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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Vorrücken ohne Kampf sicher nicht das Schlechteste, überlegte Remus. Aber das hatte Caesar doch nicht ahnen können! Und er war bestimmt kein Mann, dem es darum ging, für die Sicherheit seiner Truppen zu sorgen. Der »Schuldenmacher«, wie man ihn hinter vorgehaltener Hand nannte, war wieder einmal in Geldnot. Deshalb mußte er erobern und plündern, um mit den erbeuteten Schätzen und den Abgaben, die er aus den eroberten Gebieten preßte, seine Schulden begleichen zu können. Der dicke Crassus, sein Kreditgeber, sollte angeblich nur darauf warten, den Julier auszuschalten, und Zins- und Zahlungsverzug bei Schulden war durchaus ein Grund, auch einen Prokonsul zu Fall zu bringen.
    Ein Land erobern konnte man aber nicht, wenn man die eigenen Truppen sorgfältig am Feind vorbeilenkte. Man mußte ihn angreifen und schlagen. Daher war Remus sicher, daß die Verlegung der Kohorten nach Bibracte alles andere als ein gemütlicher Spaziergang werden würde. Kein Grund zum Feiern, wie es hier geschehen war.
    »Nun, was hast du herausgefunden?« fragte der Centurio leutselig. »Du trinkst ja gar nicht, Legionär. Trink, es ist noch Wein im Krug. Ich schenke dir gern nach. Ah, es müßte dir doch gefallen, von mir bedient zu werden, als sei ich ein Sklave. Sprich.«
    Remus war nicht sicher, ob diese letzte Aufforderung sich auf die Sklaven-Bemerkung bezog oder auf die Frage nach den Ergebnissen seines Auftrages. Vorsichtshalber begann er mit letzterem. Der Centurio hörte scheinbar gelangweilt zu. Von dem überraschenden Auftauchen fremder Personen und dem Götterblitz hielt er wenig. »Da hat dir der Druide etwas vorgezaubert. Ein Gott wie Jupiter hat es nicht nötig, sich ausgerechnet einem Wurm wie dir zu zeigen. Und du bist auch prompt geflüchtet wie ein ängstliches Tier. Du Narr! Du hättest dich dem Druiden erst gar nicht zeigen dürfen, oder du hättest ihn, als es dafür bereits zu spät war, wenigstens töten und seinen Leichnam verschwinden lassen müssen! Auch Druiden sind sterblich!« Er war bei seinen letzten Worten immer lauter geworden und brüllte jetzt fast. Der Wachposten vor dem Zelt streckte den Kopf herein.
    »Draußenbleiben. Niemand hat dich gerufen. Oder willst du einen Schluck Wein, du Schlingel?«
    Der Wächter verschwand stumm aus dem Zelteingang. Remus kam zu der Erkenntnis, daß hier ganz gewaltig gebechert worden sein mußte. Der Centurio sprach zwar einigermaßen flüssig, aber er mußte betrunken sein.
    Remus tat nur so, als würde er trinken. Der Wein war ihm bei dem ersten kleinen Schluck etwas zu süß erschienen. Und er weckte das Verlangen, mehr zu trinken, viel zu trinken. Aber Remus widerstand. Es reichte ihm, daß das ganze Lager mehr oder weniger betrunken war.
    Der Centurio sprach jetzt in normaler Lautstärke weiter. »Du hast sicher einen Haufen Helvetier hinter dir hergelockt, nachdem du dich dem Druiden verraten hast.«
    Remus schüttelte den Kopf. »Nein, Kommandant«, widersprach er. Dabei fragte er sich, welchen Sinn es hatte, dem Centurio jetzt zu erzählen, was er morgen sicher noch einmal hören wollte, weil er es nach diesem Gelage sicher erst einmal vergessen würde. Aber er konnte sich auch nicht einfach zurückziehen - daran würde der Centurio sich morgen bestimmt noch erinnern können! Und dann, nüchtern und verkatert, gab es garantiert Ärger.
    »Dieser Helvetierstamm weiß längst, daß wir ihn bespitzeln«, fuhr Remus fort. »Sie fingen Sena, und der Druide schlachtete ihn auf seinem Blutaltar. Und Gaius ist auch tot.«
    Der Centurio kratzte sich am Kopf. »So. Ich wußte doch, daß ich wenigstens drei Leute ausgesandt hatte. Zwei sind also tot, und du warst zu feige, ihnen zu helfen oder sie zu retten oder wenigstens mit ihnen zu sterben. Hm, das gefällt mir nicht. Aber ich kann doch morgen keine Strafexpedition aussenden… der Prokonsul hat befohlen, daß wir nach Bibracte… nun, morgen…«
    Von einem Moment zum anderen klappten ihm die Augen zu, und er kippte mit dem Dreibeinhocker, auf dem er saß, um.
    Remus war kein guter Untergebener. Er hob seinen Centurio nicht auf, um ihn auf sein Lager zu betten. Er schüttete statt dessen seinen kaum angerührten Becher Wein neben ihm auf den Boden aus. »Möge Jupiter dies Trankopfer annehmen«, brummte er sarkastisch und verließ das Zelt. Der Wachposten musterte ihn eingehend, nuschelte ein »Ave« und paßte dann wieder auf sich selbst auf.
    Remus verstand das alles nicht. Er hatte seinen Centurio und die

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