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051 - Im Orbit

051 - Im Orbit

Titel: 051 - Im Orbit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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eben: unverbesserlich in der Hoffnung. So sind wir Menschen. Blödsinn: So sind wir Menschen gewesen.
    Sterben ist leicht. Und schmerzlos die Methode, die ich gewählt habe. Die gleiche Methode, mit der er uns fast umgebracht hätte; damals, vor siebzehn Monaten; als ich noch Hoffnung hatte…
    Er starrte auf den Bildschirm. Seine Lippen zitterten. Wieder verzog ein Lächeln seine Gesichtszüge - es konnte den Ausdruck der Erschöpfung nicht aus seiner Miene wischen. Wohl aber ein wenig von der Bitterkeit, die sie prägte.
    Er drehte sich um und betrachtete wieder die gleißend weiße Scheibe im Sichtfenster. Die schwarze Sichel war gewachsen. Fast ein Viertel der Erdscheibe deckte sie jetzt zu. Noch fünfundzwanzig Minuten, dann würde die Sonne wieder untergehen. Und weitere fünfundvierzig Minuten später der nächste Sonnenaufgang. Aber den wollte er nicht mehr erleben.
    Er schrieb weiter.
    Die Erdatmosphäre reflektiert inzwischen fast sechsundachtzig Prozent des Sonnenlichts. Der Komet hat sie in ein Leichentuch verwandelt. Durch das Sichtfenster des Transhab-Moduls und auf den Monitoren der Außenkameras sieht das ganz hübsch aus: eine strahlend helle Korona. Darunter aber herrscht die Hölle. Eine kalte, finstere Hölle. Woher nehme ich die Hoffnung, dass dort unten noch irgendein menschliches Hirn denkt und träumt? Woher nehme ausgerechnet ich diese lächerliche Hoffnung? Egal, ich bring es zu Ende. Ich schließe diese Chronologie ab. Heute am 14. Juli 2013…
    Für eine Minute saß er reglos und starrte vor sich hin.
    Dann senkten sich seine Finger erneut auf die Tastatur. Er sprang zurück im Text. Um seine Einträge noch einmal zu lesen. Und zu überarbeiten. Vielleicht auch, um sich zu erinnern. Oder einfach nur, um Zeit zu gewinnen.
    Anfangs hatte er vieles beschönigt. Aber was sollte er jetzt noch schönfärben? Warum angesichts des Endes noch lügen? Und vor allem: Wem sollte er etwas vorlügen? Sollte je einer den Weg zur ISS finden - in Jahrhunderten vielleicht erst -, würde sein Körper längst zu Staub zerfallen und sein Name weiter nichts als eine sinnlose Frequenz von Buchstaben sein.
    Er sprang zurück bis zum 8. Februar
    2012…
    ***
    Ende Dezember 2517
    Die Sonne spiegelte sich im schwarzen Solarschild des Astronautenhelms. Das Gesicht im Inneren des Helms konnte der Mann aus der Vergangenheit nicht erkennen. Das war auch nicht nötig -Matthew Drax hatte genug Fantasie, um sich eine sehr konkrete Vorstellung von diesem Gesicht zu machen. Nach einer gewissen Anzahl von Jahrhunderten glichen sich die Gesichter von Menschen nach seiner Erfahrung wie ein Ei dem anderen.
    Durch eine Sicherungsleine mit dem Zarya-Modul verbunden, schwebte der fremde Astronaut im luftleeren Raum. Als wäre er ein selbstverständliches Anhängsel des über hundert Meter langen und fast achtzig Meter breiten Trabanten aus Sonnenflügeln, Leichtmetallträgern und kreuz und quer angeordneten Röhrenkolossen.
    »Kommandant an Queen Victoria. Mir fehlen noch mindestens elf Meter. Ihr müsst den Manipulator bis zum Anschlag ausfahren. Over.«
    »Queen Victoria an Commander Drax.« Eine samtene Frauenstimme aus dem Helmfunk. »Ich tu, was ich kann. Fürchte, es wird trotzdem nicht reichen. Over.«
    Captain Melanie Chambers hing knapp achtzehn Meter schräg unter Matt in einer zur Ladebucht des Shuttle gehörenden Steuerungseinheit. Wenn er zurück blickte, konnte er ihren Raumanzug sehen. Sie hatten die Ladeklappen und die Radiatoren der Raumfähre geöffnet, um den Manipulatorarm ausklappen zu können.
    Matt selbst klammerte sich an der Spitze des rohrförmigen, mehrgliedrigen Krans fest. Sein Sicherungsseil hatte er mit einem Karabinerhaken zwischen Greifarm und Kamera vertäut. Er spürte weder die zweihundertsechzig Pfund seines Raumanzugs noch die hundertfünfundsechzig seines eigenen Körpers. Hier, in der relativen Schwerelosigkeit des Alls, empfand er seinen Körper so gut wie überhaupt nicht: Er schwebte nicht nur im All, er schwebte auch in seinem Raumanzug. Alle paar Sekunden sah er auf seine Hände in den weißen Handschuhen und auf seine Füße in den weißen Stiefeln und bewegte sie dabei. So behielt er wenigstens eine Ahnung von der irdischen Erfahrung, in erster Linie Körper und keineswegs ausschließlich Geist zu sein.
    Er spürte, wie der Manipulator sich bewegte. Der Astronaut rückte ein kleines Stück näher. Ein Blick zurück: Die drei Glieder des Arms hatten sich zu einem achtzehn Meter langen

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