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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Holbrook, damit keine Zweifel und Mißverständnisse aufkommen, möchte ich Ihnen gleich sagen, daß ich etwas Derartiges nicht tun werde. Ich mache mir über mein Talent keine Illusionen, aber ich habe nicht die Absicht, mich in ein Schaufenster zu setzen.«
    »Das wie eine hübsche Bibliothek eingerichtet sein wird -«, murmelte der Doktor.
    »Es ist mir ganz gleich, wie es eingerichtet ist.«
    Verdutzt fuhr sich Holbrook durch das wirre Haar.
    »Ich bin überrascht - ich dachte, alles sei völlig klar, und PIPS habe nur die Zeitungsreklame für den Wunderschreibtisch zu besorgen. Wir sind ein Reklamebüro. Diese Schaufenster-Idee ist mir allerdings vollkommen neu.«
    Sie blickte ihn mißtrauisch an.
    »Ist das nicht Ihre Idee?«
    »Nein, meine Liebe«, fiel der Doktor ein, »es ist nicht Mr. Holbrooks Idee, es ist meine. - Wollen Sie mich entschuldigen, Mr. Holbrook? Ich werde Sie morgen früh besuchen.«
    Als die beiden wieder allein waren, nahm Laffin seinen Zylinder und strich gedankenvoll darüber.
    »Das Schaufenster wird am Donnerstag fertig sein. Es befindet sich in einer Seitenstraße beim Piccadilly. Eine sehr vornehme Gegend.«
    »Ich werde es nicht tun«, erwiderte sie bestimmt. »Ich spreche Mr. de Fell am Montag und bin sicher, in seinem neuen Stück auftreten zu können.«
    Der Doktor hob die Schultern und ließ sie langsam wieder sinken.
    »Tu es!« sagte er. »Aber du mußt damit rechnen, daß am Abend deines ersten Auftretens vor dem Theater Zettel verteilt werden, auf denen mitgeteilt wird, daß du die Tochter eines Mannes bist, der wegen Ermordung seiner Frau - deiner Mutter - im Gefängnis von Oxford gehängt wurde.«
    Betty wurde kreidebleich.
    »Das wirst du nicht tun! Das wäre eine Gemeinheit, eine Brutalität ... Du wirst es nicht wagen!«
    Doktor Laffin lächelte eigentlich nie. Wenn ihn etwas heiter stimmte, dann zog er nur die Haut um seine Augen eine Sekunde lang zusammen. Und das geschah jetzt. Mit der Bedächtigkeit, die alle seine Bewegungen charakterisierte, steckte er die Hand in die Brusttasche und zog seine Brieftasche hervor.
    »Ich habe dir das nie gezeigt«, sagte er und entfaltete einen Zeitungsausschnitt. »Also, hör zu: ›Heute neun Uhr früh wurde im Gefängnis von Oxford James Setherby Carew, von Beruf Hausmeister aus Nash Terrace Bath, hingerichtet. Er war nach seiner Verurteilung durch die Geschworenen nach Oxford gebracht worden. Man wird sich erinnern, daß Carew, ein Trunkenbold, seine Frau im betrunkenen Zustand erschoß. Beider Kind, die kleine Elisabeth, deren Erscheinen vor Gericht so rührend wirkte, befindet sich jetzt im Armenhaus. Carew bereute sein Verbrechen und schritt festen Fußes zum Schafott. Der Mann war nicht unintelligent. In seiner Gegend erfreute er sich eines gewissen Rufes als Erfinder.‹« Laffin faltete das Papier zusammen und legte es wieder zurück. »Du warst damals noch sehr klein und wirst dich nicht mehr an die Gerichtsverhandlung erinnern. Aber ich hoffe, du weißt noch, wie dich ein Arzt in selbstloser Weise aus dem Armenhaus geholt und erzogen bat?«
    Sie antwortete nicht. So klein sie damals auch gewesen war, so erinnerte sie sich noch deutlich des bleichen Mannes auf der Anklagebank, des Richters in seinem roten Gewand und des geschäftigen Kommens und Gehens in dem kleinen Gerichtsgebäude. Sie erinnerte sich auch des frostigen Morgens, an dem die Vorsteherin des Armenhauses zu ihr gekommen war, ihr freundlich übers Haar strich und einen Apfel gegeben hatte.
    »Du sollst meine Handlungsweise richtig beurteilen«, begann der Doktor wieder. »Du warst für mich ein Experiment. Ich wollte sehen, ob und wie weit sich die Seele eines Kindes formen läßt. Du hast mich enttäuscht, aber jetzt sollst du mir wenigstens meine Fürsorge und meine Ausgaben für dich vergelten. Der Schreibtisch, für den du Reklame machen sollst, ist eine der letzten Erfindungen deines verstorbenen Vaters. Sie ist wertlos.«
    Betty zuckte unwillkürlich zusammen. In diesem Augenblick haßte sie ihn so glühend, daß dagegen keine anderen Gefühle aufkommen konnten.
    »Wirst du tun, was ich wünsche?«
    Sich mühsam beherrschend, antwortete sie:
    »Wenn ich es tue, so wird es der letzte Dienst sein, den ich dir erweise.«
    Wieder zog sich die Haut um seine Augen zusammen.
    »Nicht der letzte. Noch einer - ein indirekter. Du wirst ein für allemal vergessen, daß ich in einer stürmischen Nacht auf dem Dartmoor anhielt. Verstehst du? Du wirst vergessen,

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