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057 - Sanatorium der Cyborgs

057 - Sanatorium der Cyborgs

Titel: 057 - Sanatorium der Cyborgs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schönenbröcher
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Lächeln war Verheißung und Drohung in einem.
    »Du… bist… böse!«, brachten Newts Sprachmodulatoren mühsam hervor.
    »Böse?« Darylls linke Augenbraue glitt nach oben. Fast schien sie auflachen zu wollen.
    »Was für ein interessantes Konzept! Ich würde ja gern in deinem P-Chip mehr darüber lesen. Aber wie mir scheint, ist er völlig unbrauchbar…«
    Ein Funkenschauer überlief Newts Hirnspeicher. Was er am meisten fürchtete, stand dicht bevor.
    Die schöne Cyborg ließ eine schlanke Hand in die Tasche ihres Mantels gleiten. Sie kehrte mit dem Schlüssel zurück. Newt wollte zurückzucken, doch nicht einmal das brachte er zustande.
    »Wollen doch mal sehen, was sich an Unrat auf deinem Speicher angesammelt hat«, sagte Daryll, setzte den Schlüssel an seiner Schläfe an und drehte ihn um neunzig Grad.
    Unter Newts Schädeldecke machte es Klick.
    Die Kälte der nordmeerakanischen Nacht schien in seinen offenen Schädel zu fluten.
    Eine Kälte, die seine empfindlichen Bauteile mit Frost überzog und ihn zusätzlich lahmte.
    Dann glaubte er die Berührung zu spüren, als Daryll mit spitzen Fingern seinen Persönlichkeits-Chip umfasste, der in einem Port neben dem Hirnspeicher steckte. Darauf war alles unlöschbar eingebrannt, was den Menschen Newt einst ausgemacht hatte; damals, als diese Erinnerungen noch in einem organischen Körper gesteckt hatten statt in einem Stahlkorsett. Als sein Gehirn noch aus Ganglien, Nerven und Zerebrum bestanden hatte und nicht aus einem Massenspeicher.
    Unlöschbar - aber nicht unzerstörbar!
    Mit einem leisen Knirschen löste sich der P-Chip aus seiner Fassung.
    > Alarm! Persönlichkeitslöschung droht!
    Newt wusste, dass es ein Leben nach dem Tod gab. Er hatte es dutzendfach miterlebt.
    Doch dieses Leben war verabscheuungswürdig. Weil es alle Ideale verriet. Weil es Individuen gleichschaltete.
    Er würde es nicht verhindern können.
    »Fahr… zur… Hölle!«
    Auch ein interessantes Konzept. Leider bloße Theorie.
    »Du zuerst!« Darylls Stimme klang fast fröhlich. Und sie hallte in seinem Speicher wider, als sich der P-Chip endgültig aus dem Port löste. Der LoBot Newt erlosch. Er bekam nicht mehr mit, wie sich Darylls Stiefelsohle auf den Chip senkte und ihn zermalmte. Sein letzter bewusster Gedanke galt seinem Herrn, zu dem er hatte fliehen wollen.
    > Haank…
    ***
    »Haank? Ist alles bereit?« Die Stimme Miki Takeos hallte durch die große Halle, in der sich die Teilnehmer der Expedition für den heutigen frühen Morgen verabredet hatten.
    Haank blickte von der Magnetspulen-Einheit des Gleiters auf, den er zum wiederholten Male kontrolliert hatte. Er rief seine Systemzeit ab: vier Uhr zweiundfünfzig. Takeo war wieder einmal überpünktlich. Und wusste doch, dass er ihn, seinen Majordomus Haank, bereits hier antreffen würde. Ihm oblag schließlich die Organisation des Unternehmens.
    »Ich bin hier, Herr«, antwortete der Cyborg. »Die Gleiter sind startklar, der Eissegler ist verstaut, die Vorräte befinden sich an Bord.«
    Haank wusste, dass es trotz aller Vorbereitungen ein riskantes Unternehmen war, auf das sich Commander Matthew Drax, seine Gefährtin Aruula und Aiko Tsuyoshi, der Sohn Miki Takeos einließen. Mit den beiden Gleitern wollten sie zu dem Krater aufbrechen, den Kristofluu in die Erdkruste geschlagen hatte.
    Kristofluu - auch ein überholter Begriff. Heute wusste Haank, dass er aus dem Namen des Kometen »Christopher-Floyd« entstanden war, der vor fünfhundertsechs Jahren die menschliche Rasse fast ausgelöscht hätte. Ein dunkles Zeitalter war über die Erde hereingebrochen; dunkel nicht nur, weil der aufgewirbelte Staub das Licht der Sonne über dreißig Dekaden lang abgehalten und eine weltumspannende Eiszeit auslöst hatte, die nur die stärksten Spezies überlebten.
    Dunkel auch, weil die Menschheit in Barbarei zurückgefallen war und sich im Kampf um die letzten Ressourcen gegenseitig die Köpfe einschlug. Er selbst war eine dieser niederen Gestalten gewesen, ein Ausgestoßener, der den harten Überlebenskampf nicht unbeschadet überstanden und verkrüppelt sein Leben gefristet hatte. Bis sich Miki Takeo sei6 ner annahm. Der Android gehörte zu einer Enklave von Wissenschaftlern, die sich seit der Katastrophe durch Transplantationen am Leben erhielten.
    Haank war damals der erste Bewohner El'ays gewesen, der von Takeos Begabung profitierte.
    Der Android hatte ihm neue, funktionstüchtige Körperteile geschenkt. So war er zum Cyborg geworden.

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