0505 - Jagd der Skelette
Dynastie erstaunlich rückständig. Obgleich ihre Technik um Millionen von Jahren älter war als die der Erde, hinkte sie gerade im Bereich der Computertechnik weit hinterher. Von diesem Technologie-Transfer profitierten also beide Seiten.
Zwischenzeitlich kümmerte sich Eysenbeiß natürlich nicht nur um die Belange der Dynastie sondern auch um seine eigenen Interessen. Vor gar nicht langer Zeit hatte er es fertiggebracht, ausgerechnet Sid Amos, der einmal als Asmodis Fürst der Finsternis gewesen war, ein Amulett zu entwenden. Mit Hilfe dieser Silberscheibe, der Technik der Ewigen, seiner Magie und vor allem dem Wissen Yared Salems über Zamorra und dessen Freunde konnte er herausfinden, wo sich weitere Amulette befanden.
Es war zwar alles andere als einfach, an Salems Wissen heranzukommen, denn dessen Bewußtsein hatte praktisch alle Zugriffsmöglichkeiten im Moment des Verdrängtwerdens reflexartig verschlossen. Aber Stück für Stück schaffte es Eysenbeiß, die winzigen geheimen Türchen in Salems Gehirn wieder zu öffnen.
Es war ein mühsamer Vorgang, der ihn sehr viel Kraft kostete, sich aber mit Sicherheit für ihn lohnte.
So hatte Eysenbeiß jetzt herausgefunden, wer eines der Amulette besaß: ein Mann, der im Hafenviertel von Baton Rouge lebte. Er nannte sich »Ombre«.
Mehr wußte Salem nicht über ihn. Aber das Wenige reichte schon völlig aus. Eysenbeiß würde diesen Ombre finden.
Das konnte er praktisch nebenher erledigen, wenn er sich gerade wieder einmal in El Paso aufhielt. Die etwa 1300 Kilometer zwischen den beiden Orten stellten für ihn keine besonders große Entfernung dar. Da war er inzwischen ganz andere Distanzen gewöhnt. Denn auch wenn es noch kein neues Sternenschiff gab - durch den Weltraum bewegten sich die Ewigen damals wie heute.
Nur eben mit weniger kampfstarken Raumschiffen…
Ohne seinen Vokoder einzuschalten, kicherte Eysenbeiß-Salem spöttisch; kein noch so leiser Laut drang unter der goldenen Helmmaske hervor.
»Ombre, mein Freund, dein Amulett gehört schon mir! Du weißt es nur noch nicht…«
***
Der Gegensatz hätte nicht krasser sein können: Roger Brack und Yves Cascal standen nebeneinander an der Theke, hatten dem Keeper den Rücken zugedreht und beobachteten durch dichte, beißende Wolken von Tabakqualm die mehr schlechten als rechten Bemühungen einer hübschen Asiatin, sich zum Takt dilettantisch vorgetragener Musik zu entblättern. Eben hatte jemand an den Tischen vorgeschlagen, die Drei-Mann-Band, die live aufspiele, in die Bayous zu jagen und an die Schlangen zu verfüttern.
Ob das half, die musikalische Qualität dieser Schnapsbude zu verbessern, war fraglich. Hier wechselten die Bands alle paar Tage. Die Qualität nicht.
Roger Brack paßte in dieses Lokal wie ein Eskimo in die Sahara. Cascal hatte ihn vergeblich davor gewarnt, hier mit Schlips und Kragen zu erscheinen, und jetzt rettete Brack vor dem Ausgeplündertwerden nur seine Freundschaft zu l’ombre, dem »Schatten«, als der Cascal in Baton Rouges Halbwelt bekannt war.
Menschen, die im Jahr ein recht siebenstelliges Gehalt bezogen, gehörten nicht in diese Welt. Eher schon Leute wie Vombre. Der schaffte es gerade mal, mit Gelegenheitsjobs oder »Gelegenheiten« soviel Geld heranzuschaffen, daß die Miete für die Kellerwohnung bezahlt, Lebensmittel besorgt und das Studium seines contergangeschädigten Bruders finanziert werden konnten. Der war zeitlebens an den Rollstuhl gefesselt, weil er keine Beine besaß - seine Füße begannen direkt an den Hüften. Resultat eines Medikaments, das seiner Mutter die Begleiterscheinungen der Schwangerschaft hatte erleichtern sollen und seine Heimtücke nicht im Laborversuch, sondern erst bei der praktischen Anwendung gezeigt hat, weil die entsprechenden Tierversuche nicht stattgefunden hatten. Das Versäumnis hatte man erst bemerkt und das Medikament Contergan vom Markt genommen, als schon alles zu spät gewesen war und in den USA und Europa Tausende von Kindern geboren wurden, die körperlich mißgebildet waren.
Trotz ihrer gesellschaftlichen Unterschiede - der eine bewohnte mit Bruder und Schwester eine kleine, schäbige Kellerwohnung im Hafenviertel, der andere besaß als Single eine Luxusvilla am Stadtrand - waren die beiden Männer, die nur die Hautfarbe als Gemeinsamkeit zu haben schienen, Freunde geworden. Und das eigentlich nur, weil l’ombre dem millionenschweren Finanzmanager von Tendyke Industries das Auto geklaut hatte. Er war aber nur eine
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