0553 - Geisterstunde
Gespräche. Mich hungert«, knurrte der Drache. »Ergebt Euch endlich - oder laßt mich wenigstens erst einmal in Ruhe die Prinzessin verzehren. Danach können wir weiterkämpfen.«
»Es ist doch dumm, zu kämpfen, wenn man gemeinsame Interessen hat«, sagte der Ritter.
Der Drache schüttelte den schuppenbesetzten Kopf. »Ihr redet zuviel. Ich fürchte. Ihr werdet noch reden, wenn Ihr Euch bereits in meinem Magen befindet. Vermutlich schmeckt Ihr nicht einmal besonders gut.«
»Da mögt Ihr recht haben«, versicherte Gregor.
»Die Prinzessin«, fuhr der Drache fort, »wird mir bestimmt besser munden. Sie ist jung und zart, und ich muß sie auch nicht erst umständlich aus einer Rüstung klauben. Man bricht sich an diesem verflixten Eisen so leicht die Zähne ab, wißt Ihr? Vielleicht seid Ihr so gut und entledigt Euch Eurer Rüstung selbst, bevor ich Euch röste.« Er atmete erneut eine Feuerwolke aus.
Der große Platz vor der Drachenhöhle war schwarzverkohlt, vielleicht schon seit Jahrhunderten - niemand wußte, wie alt Drachen wirklich wurden. Hier wuchs kein Gras, nicht einmal mehr Unkraut.
Plötzlich wandte der Drache wieder den Kopf und klappte die spitzen Ohren nach vorn. »Was war das noch? Habt Ihr nicht vorhin etwas über gemeinsame Interessen gefaselt? Was meint Ihr damit?«
Aha, dachte Gregor erleichtert. Seine Neugier erwacht!
Laut rief er: »Nun, wir wollen doch beide diese leidige Angelegenheit überleben, oder?«
»Ich werde überleben«, sagte der Drache. »Was Euch angeht, bin ich mir da nicht ganz so sicher. Nun legt schon das Eisen ab; wenn ich warte, bis es Euch vom Leib rostet, finde ich von Euch nur noch ein Skelett. Das sättigt nicht, also macht es mir nicht so schwer.«
»Ihr unterschätzt mich«, behauptete der Ritter. »Ich biete Euch in meiner Großmut Schonung an.«
»Ach, ja?« höhnte der Drache. »Daß ich nicht lache!«
Er prustete los, was natürlich von einem weiteren Feuerschwall begleitet wurde. Verärgert wich Ritter Gregor erneut zurück.
»Ihr habt gegen mich keine Chance«, sagte der Ritter. »Bisher habe ich noch nicht richtig zugeschlagen, aber das hier ist kein gewöhnliches Schwert. Es ist das Zauberschwert des mächtigen Magiers Avalonius Abracadabros! Es schneidet selbst durch Stein. Ihr seid schneller tot, als Ihr uni Erbarmen winseln könnt, wenn ich es richtig schwinge.«
Der Drache klappte das Maul zu, daß die Zähne gegeneinanderkrachten, und öffnete es wieder. »Wie, sagtet Ihr, hieß dieser Zauberer?«
»Ihr habt es wohl gehört«, stieß Gregor unruhig hervor. »Oder seid Ihr zu dumm. Euch einen solch einfachen Namen zu merken?« Hoffentlich merkte der Drache nicht, daß er ihn nur ganz schnell erfunden hatte! Wie hatte er ihn noch genannt? Aaron Abrahamos? Ave Macabrus? Egal, er durfte sich jetzt nur nichts anmerken lassen…
»Schon gut«, murrte der Drache beeindruckt. »Ich glaube zwar nicht, daß ein Zauberschwert Euch helfen könnte, aber da wir nun schon mal dabei sind, zu reden, statt zu kämpfen… Was wollt Ihr?«
»Die Prinzessin«, verlangte Gregor.
Der Drache hob die Tatze und winkte verächtlich ab. »Ach, das alte Märchen. Der König hat Euch ihre Hand und das halbe Königreich versprochen, wenn Ihr sie rettet und mich erschlagt, nicht wahr? Es ist doch immer dasselbe, ich hätte Euch für klüger gehalten, als auf diesen Unsinn hereinzufallen. Welcher König gibt schon freiwillig die Hälfte seines Reiches aus der Hand?«
»Dieser ist ein guter König«, sagte Gregor. »Er meint es ehrlich.«
»Er hat recht«, schrie die Prinzessin herüber. »Mein Vater würde niemals sein Versprechen brechen!«
»Ach, lehre mich einer euch Menschen kennen«, gab der Drache gelangweilt zurück. »Ich hatte über zehn Jahrhunderte Zeit, euch zu studieren. Seine Berater werden dem König Gift ins Essen mischen, damit das Reich geeint bleibt, und Euch und die Prinzessin gleich auch mit meucheln, Ritter. Ihr könntet die ganze Sache abkürzen, indem Ihr Euch gleich von mir verspeisen laßt. Abgesehen davon, daß es mich sättigt, dient es ja auch Eurem Heldenruhm, wie Ihr wißt!«
»Ihr seid sicher, daß die Berater uns meucheln würden?« stieß Gregor betroffen hervor.
»So sicher, wie der Pfarrer am nächsten Sonntag seine Predigt hält«, bekräftigte der Drache.
Gregor nickte bedächtig.
»Wartet«, rief er dann. »Ich habe da eine Idee.«
»Na los, langweilt mich ruhig weiter, damit wir es hinter uns bringen«, brummte der Drache
Weitere Kostenlose Bücher