054 - Gabe und Fluch
den Männern übrig blieb, waren übelriechende organische Haufen, Knochen, Zähne und ein paar Kleidungsfetzen.
Fudoh hatte schon viele Grausamkeiten gesehen, aber dieser Anblick lahmte auch ihn für einige Sekunden. Als er sich wieder gefangen hatte, zeigte er drohend mit dem Stahlrohr auf Dinter. »Was für eine Teufelei habt ihr da ausgeheckt?«
Der Wissenschaftler war so bleich wie die hinter ihm liegende Wand. Zitternd hob er die Hände. »Lassen Sie mich doch in Ruhe«, bettelte er. »Ich habe mit Takeo und seiner Bande überhaupt nichts zu tun. Hier, sehen Sie!« Er schlug mit der Rechten auf seine Brusttasche, auf der das Symbol der WCA prange. »Ich gehöre dem Weltrat an, das ist ein ganz anderes Team, ach was sage ich; eine ganz andere Liga!«
Fudoh hatte schon zum Schlag ausgeholt, nun hielt er inne. Wovon redete dieser Kerl eigentlich?
Dinter schöpfte neuen Mut, denn er war sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. »Ich kann Ihnen sehr nützlich sein«, versicherte er dem General. »Die Männer, für die ich arbeite, wären von Ihren Zombies begeistert, das können Sie mir glauben.« Sein Redefluss steigerte sich mit jedem Wort, denn so lange er den Klang seiner eigenen Stimme hörte, war er wenigstens noch am Leben. »Alles was sie hier sehen, beruht auf meinen Ideen. Das Geosix, das Telepathieserum, mit dem wir sie ausgespäht haben - stammt alles von mir. Aber die Arbeitsbedingungen bei Takeo sind wirklich miserabel. Zu viel Kontrolle, und vor allem zu viele Skrupel. Deshalb wäre ich bereit, bei Ihnen einzusteigen. Sie haben Probleme mit dem Geosix? Dann verkaufe ich Ihnen die Lösung. Was sagen Sie dazu?«
Vergeblich forschte Dinter nach einer Gefühlsregung im vernarbten Gesicht seines Gegenübers. Fudoh bedeutete ihm lediglich mit einer herrischen Bewegung, beiseite zu treten. Der Wissenschaftler kam der Aufforderung nach, in der Annahme, dass seine Worte auf fruchtbaren Boden gefallen sein könnten.
Fudoh behielt ihn genau im Auge, während er an den Labortisch trat. Mit sicherem Blick entdeckte er eine zweite Geosix-Flasche. »Du hast dieses Mittel hergestellt?«, vergewisserte er sich.
Dinter nickte beifallheischend.
»Dann verreck auch daran!« Fudoh schleuderte die Flasche aus dem Handgelenk, ganz so wie er es mit einem Wurfstern machte. Dinter wusste gar nicht, wie ihm geschah. Das Glas zerplatzte schon an seinem Kopf, ehe er die Bewegung überhaupt sah.
Schreiend versuchte er sich von dem Konzentrat auf seiner Haut zu befreien, doch es war zu spät. Wie seine Kollegen wurde er bei lebendigem Leib zerfressen.
Fudoh machte sich nicht die Mühe, das grausame Schauspiel bis zum Ende verfolgen. Fast drei Jahrzehnte hatte er eine weitere Begegnung mit den Weltrat-Männern herbeigesehnt, doch nun, wo sie vorüber war, stellte sich kein Gefühl der Genugtuung ein.
Kaum hatte er sich umgedreht, erstarrte er jedoch. Der Weg nach draußen war blockiert. In der Pendeltür zeichnete sich Miki Takeos wuchtiger Körper ab. Fudoh vermochte nicht zu sagen, wie lange der Androide dort schon stand, aber sicher lange genug, um Dinters verräterische Worte zu hören.
Fudoh ließ das Stahlrohr in einer spielerischen Bewegung um die Finger wirbeln und ging in Grundstellung. Gegen den massigen Androiden hatte er zwar keine Chance, aber er wollte sein Leben zumindest so teuer wie möglich verkaufen.
Statt sich dem Kampf zu stellen, trat Takeo jedoch beiseite und hielt die Tür auf. Eine deutliche Einladung, den Raum als freier Mann zu verlassen.
»Aruula hat mir berichtet, was Ihrem Volk und Ihnen selbst widerfahren ist«, erklärte Takeo. »Obwohl es ein Verbrechen war, die Bewohner von El'ay zu überfallen, kann ich Ihre Beweggründe nachvollziehen. Ich möchte Ihnen ein friedliches Ende des Blutvergießens anbieten. Sie werden feststellen, dass der Weltrat nicht für das meerakanische Volk steht.«
Fudoh lachte auf. »Meine Truppen stehen vor der Tür und Sie bieten mir den Frieden an?«
»Ihre Untoten wurden vernichtend geschlagen«, stellte Takeo klar. »Sie haben die Wirkung des Geosix doch mit eigenen Augen gesehen. Ihr Heer existiert nicht mehr.« Einen Augenblick lang standen sich die Männer unbeweglich gegenüber. Dann ließ Fudoh das Rohr zu Boden fallen und ging davon. An der Tür hielt er noch einmal kurz inne.
»Wir stellen alle kriegerischen Handlungen ein«, sicherte er zu. »Aber wir geben El'ay nicht mehr her. Die Stadt wurde von ihren Bewohnern aufgegeben und steht nun unter
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