0571 - Der Gnom mit den zwei Köpfen
hoheitsvoll. »Das ist eine Miezekatze!«
»Eine ziemlich große Miezekatze«, seufzte Zamorra.
»Ich geb’s ja zu. Aber der Wunsch war ja auch ziemlich groß.«
»Was für ein Wunsch?«
»Lord Zwerg!« sagte Fooly und meinte damit den knapp dreijährigen Khett Saris ap Llewellyn, der mit seiner Mutter Patricia derzeit im Château Montagne wohnte. Nicole hatte dem Knirps den liebevollen Spitznamen »Lord Zwerg« gegeben, der von allen begeistert aufgegriffen worden war - bloß wollte das der Mutter nicht gefallen, die so beständig wie vergeblich dagegen protestierte.
Fooly war zu einem nichtsnutzigen Spielgefährten des Jungen geworden. Was der kleine Sir Rhett nicht von selbst an Chaos fabrizieren konnte, brachte Fooly ihm bei.
Zu seiner Ehrenrettung mußte allerdings auch gesagt werden, daß Fooly stets darauf achtete, daß Rhett nichts passierte, und daß er ihm auch hin und wieder sogar nützliche Dinge beibrachte… »Jeder Junge sollte einen Drachen haben«, hatte er einmal behauptet. »Das ist wichtig für die natürliche Entwicklung.«
Und so war Rhett natürlich sehr traurig gewesen, als Fooly verschwand…
Das schien Fooly durchaus klar zu sein, weil er von sich aus dieses Thema ansprach. »Lord Zwerg muß ziemlich enttäuscht gewesen sein, weil ich einfach so weggeflogen bin, und das, ohne mich von ihm zu verabschieden. Deshalb habe ich ihm ein Geschenk mitgebracht. Er hat sich so dringend eine Miezekatze gewünscht. Also habe ich ihm eine mitgebracht. Und ihr«, polterte er vorwurfsvoll los, »ihr habt nichts Eiligeres zu tun, als die Katze zu erschießen! Willst du dir etwa einen Pelzmantel davon nähen lassen, Nicole?«
»Er hat dem Jungen eine Katze mitgebracht«, ächzte William. »Das darf doch wohl nicht wahr sein! Rhett wünscht sich eine Katze, und dieser Taugenichts schleppt einen ausgewachsenen Tiger an! Ich glaub’s einfach nicht!«
»Könnte es sein, Fooly, daß du etwas verwechselt hast?« fragte Zamorra geduldig. »Eine Katze ist etwa so groß.« Er deutete die Abmessungen mit den Händen an. »Das hier aber ist ein Raubtier. Ein wildes Tier. Es würde sich nicht von Rhett streicheln lassen und mit ihm spielen, sondern ihn einfach auffressen.«
Fooly ahmte die Handbewegungen nach. »Etwa so groß ist ein Schleichhase. Den wendelt man in Wendelkraut und verspeist ihn. Einen Lord Zwerg verspeist man aber nicht, auch nicht, wenn man ein wildes Raubtier ist. Und schon gar nicht als große Katze. Ist das klar?«
»Sag das mal deiner vermeintlichen Miezekatze«, meinte Nicole.
»Habe ich ihr schon gesagt. Sie hat mir versprochen, ganz lieb zu Lord Zwerg zu sein. Sie würde ihm nie etwas tun.«
»Vielleicht wollte sie deshalb mich auffressen«, überlegte William.
»Du bist viel zu alt und zu zäh«, behauptete Fooly. »Du schmeckst bestimmt nicht.«
»Hättest du das deiner Katze nicht auch sagen können? Und überhaupt, warum bist du nicht zuerst hereingekommen? Du hättest um Erlaubnis fragen müssen, das Biest anzuschleppen. Statt dessen läßt du es hereinschleichen und tauchst erst später auf…«
»Es sollte doch eine Überraschung für Lord Zwerg sein!« maulte Fooly.
»Der schläft aber um diese Zeit!« warf Nicole ein.
Fooly schaffte es, trotz seines Drachengesichtes ein wissendes Grinsen hervorzuzaubern.
»Bist du da wirklich ganz sicher?«
»Lenk nicht ab«, sagte Zamorra streng. »Wo hast du das Tier überhaupt eingefangen? Doch wohl nicht aus einem Zoo geklaut?«
»Ist mir zugelaufen.«
»Wo?«
»Vor ein paar Tagen in Indien. Ein paar böse Menschen mit Gewehren waren hinter dem armen Kätzchen her und wollten es erschießen, um ihm das Fell abzuziehen. Ich habe es gerettet. Und kaum ist es hier, schießt die da auch darauf.« Anklagend deutete er auf Nicole.
»Aber nicht, um ihm das Fell abzuziehen«, fuhr sie auf. »Du solltest wissen, wie ich über Pelzmäntel denke. Die stehen den Tieren entschieden besser als den Menschen. Außerdem habe ich die Bestie nicht erschossen, sondern nur betäubt!«
»Wie dem auch sei«, sagte Zamorra. »Fooly, du wirst den Tiger wieder zurückbringen. Das hier ist nicht seine natürliche Umgebung.«
»Aber in Indien jagen und erschießen sie ihn. Außerdem gibt es da böse Schlangen.«
»Die Jäger haben seine Spur längst verloren. Tu also, was ich dir sage.«
Fooly stampfte mit dem Fuß auf.
»Das ist ungerecht!« zeterte er. »Was ist mit diesem verfressenen Wolf, der ständig versucht, mir in den Schweif zu
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