0578 - Die Geisel
Rücken lag.
Ich konnte Mallmann nicht genau erkennen, weil Suko ihn mit seinem Körper deckte. Erst als er meine Schritte dicht hinter sich hörte, stand er auf.
»Da!« sagte er nur.
Ich schaute auf die Gestalt. Suko hatte die Kapuze nicht über seinen Kopf gezerrt, sie nur hochgeschoben. Er ließ mich allein, weil er sich um Marion kümmern wollte.
Zu fassen war es nicht, es war auch nicht zu erklären, ich konnte nur starren.
Er lag vor mir. Das Kreuz hatte sich durch den Stoff und tief in sein Gesicht gebrannt. Ein Gesicht, aus dem noch dünne Rauchwolken stiegen, und ein Gesicht, das nicht Will Mallmann gehörte.
Es war das eines Fremden, der es phantastisch verstanden hatte, Mallmann zu kopieren. Erst jetzt dachte ich über Marions Aussage nach. Der Tausch, als sie aus dem Zug gesprungen waren. Mallmann hatte einen Helfer besessen, der von ihm ins Feuer geschickt worden war.
Er selbst befand sich noch auf freiem Fuß.
Wieder einmal hatte er uns genarrt. Die Fünfhunderttausend allerdings, die gehörten ihm.
Am liebsten hätte ich Rumpelstilzchen gespielt und mich selbst in den Boden getreten. Ich sah Suko, wie er von der Steinpyramide kletterte, die Geisel auf den Arm.
Marion lebte, doch sie brauchte dringend ärztliche Behandlung.
Dafür sorgten wir in der nächsten halben Stunde. Im Wärterhäuschen fanden wir ein Telefon und alarmierten die entsprechende Stelle, ohne irgendwelche Erklärungen an die Personen abzugeben, die uns umstanden und uns zuschauten.
Ich trat hinaus in die Nacht. Es fing wieder an zu nieseln. Im Mund aber spürte ich den bitteren Geschmack von Galle…
***
Am nächsten Mittag!
Wir litten noch immer unter den Folgen der vergangenen Nacht.
Weder Suko noch ich konnten etwas Eßbares zu uns nehmen. Wir hatten Sir James informiert, der nur die Schultern hob und sagte:
»Ist das ein Wunder? Mallmann ist mit allen Wassern gewaschen.«
Ja, das war er wirklich.
Er schaffte es tatsächlich, allem die Krone aufzusetzen. Eiskalt rief er mich an.
»Hör zu, Sinclair! Du schaffst es nicht, mich zu kriegen. Ich lege dich immer rein. Ich hatte mir einen Schauspieler als Vampir genommen. Er hat seine Sache gut gemacht.«
»Mallmann!« knirschte ich.
»Keine Ausfälle, bitte. Ich melde mich wieder. Vielleicht lasse ich deine Mutter mal schreien. Was hältst du davon?«
Ich lief rot an, kochte vor Zorn, hörte sein Lachen und wie er sich noch bedankte, daß ich es ihm ermöglicht hatte, die Fünfhunderttausend zu bekommen.
Mitten in seinem Satz schleuderte ich den Hörer so hart auf den Apparat, daß der fast zersprang. Danach konnte ich nur den Kopf zwischen meine Hände pressen.
Daß Suko und Glenda das Büro betraten und an der Tür stehenblieben, bekam ich nicht mit.
Ich war mit den Nerven fast am Ende. Das hatte nicht einmal der Schwarze Tod früher geschafft, aber eine Kreatur namens Will Mallmann, die einmal zu unseren Freunden gehört hatte…
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 099 »Hüte dich vor Dracula «
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