053 - Der steinerne Dämon
sie uns zusammen sehen, fassen sie erneut den Verdacht, du könntest mehr wissen, als das in Wirklichkeit der Fall ist.“
Sie hatte das Gefühl, ihm trauen zu können.
„Gut. Ich gehe jetzt also. Ich lasse meine Habseligkeiten hier.“
Sein Bündel und die Gitarre lehnte er an die Wand. Sie beobachtete durch das Fenster, wie er über die Felder ging.
Ihre Uhr war nicht mehr da. Sie hatte sie wohl während der Befragung im Keller verloren. So konnte sie sich nur nach der Sonne richten.
Schließlich – sie nahm an, daß es früher Nachmittag war – kehrte Midnight Jones zurück. Er lächelte zufrieden. Unter der ausgebeulten Jacke konnte sich nur die Statue befinden. Er nahm sie heraus und stellte sie auf ein Regal unter einem der Fenster.
„Der Aufwand scheint mir riesig für ein solches Ding“, bemerkte sie.
„Ich wollte, ich könnte dir alles sagen, aber ich darf es einfach nicht. Vielleicht später einmal. Ich hoffe allerdings – daß es nicht dazu kommt. Und jetzt das Versteck“, wechselte er das Thema. „Ich habe eine Freundin, die dich bestimmt aufnehmen wird.“
„Kann ich nicht zurück nach Tregorran Grange?“
„Nein.“
Normalerweise hätte Lana ihm widersprochen, aber man stellte sich Midnight Jones nicht entgegen. Sie erinnerte sich noch genau an seine Worte über die Bruderschaft. Sie verursachten ihr ein kaltes Gefühl in der Magengrube.
„Wohin soll ich gehen?“ Sie sah ihn vertrauensvoll an.
„Du bist ein braves Mädchen. Ich habe eine Freundin namens Sally Guest, ein bißchen verrückt, aber liebenswert. Sie hat ein Atelier in Chelsea und ist eine Art Malerin. Zum Glück – für sie – muß sie nicht davon leben. Eine wohlmeinende Tante hinterließ ihr genug Geld, so daß sie ihre Kunst zu ihrem eigenen Vergnügen ausüben kann.“
Lana lächelte. „Das klingt, als ob sie sehr amüsant wäre.“
„Das ist sie auch. Außerdem wird die Bruderschaft dort nicht nach dir suchen. Wenn nicht ganz unvorhergesehene Dinge passieren, bist du dort sicher.“
„Was hast du eigentlich heute morgen erreicht?“ fragte sie.
Er warf sich den Beutel über die Schulter. „Ich habe das Landhaus gefunden. Es war leer, wie ich mir schon gedacht hatte. Der Wagen stand jedoch noch hinter dem Haus. Sie hatten sich nicht mal die Mühe gemacht, den Wagenschlüssel an sich zu nehmen. Ich fuhr nach Tregorran Grange und sprach ein paar Worte mit dem Torhüter, dem anscheinend meine Haartracht nicht gefiel, aber am Ende konnte ich ihn doch dazu überreden, Dr. Bollinger anzurufen.“
„Geht es ihm gut?“
Sie war selbst überrascht über das Gefühl, das in ihrer Stimme mitschwang.
Jones lächelte. „Ja, es geht ihm gut. Er konnte entkommen.“
„Entkommen?“
„Man hatte ihn an ein Eisenbahngleis gefesselt.“
Jones deutete auf sein Bündel. „Glücklicherweise hatte ich einen Büchsenöffner bei mir.“
„Ist das wahr – das mit dem Eisenbahngleis?“
„Ja. Der Doktor lag mit ausgespreizten Beinen auf den Schienen einer Bahnlinie. Die Bruderschaft scheint vieles zu wissen, aber wohl nicht den Fahrplan zu kennen. Andernfalls wäre Dr. Bollinger wohl in einige Stücke zerlegt worden.“
Lana schüttelte sich.
„Ja, das ist wirklich kein sehr erfreulicher Gedanke. Bollinger ist ein anständiger Mann. Ich wünschte, es gäbe mehr wie ihn. Und jetzt ist er in Sicherheit. Was für uns nicht zutrifft, wenn wir uns nicht bald auf den Weg machen.“
„Was hat der …“
„Was der Mann in der Zentrale wegen seines Wagens gesagt hat? Nichts. Er war froh, ihn wiederzuhaben.“
„Ich wünschte, ich müßte nicht auf eine solche Art wegrennen. Das war eine so wunderbare Stellung.“
„Sie bleibt dir. Ich habe Bollinger ein paar Dinge erzählt. Er bestand darauf, daß ich meine Pläne ausführe. Bollinger wird dir die Stelle aufheben. Aber du wirst vorerst andere Sorgen haben.“ Er seufzte. „Die Wolken ziehen sich zusammen.“ Er schaute in den grauen Herbstnachmittag hinaus. „Der Himmel wird dunkel.“ Er seufzte noch einmal und schüttelte dann seine melancholische Stimmung ab. „Gehen wir. Es ist ein ganz schönes Stück bis zum Bahnhof.“
Lana wurde sich ihrer verwüsteten Aufmachung erst richtig bewußt, als sie den winzigen Bahnhof erreichten. Der komische alte Stationsvorsteher schaute sie überrascht an.
„Sie sind zurückgekommen?“ fragte er. „Das habe ich nicht erwartet.“
„Warum nicht?“
„Merkwürdige Dinge gehen in Tregorran Grange vor. Das habe
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