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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Die Augen hinter der breiten schwarzen Gummischutzbrille waren so kalt wie Flintstein. Sie waren der einzige Ruhepol, während der Rest des Körpers vom Fahrtwind gepeitscht wurde, als die BSA M20 mit hundertzehn Stundenkilometern die Straße entlangraste. Von den Gläsern der Brille geschützt starrten sie konzentriert geradeaus, genau über die Mitte des Lenkers, und ihr dunkler, unbeirrbarer Fokus ähnelte zwei Pistolenmündungen. Unter der Brille hatte sich der Wind einen Weg in den Mund gebahnt und die Lippen zu einem kantigen Grinsen zurückgezogen, das große, grabsteinartige Zähne und weißliches Zahnfleisch entblößte. Auf beiden Seiten des Grinsens waren die Wangen vom Wind zu Taschen aufgebläht worden, die leicht flatterten. Rechts und links des Gesichts unter dem Sturzhelm umklammerten die mit schwarzen Handschuhen versehenen Hände die Lenkstange und sahen dabei aus wie die angreifenden Klauen eines großen Tieres.
    Der Mann trug die Uniform eines Kurierfahrers des Royal Corps of Signals, und seine olivgrüne Maschine war – dank ein paar Modifikationen an den Ventilen und dem Vergaser sowie der Entfernung des Schalldämpfers, um die Geschwindigkeit zu erhöhen – mit einem Standardmotorrad der britischen Armee identisch. Der Mann und seine Ausrüstung hatten nichts an sich, was vermuten ließ, dass er nicht das war, was er zu sein schien, abgesehen von einer geladenen Luger, die sich in einer Halterung oberhalb des Benzintanks befand. Es war sieben Uhr an einem Morgen im Mai, und auf der vollkommen geraden Straße durch den Wald schimmerten die winzigen leuchtenden Tropfen des Frühlingsnebels. Auf beiden Seiten der Straße verströmten die mit Moos und Blumen bedeckten Tiefen zwischen den großen Eichen den theatralischen Zauber der königlichen Wälder von Versailles und St. Germain. Die Straße war die D 98, eine Nebenstraße, die für den örtlichen Verkehr in der Gegend um St. Germain genutzt wurde. Der Motorradfahrer war soeben unter der Autobahn hergefahren, die Paris und Mantes verband und über die bereits der Pendlerverkehr in Richtung Paris donnerte. Er fuhr nach Norden, nach St. Germain, und in beiden Richtungen war niemand zu sehen, abgesehen von einer Gestalt, die knapp einen Kilometer vor ihm fuhr und fast identisch mit ihm war – ein weiterer Kurierfahrer des Royal Corps. Es handelte sich um einen jüngeren, schlankeren Mann, der bequem auf dem Sattel seiner Maschine saß, den Morgen genoss und mit gleichmäßigen fünfundsechzig Stundenkilometern unterwegs war. Er lag gut in der Zeit, und es war ein wunderschöner Tag. Er fragte sich, ob er Spiegel- oder Rührei bestellen sollte, wenn er gegen acht ins Hauptquartier zurückkehrte.
    Noch fünfhundert Meter, vierhundert, dreihundert, zweihundert, hundert. Der hintere Mann verlangsamte auf achtzig Stundenkilometer, während er sich dem Vordermann näherte. Er hob seinen rechten Handschuh an den Mund und zog ihn mit den Zähnen ab. Dann stopfte er den Handschuh zwischen die Knöpfe seiner Uniformjacke, griff nach unten und löste die Waffe aus ihrer Halterung.
    Mittlerweile musste er im Rückspiegel des jungen Mannes vor ihm deutlich zu sehen sein, denn plötzlich drehte dieser ruckartig den Kopf herum und wirkte überrascht, so früh am Morgen einen weiteren Kurierfahrer auf seiner Strecke zu sehen. Er vermutete, dass es sich um einen amerikanischen oder vielleicht auch einen französischen Militärpolizisten handelte. Jede der acht NATO-Nationen, die die Mitglieder von SHAPE darstellten, kam infrage, doch als er die Uniform des Corps erkannte, war er erstaunt und erfreut. Wer zum Teufel konnte das sein? Er hob fröhlich den rechten Daumen, um zu signalisieren, dass er seinen Kollegen gesehen hatte, verlangsamte auf fünfzig Stundenkilometer und wartete darauf, dass der andere Mann ihn einholte, um an seiner Seite zu fahren. Er behielt ein Auge auf die Straße vor sich und das andere auf die näher kommende Gestalt in seinem Rückspiegel gerichtet, während er im Geiste die Namen der britischen Motorradkuriere durchging, die für die Spezialdiensttransporteinheit des Hauptquartierkommandos arbeiteten. Albert, Sid, Wally – möglicherweise war es Wally, er hatte den gleichen gedrungenen Körperbau. Tolle Sache! Er würde ihn ein wenig wegen dieser kleinen Schnecke in der Kantine aufziehen können, die so tat, als wäre sie Französin – Louise, Elise, Lise – wie immer sie auch heißen mochte.
    Der Mann mit der Waffe fuhr jetzt

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