0512 - Der lachende Tod
mit dem langen Namen überhaupt nicht in jene Zeit zu passen schien. Er schien einem der früheren Jahrhunderte entsprungen zu sein. Er und sein Begleiter, der schwarze Gnom, der des Zauberns kundig gewesen war.
Der Tod lachte wieder und jonglierte geschickt mit seinem Herzen. Es war an der Zeit weiterzugehen.
***
Zamorra fragte sich, wie er diesen Ungeheuern entkommen sollte. Selbst mit einer einzigen Ratte würde er schon nicht fertig werden, geschweige denn mit einem ganzen Dutzend. Es gab auch nichts, wohin er fliehen konnte. Sie kamen von allen Seiten, und sie wußten genau, daß er ihnen hilflos ausgeliefert war. Allenfalls würden sie übereinander herfallen und sich gegenseitig zerfleischen, weil jede den größten Teil der Beute für sich allein haben wollte - aber damit war Zamorra auch nicht geholfen, weil er dann nämlich längst tot war.
Da Amulett sprach auch hier nicht an - die Ratten besaßen nicht den geringsten Hauch von Schwarzer Magie. Sie waren ganz normales Ungeziefer.
Der Schweiß brach ihm aus. Es konnte doch nicht aus sein! Vielleicht konnte er ja ein Trugbild schaffen. Die Illusion eines gewaltigen Ungeheuers, das natürlicher und überlegener Feind der Ratten war… aber Ratten besaßen keine wirklich überlegenen Feinde. Ratten nahmen sogar den Kampf gegen Katzen und Hunde auf; mitunter erfolgreich. Abschrecken ließen sie sich jedenfalls nicht. Zudem konnte Zamorra vielleicht das Abbild eines größeren Raubtiers erzeugen, nicht aber den dazugehörigen artspezifischen Geruch. Außerdem war es fraglich, ob er das Amulett für diese Illusion einsetzen konnte, und wenn, ob rasch genug. Auch dafür wäre der Dyharra-Kristall geeigneter gewesen, zumindest aber der Inhalt des Aluminiumkoffers, mit dem Saranow unter hypnotischem Einfluß blindlings davongerast war.
Lauernd und rasch kamen die Ratten näher. Sie stanken nach Aas und Blut - aber in der Hütte der alten Hexe stank schließlich alles. Zamorra war sicher, daß selbst er durch den ständigen Kontakt längst diese moderige Ausdünstung angenommen hatte.
Sollte er versuchen, an einem Stuhloder Tischbein emporzuklettern? Rauh und splitterig genug war das Material… aber vermutlich konnten die Ratten auch das wesentlich schneller und besser als er. Er entsann sich, daß das Amulett einmal in einer anderen Dimension seinen Todessturz gestoppt und ihn wieder nach oben hatte schweben lassen, als man ihn über die Zinnen einer Burgmauer geschleudert hatte. Aber das war eine ganz andere Situation gewesen, und es war ja auch kein »Start« vom Boden aus gewesen. Und allein der Wunsch, fliegen oder wenigstens schweben zu können, brachte ihn auch nicht weiter.
Plötzlich stürmte eine der Ratten vor. Als sei das das Signal gewesen, sprangen auch alle anderen. Zamorra wich unwillkürlich zurück, strauchelte und stürzte.
Genau in einen dünnen Spalt zwischen zwei Bodenbrettern, den er vorher in der schummerigen Beleuchtung nicht gesehen hatte, weil er völlig von Staub bedeckt war, der jetzt hochwirbelte. Morsches Holz brach weg - und Zamorra verschwand in dem sich dadurch auf etwa vier Zentimeter verbreiternden Spalt. Rücklings und dann kopfüber stürzte er in die Tiefe. Über ihm prallte die erste Ratte auf das Loch, aber sie war zu fett, paßte nicht hindurch. Sie blieb einfach stecken, und die neuen Ränder waren nicht morsch genug, um unter ihrem Gewicht ebenso nachzugeben wie unter dem Zamorras. Was abgefault war, war jetzt auch abgebrochen, alles andere war noch stabil.
Zamorra stürzte in eine moderige, stinkende Masse und versank fast augenblicklich darin. Er versuchte sich freizuarbeiten, kämpfte gegen immer stärkere Übelkeit und absolute Atemnot an. Aber irgendwie schaffte er es dann, wieder freizukommen, wühlte sich an eine Stelle, wo er einigermaßen stehen konnte, ohne gleich wieder in den widerlichen Brei zu versinken, und japste nach Luft. Etwa zwei Mannslängen - nach aktuellem Maßstab - über sich hörte er die festsitzende Ratte quieken und fiepen; eine Pfote ragte nach unten und ruderte wild, und Blut tropfte. Die anderen Nager interessierte nicht, ob sie Zamorra oder ihren Artgenossen zwischen den Zähnen hatten…
Schon wieder stieg Übelkeit in Zamorra hoch. Plötzlich gab es einen heftigen Ruck; der ohnehin schwammige Boden unter ihm schwankte heftig und ließ Zamorra stürzen. Das Schaukeln hielt an; es war, als tanze ein Ozeandampfer auf dem Kamm einer Sturmflutwoge hin und her. Da ahnte Zamorra, daß
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