0508 - Sparks hetzt den Werwolf
vergessen Sie den Geschäftsführer nicht - und Ihren Bibliotheksausweis.«
Der Kellner eilte davon.
»Steck endlich die verdammte Flasche wieder in die Tüte zurück«, verlangte Zamorra. »Und dann laß uns vernünftig über unser weiteres Vorgehen reden.«
»Da hätte ich einen Erlebnisbericht«, warf Nicole ein. »Ich weiß nicht, ob es einen Zusammenhang mit unserem Fall gibt, aber hört euch die Geschichte einfach mal an, ja?«
***
Ellington beschloß, noch einmal mit Sparks zu reden. Auch wenn Sparks behauptet hatte, nicht für Werwölfe zuständig zu sein, sondern nur für Gespenster, hatte der Earl of Pembroke ihn doch sicher nicht nur aus einer Laune heraus empfohlen. Dazu betrieb der Earl alles, was er tat, viel zu ernsthaft. Vielleicht war Sparks gestern auch nur mißtrauisch oder schlechter Laune gewesen. Nicht jeder Mensch reagiert auf einen Reporter mit Begeisterung…
Dagegen sprach, daß sie nach einer längeren Unterhaltung drei Partien Schach gegeneinander gespielt hatten. Und schließlich hatte Ellington verloren; Sparks aber hatte ihm den verlorenen Einsatz geschenkt…
Und daß er dadurch von Sparks beschämt worden war, wurmte ihn nicht wenig. Ein Grund mehr, überlegte Ellington, noch einmal mit dem Colonel zu reden und ein weiteres Spiel zu versuchen. Vielleicht konnte er die Karte so nachträglich auch offiziell wieder zurückgewinnen. Das hätte ihn entschieden erleichtert.
Also: auf ins »Crown Imperial«. Vielleicht war Sparks ja zufällig gerade anwesend. Und vielleicht konnte Sparks ihm auch einen Tip geben, was diese seltsame Frau anging, die er als so große Bedrohung empfunden hatte.
***
Nicole berichtete von ihrer eigenartigen Begegnung mit dem seltsamen Verfolger. Sie versuchte ihn zu beschreiben, soweit sein Aussehen ihr im Gedächtnis geblieben war. Sparks hob die Brauen. »Lach mich nicht aus - aber es könnte jemand sein, den ich flüchtig kenne. Er ist ein Reporter. Aber warum sollte er dir erst nachsteigen und dann vor dir davonrennen?«
»Mit ihm stimmt etwas nicht. In seinen Gedanken war ich für ihn eine Bedrohung«, meinte Nicole.
»Vielleicht hat er Angst vor Frauen«, flachste Sparks. »Zumindest mehr Angst als vor Gespenstern und Werwölfen.«
»Werwölfe?« hakte Zamorra ein.
Er ist der Mann, der mich gestern wegen des Werwolfs angesprochen hat, noch ehe ich die Begegnung mit Gay Travis hatte. Allerdings kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie er dich, Nicole, mit der Werwölfin hätte verwechseln können. Schließlich seht ihr euch überhaupt nicht ähnlich.
»Du meinst also, er könnte mich für…?«
»Eben nicht!« bekräftigte Sparks noch einmal energisch. »Das ist es ja, was mich verblüfft. Aber da er dich nur verfolgt, nicht aber angegriffen hat, stellt er vielleicht keine Gefahr für dich dar. Trotzdem solltest du vorsichtig bleiben. Wir müssen aber auf jeden Fall überlegen, was wir im Fall Gay Travis tun sollen. Vermutlich ist es am besten, wenn wir noch einmal zu diesem Billighotel fahren und den Fluchtweg der Werwölfin kontrollieren.«
»Kann mir vielleicht mal jemand erzählen, worum es geht?« erkundigte Nicole sich. »Während ich im Schweiße meines Angesichts und verfolgt von einem rätselhaften Feigling einkaufen war, scheint ihr beide euch in haarsträubend verwegene Abenteuer gestürzt zu haben - durftet ihr das überhaupt, ohne mich vorher zu fragen?«
»Da gab’s nicht viel zu fragen. Fang an zu erzählen, Colonel, ich hake da ein, wo es bei dir aushakt.«
»Was soll das denn schon wieder heißen? Bei mir hakt nichts aus!« protestierte der Geisterjäger. »Versuche nicht, einen altehrwürdigen Großmeister der Gespensterjagd in aller Öffentlichkeit zu diskreditieren!«
»Die Betonung liegt auf ›alt‹«, vermerkte Zamorra launig.
»Alter bringt Weisheit mit sich«, verkündete Sparks. »Künftig darfst du mich also ruhig alt nennen.«
Abwechselnd informierten sie Nicole über die zurückliegenden Geschehnisse. Sie hatte sich inzwischen hingesetzt und fingerte gedankenverloren an den abgelegten Kleidungsstücken herum, während die Blicke etlicher männlicher Hotelgäste, die nichts anderes zu tun hatten, als sich ebenfalls auf der Terrasse am Swimmingpool aufzuhalten, wohlgefällig an ihrem raffinierten Badeanzug klebten.
Nicole bemerkte die Blicke sehr wohl; sie war Frau genug, sie zu genießen.
»Schön, wir haben es also mit einer Werwölfin zu tun statt mit einem Werwolf«, faßte sie zusammen,
Weitere Kostenlose Bücher