0541 - Der Sohn des Höllenfürsten
Steigbügeln zu nehmen, um nicht von dem durchgehenden Pferd über den Boden geschleift zu werden.
Irgendwie gelang es ihm, sich katzengleich in der Luft zu drehen. Doch als er aufprallte, mußte er sein Schwert loslassen, um sich auf Fußspitzen und Händen abzufedern.
Ein heftiger Schlag traf ihn in der Seite, nur vom Kettenhemd abgedämpft. Er wurde herumgewirbelt.
Über ihm das sich aufbäumende Pferd des Söldners. Er wollte Zamorra von den Hufen seines Tieres niederstampfen lassen.
Zamorra imitierte Schlangenzischen. Das Pferd wurde wild und warf seinen Reiter ab. Auch er verlor seine Waffe.
Zamorra war schneller wieder auf den Beinen.
Er packte zu, riß dem Mann den Helm vom Kopf und versetzte ihm einen betäubenden Fausthieb.
Ein rascher Blick in Richtung Zigeunerlager verriet ihm, daß sich dort im Moment niemand darum kümmerte, was hier geschah. Daß sich einer der Söldner abgesetzt hatte, um einen fliehenden Zigeuner zu verfolgen, hatte keiner der anderen in dem Gemetzel mitbekommen.
Zamorra stieß einen schrillen Pfiff aus. Sein Pferd trabte zu ihm zurück. Er hob sein Schwert auf, schob es in die Scheide zurück und schwang sich wieder in den Sattel.
Wo war der Zigeuner geblieben? Plötzlich entdeckte er Romano. Langsam ritt Zamorra auf ihn zu.
»Steigt auf, mein Freund. Ich bringe Euch in Sicherheit«, rief er ihm in dessen Sprache zu.
Daß er in romani gesprochen hatte, verblüffte und beruhigte den Mann ein wenig. Er sah zu Zamorra hinauf.
»Wer seid Ihr, Herr?« fragte er. »Warum helft Ihr mir?«
»Vielleicht sollten wir uns später darüber unterhalten«, schlug Zamorra vor und streckte dem Zigeuner die Hand entgegen.
Romano griff zu. Mit einem Rück zog Zamorra ihn zu sich in den Sattel.
Dann gab er seinem Pferd die Sporen und galoppierte los.
Einfach geradeaus, irgendwohin.
Nach Trier konnte er jetzt nicht mehr zurück.
***
Nach etwa einer Viertelstunde hielt Zamorra an, um sich zu orientieren. So weit würden ihnen die Söldner nicht folgen; sie hatten jetzt etwas Ruhe.
Mit einer Schnelligkeit und Geschicklichkeit, die Zamorra überraschte, schwang sich Romano vom Pferd.
Er sah zu Zamorra hinauf. Eine Hand lag dabei am Griff seines Dolches.
»Sagt mir, Herr, wer Ihr seid«, verlangte er erneut.
Natürlich konnte Zamorra ihm die ganze Wahrheit nicht sagen. Also beschränkte er sich auf seinen Namen.
»Nennt mich Zamorra deMontagne«, sagte er.
»Ein Burgunder?« fragte der Alte mißtrauisch.
Zamorra stieg nun ebenfalls ab. Er ließ das Pferd laufen. Falls es sich entfernte, würde es zu ihm zurückkehren, sobald er es brauchte und nach ihm pfiff.
Vorsichtig ließ er sich im Schneidersitz im Gras nieder. Er spürte, wie seine Handgelenke schmerzten, weil er sich vorhin beim Sturz mit ihnen abgefedert hatte.
Auch die linke Seite tat weh, wo ihn der Fuß des Söldnerpferdes gerammt hatte, Rippen schienen jedoch nicht gebrochen zu sein.
»Wißt Ihr, wo die Loire fließt?« fragte Zamorra. »Ich lebe dort, weit südwestlich von hier hinter den Bergen. Aber ich bin selten dort. Ich bin ein Reisender, so wie Ihr und Euer Volk.«
»Zamorra deMontagne«, sagte der Zigeuner. »Wieso hilft ein Adliger einem manusch ? Und woher kennt Ihr unsere Sprache? Ihr klingt, als wäre es Eure Muttersprache.«
Zamorra löste die Wasserflasche vom Sattel und reichte sie Romano. Der alte Mann griff zögernd danach, dann trank er.
Zamorra betrachtete ihn nachdenklich. Der Mann mußte um die 60 Jahre alt sein. Eine schlohweiße Mähne umwehte seinen Kopf. Sein linkes Auge war eine vernarbte Wunde.
Zamorra wußte, daß eine Flintenkugel in der Augenhöhle steckte. Die verwachsene Narbe verlieh seinem Gesicht einen grausigen Ausdruck. Romano verzichtete jedoch auf das Tragen einer Augenklappe. Vielleicht gefiel es ihm, andere mit seinem Aussehen zu erschrecken.
Romano spie den letzten Schluck wieder aus. »Dank Euch, Herr. Aber habt Ihr nicht statt dessen einen anständigen Kartoffelschnaps? Der könnte mich wieder aufmuntern.«
Er gab Zamorra die Lederflasche zurück, der sie wieder am Sattel befestigte. »Bin ich ein Schankwirt?« grinste er.
Romano sah in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
»Sie werden sie töten, alle«, murmelte er. »Sie werden die Kinder und die Alten erschlagen, sie werden die Frauen schänden und die Männer dabei zuschauen lassen. Dann bringen sie auch sie um. Warum nur ist diese Welt so voller schlechter Menschen? Wer Macht besitzt, übt Willkür und
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