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054 - Gabe und Fluch

054 - Gabe und Fluch

Titel: 054 - Gabe und Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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auf, die Frau unter Druck zu setzen«, mischte sich Takeo ein. »Sie ist niemandem Rechenschaft schuldig.«
    Dinter ließ sich nicht beirren. »Hören Sie auf, mich als den Bösewicht der WCA hinzustellen. Ich spreche doch nur aus, was die meisten hier denken. Und glauben Sie mir, ich würde das Risiko eingehen, wenn ich eine telepathische Begabung hätte. Fragen Sie Aruula, ob ich die Wahrheit sage. Sie kann es spüren, so weit reicht ihr Talent auch ohne meine Hilfe.«
    Alle Blicke richteten sich auf Aruula, die sich tatsächlich sammelte, um in Dinters Geist zu lauschen. Wenige Sekunden später nickte sie. »Es stimmt, er würde es tun.«
    »Das hat nichts zu sagen«, wollte ihr Matt beistehen, doch sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, Maddrax, der Mann hat Recht. Du scheust auch nicht das Risiko, den Gleiter mit den giftigen Pilzen zu fliegen. Ich werde es tun. Jetzt gleich.«
    Dinter lächelte zufrieden. Er hatte sein Ziel erreicht.
    Aruula fühlte nur einen leichtes Ziehen in der Armbeuge, da setzte Dinter die Spritze auch schon wieder ab und presste ihr einen streng riechenden Wattebausch auf die Einstichstelle.
    »War das schon alles?«, fragte sie verdutzt.
    Der Mediziner lachte. »Ja, natürlich. Was hast du erwartet? Wahrnehmungsstörungen? Pulsierende Farben, wohin du auch blickst?«
    »Zumindest, dass sich etwas verändert. Ich fühle mich aber genauso wie zuvor.«
    »Die Wirkung stellt sich erst ganz allmählich ein«, versprach Dinter. »Sag Bescheid, wenn du dich bereit fühlst. Dann gehen wir gemeinsam zu Fudoh in die Zelle. Bis dahin kannst du dich frei bewegen. Am besten in Richtung Küche. Wir könnten alle einen Happen vertragen, denke ich.«
    Das kam Aruula sehr entgegen; ihr Magen knurrte bereits. Matt, der alles mitverfolgt hatte, schloss sich den beiden schweigend an. Seine Sorgen hatten sich bisher nicht bestätigt, aber es schien ihm noch zu früh, in Jubel zu verfallen.
    Aruula tänzelte unterwegs mehr, als dass sie ging. Ein aufregendes Kribbeln lief durch ihren ganzen Körper. Die Welt um sie herum war mit einem Mal ganz wunderbar. Alles schmeckte, roch und glänzte viel intensiver als üblich. Das Leben schien längst nicht mehr so düster und bedrohlich wie noch am Morgen.
    Als sie die Pendeltür zur Kantine passierte, strömte ein berauschendes Konglomerat von Düften in Aruulas Nase. Erhöhter Speichelfluss und ungezügelter Appetit waren die Folge. Gierig türmte sie einen Stapel Fladenbrote auf ihr Tablett, stellte Teller mit Gemüse und Reis dazu und lief zu einem freien Tisch.
    Dinter und Matt hatten Mühe, den Anschluss zu halten. Aruula nahm bereits Platz, während sie noch ihr Essen zusammenstellten .
    Kein übler Hintern.
    Wer hatte das gesagt? Verdutzt blickte Aruula sich um. Doch um sie herum kauten alle nur gelangweilt ihr Essen.
    Halbnackt hat sie mir allerdings besser gefallen. Wann bekommt man so was schon mal zu sehen?
    Die Stimme war so nahe, als würde der Sprecher hinter ihr stehen, dabei war im Umkreis von drei Schwertlängen niemand zu sehen. Aruula drehte sich sogar im Kreis, um ganz sicher zu sein. Kopfschüttelnd setzte sie sich hin und griff in Barbarenart nach dem Löffel.
    Die Möpse sind wirklich top. Schade, dass sie ständig mit diesem Looser aus der Vergangenheit rumhängt.
    Die Neugier hatte längst ihren Hunger verdrängt. Irgendwo musste doch jemand sitzen, der Selbstgespräche führte. Prüfend musterte sie die Männer an den übrigen Tischen. Der Einzige, der ihren Blick mit einem kurzen Lächeln erwiderte, war Smiley. Was guckst du denn so böse? Hast wohl Krach mit deinem Alten?
    Der Cyborg hatte seine Lippen nicht bewegt, trotzdem war sie überzeugt, dass die Worte von ihm stammten.
    Dann begriff sie. Es mussten seine Gedanken sein, die sie so klar und deutlich verstand. Dabei waren ihr bisher gerade die Gefühle der Cyborgs immer verborgen geblieben, weil deren Speichererweiterungen ihren Lauschsinn behinderten.
    Das hatte sich offensichtlich geändert.
    Was schaut sie denn so komisch ? Hab ich mich vielleicht bekleckert?
    »Nur ein bisschen«, antwortete Aruula und deutete in seine Richtung. »Am Mundwinkel!«
    Smiley riss die Augen so weit auf, dass die grinsgesichtigen Pupillen herauszuspringen drohten. Woher weiss sie denn … Es dauerte einen Moment, bis ihm die Wahrheit dämmerte. Betreten senkte er den Blick auf seinen Teller. Verdammt, hoffentlich hat sie nicht gehört…
    »Doch, hab ich!«, rief sie quer durch den Saal.
    Ehe sie Smiley

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