0513 - Sandra und die Mördermaske
»Die Maske und ich. Es war ja eine Maske, die mich entführte, das hatte ich dir berichtet.«
»Okay, du kamst also in einen Raum.«
Bill nickte und wischte über seine Augen. Er schüttelte auch noch den Kopf. »Es ist ein Wahnsinn, was ich dir jetzt sage, aber es stimmt in allen Einzelheiten. Wir waren in diesem Raum, da erklärte die Maske mir, ich sollte ihr den Körper besorgen.«
»Welchen Körper?«
»Ihren eigenen.«
»Es war also nur eine Maske ohne eigenen Körper. Habe ich das richtig verstanden?«
»So ist es.«
»Wo befindet sich der Körper jetzt?«
Bills schaute mich vorwurfsvoll an. »John, das war, mit Verlaub, eine dumme Frage. Ich habe keine Ahnung, wo sich der Körper befindet. Deshalb soll ich ihn auch suchen.«
Ich trank noch einen Schluck. Eigentlich waren Bill und ich normal. Was man heutzutage so als normal ansieht. Ich hatte zwar einen etwas verrückten Job, Bill auch, er arbeitete als freier Journalist und hatte ebenfalls Dinge hinter sich, wo andere mit den Ohren und noch mehr gewackelt hätten, aber was er mir da unter die Weste schob, das war schon ein starkes Stück.
Bill merkte einiges von dem, was in meinem Innern ablief. »Du glaubst mir nicht, oder?«
»Es fällt mir zumindest nicht leicht.«
»Ausgerechnet dir, John? Bei dir sind doch schon die unmöglichsten Dinge möglich geworden.«
»Stimmt alles. Man hat dich also ausgesucht, den Körper der Maske zu finden.«
»Ja, und man entführte mich.«
»Wo fand dieses Kidnapping statt?«
Diese Frage hatte ich tatsächlich noch nicht gestellt und war auf die Antwort gespannt.
»In meinem Bett. Man holte mich aus dem Bett.«
Ich staunte ihn an. »Einfach so?«
»Sicher.«
»Und Sheila, dein Weib?«
Bill nuckelte an seinem Whisky. »Sheila hat nichts bemerkt. Johnny auch nicht, und Nadine, der Wölfin, ist ebenfalls nichts aufgefallen. So ist es gewesen.«
»Aber du bist glücklicherweise zurückgekommen.«
»Da sagst du was. Als ich dieses Abenteuer hinter mir hatte, fand ich mich in meinem Bett wieder. Sheila schlief noch, immer ruhig und fest. Alles war unverändert.«
»Wieviel Zeit war vergangen?«
»Vielleicht eine Sekunde oder zwei.« Bill goß noch etwas Sodawasser ins Glas. »Der Begriff Zeit ist im Jenseits aufgehoben.«
Ich schaute zu, wie das Zeug hochschäumte und perlte. Mein Blick wanderte. Die große Scheibe zeigte außen ein Muster aus langen Regenstreifen. Die Tropfen klopften gegen die Scheibe. Es war ein typisches Novemberwetter. Regnerisch und stürmisch. Sheila war nicht im Haus. Sie und Johnny hatten an diesem Abend Turnen. Sie nahm den Jungen gern mit, ihm machte es auch Spaß.
Bill und ich hatten es uns gemütlich gemacht. Im Kamin brannte das Feuer, hin und wieder knisterte Holz. Winzige Funken sprühten nach allen Seiten weg, gerieten in den Sog des Kamins und verschwanden.
»Was sagt Sheila zu deinem Abenteuer?«
»Sie weiß es nicht. Ich wollte mit dir darüber reden und freue mich, daß du Zeit gefunden hast.«
»Es lag gerade nichts an. Tiger Diabolo existiert nicht mehr. Den haben Suko und ich vor zwei Nächten zum Teufel gejagt. Jetzt kommst du.« Ich schaute zu Boden und lachte leise. »Wenn ich dich ja nicht kennen würde, Bill…«
»Ich phantasiere mir da nichts zusammen, John. Glaub es mir.«
»Okay, ich habe auch nichts gesagt. Ich suche nur nach den Motiven, den Gründen.«
»Die Maske will ihren Körper.«
»Wie sah sie aus?«
»Silbrig und starr. Ihre Augen waren gefüllt. Sie sprühten in einem dunklen Rot.«
»Sie sprach?«
»Ja. Ob ich die Worte akustisch gehört oder nur in Gedanken verstanden habe, das kann ich dir nicht sagen. Jedenfalls konnten wir uns unterhalten.«
Ich holte eine Zigarette aus der Schachtel.
»Gib mir auch ein Stäbchen.«
Ich schnippte Bill einen Glimmstengel rüber. »Noch mal, Alter. Die Maske hat dich entführt in einen jenseitigen Raum oder eine jenseitige Welt. Dort hat sie dir eine Aufgabe gestellt.«
»So ist es.«
Ich blies den Rauch schräg in die Höhe. »Hat sie dir einen Hinweis gegeben, wo du mit der Suche nach dem Körper anfangen sollst? Ist etwas in dieser Richtung geschehen?«
»Nein, nichts.«
»Keinen Tip?«
»Überhaupt nicht. Das ist ja das Problem. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
»Wenn überhaupt.«
Bill hatte verstanden. »Meinst du, ich soll den ganzen Kram einfach ignorieren?«
»Wäre vielleicht besser. Wenigstens so lange, bis sich die Maske wieder bei dir meldet.«
»Keine schlechte
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