichen Grenzen.«
»Okay, Mr. Dawson, dann kommen Sie.«
Wir betraten den finsteren Totenacker, und mir kam vor, als ob es hier etwas kühler als draußen wäre, doch das bildete ich mir sicherlich nur ein.
Der Friedhof war eine unheimliche Kulisse für unseren kleinen Spaziergang. Ich blickte mich immer wieder um, damit uns niemand überraschen konnte.
Ein klein wenig behielt ich auch Fred Dawson im Auge, denn ich kannte den Mann nicht. Es war durchaus möglich, daß er ein Spiel mit gezinkten Karten spielte.
Es war gesünder, ihm zu mißtrauen, als ihm allzu großes Vertrauen entgegenzubringen. Man wird mit der Zeit sehr vorsichtig. Die Erfahrung zwingt einen geradezu dazu. Oft schon hatten meine Gegner mich zu täuschen versucht.
Wir näherten uns einer kleinen, düsteren Kapelle, deren spitzer Glockenturm schlank zum schwarzen Himmel emporragte. Rechts davon sah ich die Aufbahrungshalle, deren große Holztore jetzt geschlossen waren.
Knapp vor dieser stillen, dunklen Halle schwenkte Fred Dawson links ab. »Hier geht’s lang, Mr. Ballard.«
Ich folgte dem Mann und hätte viel darum gegeben, wenn es mir gelungen wäre, den geisterhaften Nebel zu durchdringen. Als Dawson neben mir zusammenzuckte, ballte ich meine Hände blitzschnell zu Fäusten und glaubte einen Moment lang, der Mann wolle mich angreifen.
Doch Dawson verzog das Gesicht, zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen und humpelte die nächsten fünf, sechs Schritte. Er war gegen einen Stein getreten.
Ich entspannte mich und versuchte, dem Mann ein bißchen mehr Vertrauen entgegenzubringen. Leider war es mir noch nicht möglich, mit absoluter Sicherheit herauszufinden, auf wessen Seite Fred Dawson stand.
»Stopp!« entfuhr es ihm urplötzlich.
Er nagelte mich damit auf der Stelle fest.
»Da!« flüsterte mein Begleiter und streckte die Hand aus. »Das Licht, Mr. Ballard. Da ist es wieder. Sehen Sie es?«
Ich hätte blind sein müssen, um es nicht zu sehen. Giftgrün färbte es den Nebel über Peter Redgraves Grab!
***
Der Mann hatte vor wenigen Augenblicken den dunklen Friedhof betreten. Es gab einen unscheinbaren Nebeneingang, durch den er auf den finsteren Gottesacker gelangt war.
Er paßte mit seiner Kleidung nicht so recht ins zwanzigste Jahrhundert, war groß und schlank, und ein langer schwarzer Umhang umwehte ihn, während er zielstrebig an den Gräbern vorbeieilte.
Sein Name war Angelo d’Alessandro. Angelo… Engel – Ja, er fühlte sich als Engel … Als schwarzer Engel! Es hatte sehr lange gedauert, bis die schwarze Macht ihn akzeptierte.
Jahrzehntelang hatte er auf sein großes Ziel hingearbeitet, hatte Reisen in ferne Länder unternommen und sich auf allen fünf Erdteilen mit Männern getroffen, die ihn in der Zauberei unterwiesen.
Aber es genügte ihm nicht, seine Mitmenschen mit irgendwelchen Kunststücken zu verblüffen. Er wollte mehr erreichen. Er wollte mit seinem Wissen der schwarzen Macht dienen, denn er wußte, daß sie ihm das eines Tages reich lohnen würde.
Und
Weitere Kostenlose Bücher