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0522 - Er kam aus dem Todesschloß

0522 - Er kam aus dem Todesschloß

Titel: 0522 - Er kam aus dem Todesschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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will ja. Es war später, weißt du? Da lernte ich ein Mädchen kennen. Ho, sie war schon, wunderschön. Ihr Haar war so blond wie deines. Ich… ich stellte sie auch meinen Eltern vor. Sie waren ebenfalls von Gloria begeistert, so hieß sie nämlich. Wir … wir wollten sogar heiraten.«
    »Ihr habt es nicht getan?«
    »Nein!« schrie Orrie, »nein! Es war alles anders. Ich war mal weg und kehrte früher als geplant zurück. Da habe ich sie dann erwischt. Mit zwei Freunden, weißt du?«
    Julies Augen wurden groß. »Und dann?«
    »Ich nahm die Axt!« flüsterte Orrie.
    Das Mädchen erschrak. »Alle drei?«
    »Ja.«
    Julie schloß die Augen. Etwas Ähnliches hatte sie sich gedacht.
    »Wie ging es weiter?« fragte sie. »Sperrte man dich ein?«
    »Ja, aber nicht die Polizei. Mein eigener Vater tat dies. Er besaß ein altes Schloß. Es liegt nicht weit von hier entfernt. Um einen Skandal zu vermeiden, mußte ich von dem damaligen Zeitpunkt an in einem Verlies mein Leben verbringen. Ich wurde fast wahnsinnig. Es waren fürchterliche Jahre. Mein Vater hat sich nie blicken lassen, ich hörte aber, daß er ein bedeutender Mann geworden war.«
    »Wieso?«
    »Ich weiß es nicht. Er muß sehr bekannt sein. Noch bekannter als früher.«
    Julie nickte. »Wer hat dich denn versorgt, als du in dem Verlies stecktest?«
    »Es waren verschiedene Leute. Mal Männer, mal Frauen. Sie wurden von meinem Vater geschickt.«
    »Und du hast das alles ausgehalten?«
    »Ja. Ich habe mich nicht damit abgefunden, daß ich zum Mörder geworden war. Es war schlimm damals; ich habe schwer gebüßt und immer gehofft, freizukommen. Jetzt bin ich es. Du hast dafür gesorgt, kleine Julie. Nur du.« Orrie bekam große Augen. »Aber wie ist es dazu gekommen, daß du mich gefunden hast?«
    Julie lächelte leicht. »Ich bin entführt worden und suchte nach Hilfe. Nach einem Verbündeten.« Sie strich verlegen durch ihr Haar.
    »Ich habe besondere Kräfte, weißt du? Man hat sie als Tele-Kräfte bezeichnet. Ich kann Gegenstände bewegen, aber auch Menschen unter meine Fittiche bekommen, und ich merkte, als ich gedanklich auf der Suche nach Hilfe war, deine Ausstrahlung. Sie traf mich, ich spürte deine Verzweiflung, die der meinen glich. Da begab ich mich daran, dich zu befreien, und ich konnte auch deine Waffe holen.«
    »Das habe ich gemerkt.« Er schüttelte den Kopf. »Du sprichst wie eine Erwachsene und nicht wie ein Kind.«
    »Ich fühle mich auch manchmal anders, Orrie. Ich habe schon mehrmals gelebt, weißt du? Man hat mich immer getötet, wenn ich zehn oder elf Jahre alt war. Jetzt kann ich zum erstenmal länger leben. Das habe ich John Sinclair zu verdanken.«
    Orrie Wayne staunte das Mädchen mit offenen Augen an. »Der dich so enttäuscht hat?«
    »Ja. Ich denke daran, daß er alles aus Berechnung getan hat. Es ist schlimm, nicht?«
    »Wenn es doch wahr ist!«
    »Ich denke darüber nach.«
    »Aber jetzt iß weiter und trinke auch. Wir müssen stark sein, wir beide. Man wird uns bestimmt jagen. Ich bin gesehen worden. Ich hätte fast wieder getötet, aber nur fast, weißt du? Ich sah einen Wagen. Darin saß ein Liebespaar. Das erinnerte mich wieder an meine frühere Zeit…« Orries Stimme nahm an Lautstärke ab. Sie wurde leise, daß Julie nichts mehr verstand.
    Ihr Beschützer beugte seinen Kopf vor und preßte sein Gesicht gegen die auf den Tisch gelegten Arme. In dieser Haltung blieb er sitzen und schluchzte.
    Julie Gladstone konnte nichts mehr essen. Sie starrte ins Leere, dachte über das Gehörte nach, nur wollte es ihr nicht so recht gelingen, sich darauf zu konzentrieren. Immer wieder schob sich ein anderes Bild in ihren Gedankenstrom.
    Das Gesicht des John Sinclair!
    Weshalb konnte sie ihn nicht vergessen? Warum erschien immer sein Gesicht so deutlich und klar.
    Julie stand auf und legte sich auf die Liege. Orrie blieb sitzen. Er weinte weiter, das Mädchen aber wollte sich auf John Sinclair konzentrieren. Wenn sein Bild so überaus deutlich vor ihrem geistigen Auge stand, hatte dies etwas zu bedeuten.
    Sie schloß die Augen und verfiel in den Zustand der tiefen Konzentration. Andere Einflüsse durften sie jetzt nicht stören. Wichtig war allein der Geisterjäger.
    Minuten vergingen. Julie Gladstone lag so starr auf der Liege wie eine Tote. Niemand hätte ihr angesehen, unter welch starker Konzentration sie stand. Ihre Gedanken hatten sich auf die Reise begeben, sie überwanden den Raum, tasteten in eine Leere hinein, die trotzdem keine

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