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054 - Gabe und Fluch

054 - Gabe und Fluch

Titel: 054 - Gabe und Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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als ob er ein Fluch wäre. »Wenn ich diesen Kerl noch einmal in die Finger kriege…«
    »Ich habe Dayna mit dem Gehirnwellenscanner auf posthypnotische Befehle untersucht, aber nichts gefunden«, beruhigte ihn Takeo. »Trotzdem bleibt sie eine potentielle Gefahr für uns alle.«
    Als Aruula aus der Luftschleuse trat, registrierte sie missbilligend, dass sich ihr Gefährte in Daynas Nähe herumtrieb. Zielstrebig eilte sie auf Matt zu und schmiegte sich an ihn. Es war eine liebevolle, aber auch besitzergreifende Geste, die allen signalisieren solle, dass hier zwei Menschen zusammen gehörten. Matt streichelte Aruulas Nacken, um ihren Argwohn zu mildern.
    Mit seinen Gedanken war er nicht bei der Sache. Zu viel wirbelte in seinem Kopf herum: die Kämpfe der vergangenen Tage und die Bedrohung durch die anrückenden Zombies. Daynas grausame Bestrafung und die gleichzeitige Zusammenarbeit mit den WCA-Wissenschaftlern. All das löste eine Vielzahl widerstreitender Gefühle in ihm aus, die auch Aruulas empfindsamen Geist beunruhigten.
    »Was sagen Sie zu Naokis Experiment?«, lenkte Takeo das Gespräch auf das eigentlich Anliegen, das sie hierher geführt hatte. »Haben Sie noch Bedenken, den Geosiphon einzusetzen?«
    »Ich kann es nicht leugnen«, antwortete Matt ehrlich. »Doch angesichts der zusammenbrechenden Fronten bleibt uns wohl keine Wahl. Vielleicht ist das Geosix tatsächlich die einzig wirksame Waffe gegen die Zombies. Wir sollten es versuchen.«
    Aruula verfolgte die Unterhaltung mit großem Ernst. Um in Sachen Opferbereitschaft nicht zurückzustehen, schlug sie vor: »Ich kann mir immer noch die Spritze von Dr. Dinter geben lassen, nach der ich besser lauschen kann.«
    Noch unter dem Eindruck der Gehirnmanipulation, die an Dayna vorgenommen worden war, schrillten bei Matt ein Dutzend Alarmglocken. »Auf keinen Fall«, begehrte er auf, »das verbiete ich dir!« Noch während er die Worte aussprach, bereute er sie schon wieder. Das war genau der Ton, auf den Aruula allergisch reagierte, das wusste er doch genau. Matt konnte spüren, wie sich die Barbarin in seinen Armen versteifte.
    »Warum bist du so dagegen?«, fragte sie bissig. »Sorgst du dich wirklich um mich, oder hast du Angst, dass ich etwas erlauschen könnte, was du vor mir verbergen willst?«
    Am folgenden Morgen
    Aiko fuhr unter den Haaransatz im Nacken, bis seine Fingerkuppen den Zugangsport für die Speichererweiterung ertasteten. Eine fünf Millimeter durchmessende Buchse in der Schädelplatte, die einen runden Stecker aufnehmen konnte, ähnlich dem Dorn, der verborgen in seinem rechten Unterarm ruhte. Er verband die Schnittstelle gerade mit einem tragbaren MSC-Player, um einen Grundwortschatz in Spanisch aufzuspielen, als die Tür zu seinem Quartier geöffnet wurde.
    »Hier bist du also«, lachte Brina fröhlich. »Riella sucht dich bereits überall!« Ihre Heiterkeit erstarb, als sie das Kabel sah, das aus seinem Hinterkopf zu wachsen schien. Verblüffung und Schrecken wechselten in schneller Folge auf ihrer Miene. »Was ist denn das?«
    Aiko entfernte den Stecker mit einem schnellen Ruck, doch die Bewegung kam zu spät.
    Brina hatte längst gesehen, was dort vor sich ging. Neugierig trat sie näher. »Kann ich mal sehen?«
    Der Cyborg zögerte. Bisher hatte er die mechanischen Komponenten seines Körpers so gut wie möglich vor ihr verborgen, doch auf Dauer ließ sich dieses Versteckspiel nicht durchhalten. Wenn sie eine tiefere Beziehung zueinander aufbauen wollten, musste er ehrlich sein.
    Dass er künstliche Arme besaß, wusste Brina bereits. Vielleicht konnte sie sich auch mit den Hirnimplantaten anfreunden; schließlich hatten ihr seine Nacht- und Thermosicht in El'ay mehrmals das Leben gerettet. [6] Aiko drehte sich so weit zu ihr um, dass sie selbst nachsehen konnte.
    Brina zögerte nicht eine Sekunde. Sanft strichen ihre Finger durch sein Haar. Eine Berührung, die ihm einen wohligen Schauer über den Rücken trieb.
    »Da steckt etwas in deinem Kopf«, hauchte sie, die Buchse vorsichtig umkreisend. »Tut das nicht weh?«
    »Nein, überhaupt nicht.« Im Gegenteil. Er musste sogar ein zufriedenes Seufzen unterdrücken, um keinen falschen Eindruck zu hinterlassen.
    Der Fassadenmalerin, die in den Ruinen von Los Angeles aufgewachsen war, musste all die Technik, die Aikos Leben bestimmte, fast wie Magie vorkommen. Nur ihrem Interesse für die Geheimnisse der Vergangenheit war es wohl zu verdanken, dass sie all dem Neuen, das auf sie

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