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0542 - Luzifers Welt

0542 - Luzifers Welt

Titel: 0542 - Luzifers Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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konnte sie nicht fesseln.
    Und Gryf, dieser verrückte Kerl, war nun schon eine ganze Weile fort. Daß er es so lange völlig nackt in dieser kalten Frühjahrsluft aushielt, erstaunte sie.
    Sie ging ebenfalls hinaus, um ihm dabei zuzusehen, was auch immer er gerade tat. Es machte ihr Spaß, ihn anzuschauen. Er sah unverschämt gut aus. Ihretwegen hätte er sich im ganzen Leben nicht wieder anzukleiden brauchen. Der Gedanke, ihn als gutgebauten Adam jederzeit verfügbar zu haben, gefiel ihr.
    Aber dann müßte er mit ihr nach Spanien kommen. In die Zivilisation. Diese Einsamkeit war nichts für sie. Die Landschaft hätte ihr nur dann gefallen können, wenn es nicht so britisch kühl wäre, sondern wesentlich wärmer. So wie in ihrer südlichen Heimat.
    »Gryf, wo steckst du?« rief sie.
    Aber er antwortete nicht.
    Sie konnte ihn nirgendwo sehen. Spuren führten durchs Gras zum Bach.
    Sollte er etwa ertrunken sein?
    Vielleicht hatte er das kalte Wasser nicht verkraftet?
    Aber eine andere Spur führte auch wieder zurück. Hier lag das Gras in der anderen Richtung.
    Und als sie der Spur folgte, sah sie die seltsamen Blumen.
    So etwas hatte sie noch nie gesehen. Solche großen Blüten in dieser Jahreszeit?
    Sie trat darauf zu.
    Gryfs Spuren führten um die Blumen herum.
    Daß sie nicht wieder von ihnen fort führten, fiel ihr nicht auf.
    Das regenbogenfarbene Schillern der mächtigen Blütenkelche schlug sie in ihren Bann.
    Sie erreichte die Blumen, berührte die großen Blätter. Sie fühlten sieh echt an, nicht wie die Bühnendekoration für einen Fantasy- oder Science-Fiction-Film. Dabei hätten diese Blumen eher in eine bizarre fremdartige Welt gepaßt wie die, die in Gryfs langweiligem Buch in aller Breite beschrieben wurde. Felsen und Vulkane, wilde, fleischfressende Riesenpflanzen und allerlei Ungeheuer mit Flügeln, spitzen Zähnen und meistens mehr als nur vier Beinen…
    Offenbar hatte das Buch trotz seiner ermüdenden Beschreibungen, hinter denen die Abenteuer eines Heldenpärchens geradezu als kaum noch wahrnehmbar verblaßten, einen starken Eindruck in ihr hinterlassen.
    Denn plötzlich sah die Welt um sie herum fast genauso aus wie in jenem Buch beschrieben…
    ***
    »Das ist unglaublich«, stieß Pater Ralph entgeistert hervor. »Wie ist so etwas möglich?«
    »Das weiß niemand von uns«, erwiderte Nicole. »Wir haben die Blumen hier und an anderen Orten entdeckt. Und wir benutzen sie als preiswertes Reisemittel. Deshalb versuchen wir ihre Ableger auch anderswo anzupflanzen. Aber unten an der Loire haben wir sie nicht gepflanzt. Und es hat sie auch bis vor kurzem dort noch nicht gegeben.«
    »Und das findest du nun bestürzend, meine Tochter?«
    Nicole nickte.
    »Nicht nur das, es könnte zu einer Gefahr werden.«
    »Das glaube ich auch. Allerdings aus anderen Gründen«, erwiderte der Pater.
    »Es ist wider die Natur, verstehst du? Es macht alles so leicht und schnell und einfach… wie alles, was der Teufel schenkt. Er will uns die Kleinigkeiten des Lebens erleichtern. Und weil wir Menschen von Natur aus zur Faulheit neigen, nehmen wir diese Geschenke an und sehen nicht den Pferdefuß, der dahintersteckt. Nimm’s mal etwas weltlicher: Die Erfahrung des Automobils hat uns das Reisen vereinfacht und von einer Strapaze zum Lusterlebnis gemacht. Doch dafür stirbt die Welt um uns herum langsam, aber sicher an den Abgasen. Die Entdeckung der Kernspaltung erlaubt uns, Atomkraftwerke mit unglaublicher Energieleistung zu konstruieren, die uns praktisch geschenkt wird. Und der Preis dafür sind Atombomben und freiwerdende Radioaktivität im Pannenfall - wie Tschernobyl bewiesen hat.«
    »Sie befürchten also, das Benutzen dieser Blumen als Transportmittel hat auch einen Haken?«
    Pater Ralph nickte. »Ich bin sicher. In Gottes Schöpfung bekommt niemand etwas geschenkt. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dir dein Brot verdienen, sprach der Herr zu Adam, als er ihn aus dem Garten Eden verwies. Was wir erreichen wollen, müssen wir uns erarbeiten. Auch das mühelose Reisen. Und wenn wir es uns nicht selbst erarbeiten, müssen wir immerhin an andere einen Preis entrichten. Manchmal ist dieser Preis zu hoch. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir das Problem weltlich oder theologisch betrachten. Ich traue diesen Blumen nicht. Es ist zu leicht.«
    »Vielleicht ist es so«, sagte Nicole.
    »Bisher haben wir allerdings noch keine Schäden feststellen können. Weder an uns selbst noch an der Umgebung.«
    »Um beim

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