056 - Zielort: Kratersee
Sklavenhändlern zum Verkauf anbot. Bis heute hatte er solche Geschichten für eine Legende gehalten.
»Du hast übrigens Glück, dass wir gerade hier waren«, sagte der Mann, der die Kette hielt. »Manche der anderen Sklaven haben sie sechs Monde lang in irgendeinem Keller festgehalten. Zwei waren bereits tot.«
Der anderen Sklaven… Phil lief ein Schauer über den Rücken, wenn er daran dachte, dass er die unterste Stufe der menschlichen Existenz erreicht hatte. Selbst Bettler hatten mehr Rechte als Sklaven und mehr Freiheiten. Wenn er keine Möglichkeit zur Flucht fand, würde er den Rest seines Lebens von der Güte seiner Herren abhängig sein, nur um irgendwann im Alter, wenn er niemandem mehr nützte, getötet zu werden.
Ich muss eine Möglichkeit finden, dachte er, als er mit den beiden Männern in die Morgendämmerung trat. Die beiden Frekkeuscher, die er am Vortag bemerkt hatte, standen jetzt vollbeladen auf der Straße. Zwischen ihnen zog sich eine Zweierreihe von rund dreißig Sklaven entlang, deren Halsringe jeweils mit Vor- und Hintermann verkettet waren. Die meisten trugen weitere Vorräte auf dem Rücken, acht von ihnen gruppierten sich um zwei Sänften.
Phil sah sich um, während die Männer ihn als Letzten der Reihe anketteten, und bemerkte eine zweite Gruppe von Sklaven, die auf dem Boden hockten und Peitschen in den Händen hielten. Sie trugen nur den Halsring, aber keine Ketten, und er nahm an, dass es sich bei ihnen um Wächter handelte.
Auf einen Wink ihrer Herren sprangen sie auf und ließen die Peitschen knallen. Die beiden Händler verschwanden in ihren Sänften, dann setzte sich der Zug kettenklirrend in Bewegung.
»Hey«, flüsterte Phil seinem Vordermann zu. »Weißt du, wo's h ingeht?«
»Ja«, kam die ebenfalls geflüsterte Antwort. »Auf den Sklavenmarkt nach Waashton.« Waashton. Phil glaubte sich verhört zu haben. In die Stadt, die er einst als Freiheitskämpfer hatte befreien wollen, kehrte er nun als Sklave zurück. Er war sicher, dass Dave die Ironie der Situation zu schätzen gewusst hätte…
***
Eddie ballte die Fäuste. »Ich sage, wir schnappen uns den Typen. Er wird uns schon erzählen, weshalb er hier ist.«
»Ihren Enthusiasmus in Ehren, Mr. Eddie, aber ohne weitere Informationen halte ich das für keine gute Idee.« Mr. Black lehnte sich an die Tischkante und begann mit einem Kabel des ID-Scanners zu spielen. Roots bemerkte, wie Hacker den Mund öffnete, aber dann doch stumm blieb. Mr. Black hatte Autorität.
»Das stimmt«, sagte Honeybutt Hardy. »Es könnte wirklich ein Arzt oder Forscher sein, der…« Sie stutzte, schien sich nicht ganz sicher zu sein, was Ärzte oder Forscher in der Herberge tun wollten.
»… der irgendwas erforscht…«, endete sie lahm. »In jedem Fall ziehen wir nur unnötig Aufmerksamkeit auf uns, wenn jemand vom Weltrat verschwindet. Seit dem Attentat sind die Agenten ohnehin hysterisch.«
»Sehr gut erkannt«, sagte Mr. Black. »Wenn die WCA entdeckt, dass wir sie anhand ihrer IDs erkennen können, wird man sicherlich die Frequenz verändern, auf der die Kennung gesendet wird. Dieses Risiko sollten wir nur im Notfall eingehen.«
Merlin Roots stand auf. Er fühlte sich immer noch fremd in der verschworenen Gruppe und hielt sich lieber im Hintergrund.
»Dieser Notfall«, sagte er dann doch, »wird ohne Informationen schwer zu erkennen sein. Wir brauchen einen gewissen Mut zum Risiko, sonst lassen wir uns lähmen.«
Mr. Black nickte. »Sie haben diesen Mut bereits bewiesen, auch wenn Sie letztlich gescheitert sind. Aber da trugen Sie nur für sich die Verantwortung. Jetzt müssen Sie lernen, für die Gruppe zu denken.«
Roots setzte sich wieder. Er hatte seine Bedenken geäußert, aber die Entscheidung lag beim Anführer der Running Men.
»Ich könnte den Mann belauschen.«
Roots drehte überrascht den Kopf, als er Karyaalas Stimme hörte. Die anderen sahen sich an.
»Sie hat Recht«, sagte Hacker nach einer kurzen Pause. »Das würde uns helfen.«
Roots legte seine Hand auf die ihre. Karyaala gehörte zum Volk der dreizehn Inseln und konnte auf kurze En tfernungen die Gedanken anderer Menschen lesen. Sie nannte diese Fähigkeit lauschen.
»Ich bin nicht sicher, dass du bereits gesund genug bist«, sagte er. »Außerdem wird es schwer werden, die Gedanken eines Einzelnen in dieser Menschenmenge zu finden.«
»Im Gegenteil, es wird ganz leicht sein. Wenn er zum Weltrat gehört, wird er als Einziger in der gleichen Sprache
Weitere Kostenlose Bücher