0511 - Der Fluch der Baba Yaga
bringen. Er konnte nur rätseln, abwarten und beobachten.
Aber irgendwie spürte er, daß es um eine ganz große Sache ging…
***
Pascal Lafitte legte Zamorra eine Diskette und einen Haufen Zeitungsausschnitte auf den Tisch. »Da ihr ausnahmsweise wieder mal für ein paar Tage zu Hause seid, dachte ich mir, ich bring’s wie in alten Zeiten persönlich vorbei, statt es per DFÜ in euren Computer einzuhacken.«
Zamorra sah auf die Uhr. »Da bist du aber ziemlich früh am Tag dran…«
»Weil mich mal wieder die Arbeitslosigkeit gepackt hat«, brummte Lafitte unbehaglich. »Inzwischen bin ich fast soweit, dich zu fragen, ob nicht ein Fluch über mir liegt. Jedesmal, wenn ich wieder Tritt fasse, wird rationalisiert, und du kennst ja den alten Spruch: Zuletzt geheuert, zuerst gefeuert!«
»Und das, obgleich ihr zwei kleine Kinder habt? Greifen da keine Sozialpläne?« wunderte sich Nicole.
»Drüben in Deutschland vielleicht. Hier nicht. Aber ich finde schon wieder einen Job. Außerdem kann ich mich so eher den Kindern widmen.«
»Und den Zeitungsanalysen«, schmunzelte Zamorra. Er hatte einen Haufen Zeitungen aus aller Welt abonniert - vorwiegend tägliche Sensationspresse, weil da am ehesten die Chance bestand, daß über unerklärliche Phänomene berichtet wurde. Zamorra war erfahren genug, das Reißerische der Artikel herauszufiltern und das Blut aus den Zeilen zu wringen, um dann entscheiden zu können, ob die Sache etwas für ihn war oder nicht. Oftmals war er auf diese Weise schon auf Erscheinungen und Geschehnisse gestoßen, die sein Eingreifen erforderten.
Pascal Lafitte half ihm dabei. Der junge Familienvater sortierte in seiner Freizeit vor. Wenn er auf etwas stieß, was für Zamorra interessant sein konnte, schnitt er den Artikel zu Archivierungszwecken aus, las ihn per Scanner in den Computer ein und sandte die Information per Datenfernübertragung ins Château. Und Zamorra und Nicole oblag es dann, eingehendes Material zu sichten und auf Verwertbarkeit zu prüfen. Die Zeitungsoriginale lieferte Pascal bei Gelegenheit nach. Früher war es nur per Zeitungsausschnitt gegangen, aber vor nicht ganz einem Jahr hatte Zamorra Pascal die entsprechende Technik zur Verfügung gestellt, wie er ihm auch für das Lektorat an sich einen angemessenen Obolus bezahlte.
Zamorra betrachtete die Zeitungsausschnitte. »Gleich zweimal fündig an einem Tag?« staunte er. »Und das eine ist ja direkt in unserer Nähe!«
Das war etwas untertrieben. Ein paar hundert Kilometer waren es schon zwischen dem Loire-Schloß und der Gegend im Elsaß, wo Tote gefunden worden waren. Barle-Duc, Pierrefitte, Génicourt… und niemand wußte, woran diese Menschen gestorben waren. Man hatte sie auf der Straße gefunden; sie waren einfach so zusammengebrochen, von einem Moment zum anderen. Und sie stammten jeweils aus dem Ort, in dem der vorherige Tote gefunden worden war. Wenn man diese Orte miteinander verband, erhielt man eine Linie, die von Nord nach Süd führte. Soviel Fantasie hatten die Zeitungsschreiber natürlich nicht aufgebracht, wohl aber Pascal Lafitte, der deshalb diese Todesfälle Zamorra präsentierte. Er sah einen Zusammenhang, und Zamorra konnte sich dieser Ansicht nicht unbedingt verschließen.
Die andere Sache war allerdings noch eindeutiger - Vampiropfer in Griechenland! Die Bißmale waren deutlich erkannt worden.
»Das wäre doch was für Gryf«, überlegte Zamorra.
»Und der ist mit Sara und Ted verschwunden und deshalb nicht greifbar. Also sollte sich einer von uns darum kümmern.«
»Ich«, schlug Nicole vor, heute mit einer Sonnenbrille bekleidet - höchst sinnig im Innern eines Gebäudes, aber irritierender Blickfang für Pascal. Zamorra runzelte die Stirn. »Da wirst du aber nicht so herumlaufen können. Die Griechen sperren dich schneller ein, als du dich umschaúen kannst.«
»Ihre nackten Götter - und Heldenstatuen sperren sie doch auch nicht ein«, protestierte Nicole. »Ich werde mich steingrau anmalen… Nein, im Ernst, Freunde, in der Gegend, in der der Vampir sein Unwesen treibt«, sie deutete auf den Zeitungsausschnitt, »habe ich mal in meiner ach so kurzen Studentenzeit meinen Urlaub verbracht. Ich kenne mich da bestens aus. Wenn du also eine Fremdenführerin brauchst, Chef, kannst du mich anheuern.«
Zamorra hob die Brauen. »Es läuft also darauf hinaus, daß wir Teri das Elsaß-Problem überlassen, ja?«
»Sofern wir uns nicht selbst darum kümmern. Wir müssen vorher nur die
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