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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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auf.
    „Ich weiß nicht, aber sie soll nicht hinaufgehen, noch nicht.“
    Seine Mutter – sicher ist es seine Mutter – ist stehengeblieben, die Hand noch auf dem Geländer.
    Wilhelm geht in der Küche hin und her, eine der großen Doggen folgt ihm dicht auf, während die andere unbewegt dasteht.
    Abermals reagiert Jacques mit einem schallenden Gelächter. Nur Lachen vermag die Beklemmung zu lösen, die sie alle zunehmend überkommt.
    „Wenn es sich um Gespenster handelt, so verscheuchen Sie sie, Verehrtester – und reden wir nicht mehr drüber!“
    Simone faßt ihn am Arm. „Schau!“
    Diesmal bewegt sich wirklich etwas an der Wand der Galerie, und sogar eine Tür beginnt zu ächzen. Es ist, als seien die Angeln seit Jahrhunderten eingerostet, und sie haben alle vier den Eindruck, daß der Neuankömmling beträchtliche Kraft zum Öffnen aufwenden muß. Die Alte geht wieder die Stufen hinunter und zum Kamin zurück, ihr Gesicht ist selig verklärt. Wilhelm ist jäh stehengeblieben. Auch er wirkt beglückt, unsagbar beglückt. Die Tür knarrt und geht immer weiter auf. Es dauert entsetzlich lang. Das Dunkel lichtet sich, eine Kerze wird sichtbar, dann erscheint ein Kopf. Nichts als ein Kopf, der im Leeren zu hängen scheint, vom Licht einer riesigen Kerze gleich einem Heiligenschein umgeben. Dieser Kopf hält inne, blickt hinunter.
    Der Körper verschmilzt mit der Wand, man sieht ihn nicht. Jacques steht auf, seine Stimme ist trotz allen Bemühens ziemlich unsicher: „Guten Abend. Ich vermute, Sie sind der Besitzer des Schlosses.“
    Ein schöner Kopf, lang und schmal. Weißes Haar, Mephisto-Bärtchen.
    „Ja, ich bin der Besitzer.“
    Eine scharfe und dennoch nicht unangenehme Stimme. Der Kopf wird weiterbewegt, und endlich kann man den Körper erkennen.
    Nun wirkt die Szene weniger gespenstisch. Der Alte geht langsam die Galerie entlang, dann beginnt er eine der Treppen hinabzusteigen, deren Stufen seltsamerweise unter seinem Fuß nicht knarren. Sollten sie etwa aus Stein sein?
    Der Ankömmling trägt einen schwarzen Umhang. Ohne Hast steigt er würdevoll herunter, und die Hunde stürzen auf ihn zu. Sein Gesicht bekommt einen verärgerten Ausdruck, und er sagt, zu den Tieren gewandt: „Nein, nein, ich bin es nicht. Allmählich müßtet ihr uns unterscheiden können.“
    Die Hunde wedeln leise mit den Schwänzen und beschnüffeln seine Füße. Er stößt sie zurück, geht an ihnen vorbei.
    Vor dem Tisch bleibt er stehen.
    „Mein Name ist Gilbert Derais. Es ist mir eine Ehre, Sie in meinem Hause begrüßen zu dürfen.“
    Jacques stellt seine Reisegenossen vor. Der Neuankömmling denkt offenbar nicht daran, ihnen die Hand zu geben. Er mustert sie. Ist er ungehalten oder erfreut über diesen unerwarteten Besuch?
    Er wendet sich zur Alten um: „Haben Sie ihnen Zimmer angewiesen?“
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Wir haben gewartet.“
    „Sie warten immer. Ich habe Ihnen oft genug gesagt, daß es keinen Sinn hat. Was hätte geschehen können, wäre Tristan statt meiner heruntergekommen? Sie konnten nicht wissen, daß ich selber kommen würde. Ich war gerade sehr beschäftigt.“
    Er schüttelt mißbilligend den Kopf. Dann wendet er sich wieder den jungen Leuten zu: „Verübeln Sie es ihr nicht. Es sind alte Bedienstete … hochbetagte Leute. Viel betagter, als Sie sich vorstellen können.“
    „Wer ist Tristan?“ fragt Simone.
    Sie hat sich die Frage nicht verkneifen können, aber Derais scheint keinen Anstoß daran zu nehmen. „Mein Bruder.“
    „Und er hätte uns unfreundlich empfangen?“
    „Das will ich nicht sagen … nein, sicherlich nicht. Aber, nun ja, es ist besser, daß ich selber Sie begrüßt habe. Falls Sie ihm begegnen, brauchen Sie es ihm nur zu sagen. Warum ist es in dieser Küche so dunkel?“
    Wilhelm und auch die Alte zünden eilends Kerzen an, die in einigen Wandleuchtern stecken, außerdem stellen sie zwei Leuchter auf den Tisch. Der Schloßherr reicht Wilhelm seinen Kerzenleuchter. Ehrerbietig nimmt der Diener ihn in Empfang.
    Nun ist die Küche hell erleuchtet und macht einen geradezu gemütlichen Eindruck.
    Gilbert Derais legt seinen Umhang ab.
    Er ist groß, schlank, ganz schwarz gekleidet: enganliegende Kniehose und ebensolches Jackett. Nur sein Hemd hebt sich davon ab, ein makellos sauberes Hemd, das aus Seide zu sein scheint. Marthe stößt Bernard mit dem Ellbogen an: es ist ein Hemd mit Spitzenrüschen, wie es vor über hundert Jahren Mode war. An den Füßen trägt

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