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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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ist einer der geschicktesten Einbruchskünstler Londons. Und ist erst ein einziges Mal erwischt worden, und auch das nur durch Zufall.«
    In diesem Augenblick wandte der Mann mit dem Zwicker sich ihnen zu, um sie von Kopf bis Fuß zu mustern. Gleich darauf sah er wieder weg.
    »Den möchte ich gern mal sprechen«, meinte Bill. »Können Sie ihn nicht herrufen?«
    »Ich?« entsetzte sich der Polizist. »Werde mich schwer hüten! Was glauben Sie denn, wie der mich behandeln würde! Ein gewöhnlicher Polizist hat mit solchen Herren nichts zu schaffen. Es liegt ja nichts gegen ihn vor, das heißt, es ist ihm nichts nachzuweisen, und die Detektivabteilung sieht es gar nicht gern, wenn wir uns mit solchen Leuten einlassen.«
    Jetzt ging der Mann weiter und verschwand bald in der Menge.
    »Übrigens«, fuhr der Polizist fort, »weiß man nie, ob solche Burschen nicht für unsere Leute arbeiten. Ich halte zwar Toby nicht für einen Lockspitzel, aber ein Einbrecher von Rang kann unserem Hauptpolizeiamt sehr nützlich sein. Ich würde möglicherweise einen Rüffel bekommen, wenn ich ihn unnötigerweise verstimmte.«
    Dennoch sollte Bills Wunsch nach einem Gespräch mit Toy Marsh gleich danach in Erfüllung gehen. Er war auf die Cambridge Terrace eingebogen, als er den interessanten Mann wieder vor sich sah. Er stand, mit dem Rücken ans Geländer gelehnt, wie einer da, der jemand erwartet. Bill wollte gerade vorbeigehen, als Toby Marsh auf ihn zukam.
    »Verzeihen Sie, Sir!« Er sprach mit dem leicht näselnden Ton, der in gewissen Kreisen als Zeichen vornehmer Abkunft gilt. »Ich habe beobachtet, wie Sie ratlos und verblüfft das Treiben dieser Spießer verfolgten. Seltsame Neigungen haben diese Leute, nicht? Sie als Zeitungsmann wird es vielleicht interessieren, etwas über die psychologischen Hintergründe zu hören, die Beweggründe, die zu solchen Schaustellungen führen.«
    Bill überraschte die gewählte Ausdrucksweise des Meistereinbrechers. Toby Marsh fuhr, ohne eine Antwort abzuwarten, fort:
    »Bei den unteren Klassen ist der Nachahmungstrieb stärker entwickelt. Wenn er sich mit Großmannssucht paart, muß etwas Verschrobenes zustande kommen. Das eindrücklichste Beispiel sind die ›Stolzen Söhne von Ragusa‹ mit ihrem Mysterienkult, ihren Erkennungszeichen beim Händedruck, ihrem Losungswort - das nebenbei gesagt ›Drache‹ heißt -, ihren Talaren und Kapuzen, die den ganzen Kopf verhüllen und nur Augenschlitze aufweisen, mit ihren Einweihungszeremonien, bei denen bengalisches Licht eine große Rolle spielt, ihren Prioren, Logenmeistern und Tagesbefehlen.«
    Bill grinste.
    »Sie scheinen sich ja in dem Orden recht gut auszukennen?«
    »Ich kenne so ziemlich alle Geheimgesellschaften«, erklärte Marsh mit einer Handbewegung, die jede Bewunderung bescheiden zurückweisen sollte. »Ganz besonders vertraut bin ich aber mit dem ›Dreiundzwanzigsten Grad‹ der Söhne von Ragusa. Ja -«, wiederholte er, als er mit Genugtuung das Erstaunen im Gesicht des andern sah, »mit dem Dreiundzwanzigsten Grad der Söhne von Ragusa und speziell auch mit der ›Goldenen Stimme des Alls‹!«
    Bill sah ihn einen Augenblick lang verwirrt an. Er überlegte, ob der Mann betrunken sei. Toby schien seine Gedanken lesen zu können, denn er sagte sofort:
    »Ich bin Abstinenzler - unbedingter Gegner des Alkohols. Wenn ich von der Goldenen Stimme des Alls spreche, so meine ich damit nichts Phantastisches, sondern ein durchaus körperliches und - dies nur nebenbei - dem Auge sehr wohlgefällige Wesen, dessen irdischer Name Miss Elisabeth Carew lautet!«
    Bill blieb der Mund vor Staunen offen.
    »Miss Elisabeth Carew?« fragte er dann. »Meinen Sie die Schauspielerin?«
    »Als Künstlerin hat sie nie einen großen Eindruck auf mich gemacht.« Marsh zog eine sehr schön gearbeitete Zigarettendose hervor, entnahm ihr eine Zigarette, klappte sie wieder zu und reichte sie Bill zur Besichtigung. »Sie hat mich fünfundzwanzig Pfund gekostet«, versicherte er beiläufig. »Jedesmal, wenn mich die Polizei verhaftet, will sie wissen, wem sie früher gehört hat. Wenn sich die Beamten dann genügend lange bemüht und die Füße abgelaufen haben, führe ich sie immer zu dem Juwelier, bei dem ich sie gekauft habe. Das ist ein netter kleiner Zeitvertreib. Ja, Sir, es ist schon so, wir meinen die gleiche Dame - Miss Betty Carew!«
    »Aber, um Himmels willen«, fuhr Bill gereizt auf, »was für ungereimtes Zeug reden Sie denn zusammen? Stimme des Alls?

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