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0511 - Der Fluch der Baba Yaga

0511 - Der Fluch der Baba Yaga

Titel: 0511 - Der Fluch der Baba Yaga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nicht im Stich ließen wie das junge Mädchen, als er durch das Gespräch mit Asmodis abgelenkt gewesen war.
    Aber vielleicht wußten die Menschen der Gegenwart das Leben viel zu wenig zu schätzen. Sie gingen viel gedankenloser damit um, nutzten die Zeit, die ihnen vergönnt war, für Nebensächlichkeiten. Da bereitete es kaum Vergnügen, sie sterben zu sehen. Vielleicht war es in anderen Ländern nicht so - aber der Lachende war an die Grenzen Frankreichs gebunden. Leichtfertig hatte er vor seiner letzten Verbannung ins Kirchenschiff von Barle-Duc ein Versprechen gegeben. Es hinderte ihn, die Landesgrenzen aus eigener Kraft zu verlassen. Er vermochte es nicht einmal mit dem zeitlosen Sprung.
    Nur, wenn eine andere Person diese Fähigkeit benutzte und den Lachenden dabei mitnahm, konnte es gelingen. Aber daran war nicht zu denken. Der Lachende Tod hatte während seiner vielen Wanderschaften nie einen Menschen gefunden, der den zeitlosen Sprung beherrschte. Und selbst wenn - als Begleiter auf der Wanderschaft mußte dieser Mensch erst sterben, um als Untoter dem Lachenden zu folgen. Doch nach der Erfahrung des Lachenden erloschen Para-Fähigkeiten mit dem Tod des Individuums…
    Er hatte damals vieles nicht bedacht, als er sein Versprechen gegeben hatte.
    War er erst einmal außer Landes, galt alles nicht mehr. Aber wie sollte er die Grenze überschreiten, wenn es ihm nicht aus eigener Kraft gelang?
    Seine Gedanken kehrten zurück zu der Landschaft, durch die er sich bewegte. Er genoß seine Erinnerungen.
    Warum gab es in Frankreich keine Kriege mehr?
    ***
    Die Kutsche wurde kaum noch bei Tage bewegt. Zu viele Menschen aus einer zu fremd gewordenen Kultur waren im Licht unterwegs, und sowohl der Skelettierte in seiner Kapuzenkutte, der auf dem Kutschbock die Peitsche schwang, als auch die Lamia scheuten die Masse der Lebenden. So blieb die Kutsche bei Tage in einsamen Gegenden oder dichten Wäldern verborgen, und die Lamia begann erst bei Einbruch der Abenddämmerung damit, ihre Opfer zu suchen. Manchmal schenkte sie dem Charon einen spöttischen Blick; er war ungeduldiger denn je, denn diese Umgebung behagte ihm noch weniger als jene Felsenhöhle, in der er bisher vergeblich darauf gewartet hatte, seine eigentliche Pflicht endgültig erfüllen zu können.
    Die Lamia riß ihre Opfer.
    Sie wußte jetzt, daß man sie eine Vampirin nannte. Auch früher hatte sie diese Bezeichnung schon gehört. Aber da hatte man das Wort viel ehrfürchtiger ausgesprochen, und man hatte die Lamia zwar gefürchtet, aber auch respektiert. Jetzt regierten Unglaube und Gleichgültigkeit.
    Dabei war sie die Urmutter der bluttrinkenden Rasse…
    Und in jeder Nacht nahm sie sich einen oder zwei Spender jenes Lebenstrankes. Schon nach der zweiten Nacht ging Furcht um unter den Sterblichen.
    Doch wann würde der Gegner, den Stygia ihr versprochen hatte, endlich auftauchen? Wann würde sie ihren Auftrag erfüllen können?
    Das Warten gefiel ihr nicht mehr.
    ***
    Abermals hatte Stygia die Tiefen der Hölle verlassen. In ihr tobte ein Aufruhr der Gefühle, als sie sich ihrem neuen Ziel näherte. Erinnerungen an ihre eigene Vergangenheit wurden wach. Nie hatte es sie hierher zurückgezogen, und jetzt, da sie so weit emporgestiegen war auf der Pyramide der Macht, daß es kaum noch eine Möglichkeit für sie gab, noch mächtiger zu werden, gab es erst recht keine Bande mehr an diesem Ort.
    Und doch, wenn sie ihren Plan zu Ende bringen wollte, mußte sie hierher.
    Sie benötigte das Auge!
    Sie spürte den Bereich der Macht, den zu betreten sie sich anschickte. Hierher konnte sie sich nicht einfach nach Art der Höllenteufel versetzen. Hierher gelangte nur, wer den Weg durch die schmale Felsenschlucht ging, die kein Sterblicher zu finden vermochte.
    Die Schlucht führte schräg in die Tiefe. Über ihr wuchsen die Felsen zusammen, ließen sie zu einem Tunnel werden, der sich durch das gewachsene Gestein wand. Stygia fühlte steigendes Unbehagen. Hier half ihr ihr Status als Fürstin der Finsternis nicht mehr.
    Es dauerte eine Weile, bis sie in dem verwirrenden System von Höhlen, in die der Tunnel mündete, ihr Ziel fand. Die alten Erinnerungen brachen zwar wieder in ihr auf, aber der Weg durch das Labyrinth von Gängen und Kavernen, die sich erschreckend glichen, war weit. Selbst wenn es einem Unbefugten gelang, in die Schlucht einzudringen, würde er sich hier vermutlich hoffnungslos verirren und zum Opfer und Spielball der Bewohnerinnen werden, die die

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