0578 - Welten des Grauens
paar Tagen zurückgekommen und arbeiten jetzt alles auf. Was inzwischen alles passiert ist, das kann ich dir am Telefon gar nicht alles erzählen, das dauert zu lange. Wie wär's, wenn ihr rüberkommt und mich von der Arbeit ablenkt? Dann fahren wir runter zu unserer kleinen Badebucht an der Loire, da können wir uns in der Sonne und im Sand aalen und auf dumme Gedanken kommen…«
»An einem anderen Tag gern«, wehrte Tendyke ab. »Ich habe heute noch etwas zu tun. Ich fliege in zwei Stunden nach El Paso. Vorher möchte ich euch aber eine Datei rüberschicken. Ist eure DFÜ aktiv?«
»Wird gleich eingeschaltet«, sagte Nicole. »Ist dir ein Gespenst über den Weg gelaufen, das…«
»So könnte man sagen. Ist dir bekannt, daß unser gemeinsamer Freund Gryf vor ein paar Tagen in Rio de Janeiro von Unbekannten überfallen und lebensgefährlich verletzt wurde?«
Etwas in Nicole verspannte sich.
»Ja!« stieß sie hervor. »Er ist wieder einigermaßen okay. Silbermond-Druiden haben gutes Heilfleisch. Woher weißt du davon?«
»Meine unbedeutende, kleine Firma hat bekanntlich in vielen, unbedeutenden kleinen Dörfern unbedeutende, kleine Filialen. So auch in Rio. Und wo die Tendyke Industries Filialen hat, hat natürlich auch unser Werkschutz ein unbedeutendes, kleines Büro. Wie Shackletons Leute darauf gestoßen sind, weiß ich nicht. Fest steht, daß nicht die örtliche Polizei, sondern unsere Security feststellen konnte, wer Gryf überfallen hat. Genauer geflüstert, wer den Auftrag gab.«
»Auftrag?« entfuhr es Nicole. »Gryf und auch wir sind davon ausgegangen, daß es sich lediglich um einen ganz normalen Raubüberfall gehandelt hat, wie er in Rio leider an der Tages- beziehungsweise Nachtordnung ist.«
»So sollte es ja auch aussehen. Shackleton wurden allerdings anderslautende Informationen zugespielt, die er mir gestern abend überspielt hat. Sagt dir der Name Rico Calderone etwas?«
»Calderone… nein. - Doch! Du hast mal von ihm erzählt, das ist aber sicher schon vier oder fünf Jahre her.«
»Stimmt. Rico Calderone war mal der Sicherheitsbeauftragte der Te ndyke Industries. Als Julian geboren wurde, sind die Zwillinge und ich mit ihm ein Jahr lang total untergetaucht, offiziell galten wir als tot.«
Nicole erinnerte sich. Damals war Julian Peters, das geheimnisvolle Telepathenkind, innerhalb eines Jahres vom Säugling zum Jugendlichen herangereift. In dieser Zeit war Julian äußerst angreifbar gewesen, aber die Schwarze Familie der Höllendämonen fürchtete ihn schlimmer als der Teufel das Weihwasser, und das nicht ganz zu unrecht, wie sich später herausstellte.
Tendyke hatte damals die einzige Möglichkeit, um Angriffe der Dämonen auf Julian zu vermeiden, darin gesehen, einfach mit Kind und Lebensgefährtinnen unterzutauchen, bis Julian in der Lage war, sich selbst zu schützen.
»Dann, nach unserer Rückkehr, hielten es Leute wie Ryker und Calderone für gut, wenn ich tot bliebe. Als es nicht klappte, mich als Betrüger hinzustellen, wollte Calderone mir einen Mord in die Schuhe schieben und mich damit in die Todeszelle schicken. Sein Pech, daß ich nachweisen konnte, daß er Loewensteen ermordet hat. Calderone wurde festgenommen, danach verwischen sich seine Spuren. Teilweise widersprechen sich auch die Polizeiakten. Fest steht, daß er vor Gericht gestellt und wegen Mordes verurteilt wurde. Ob er aus dem Gefängnis ausbrach oder darin starb, ist nicht gesichert. Seltsamerweise kann sich niemand an etwas Genaues erinnern. Offiziell gilt er jedenfalls in allen Akten gleichlautend als tot.« [1]
Nicole atmete tief durch. »Und nun…?«
»Nun ist eben dieser Rico Calderone in Rio de Janeiro eindeutig identifiziert worden als der Mann, der zwei zerlumpten Gestalten einen Haufen Geld und den Auftrag gab, einen blonden, in Jeansanzug gekleideten Mann namens Gryf ap Llandrysgryf umzulegen, sprich wie einen Hund totzuprügeln. Es sollte wie ein Raubüberfall aussehen.«
»Calderone? Kein Zweifel?«
»Shackleton hat es überprüfen lassen. Und du kannst mir glauben, daß Shacks Leute wesentlich effizienter arbeiten als die brasilianische Polizei. Die werden nämlich entschieden besser bezahlt. Der Firmenetat der T.I. ist ja schließlich nicht so schwindsüchtig angelegt wie der brasilianische Staatshaushalt…«
»Das ist verrückt, Rob«, sagte Nicole. »Warum sollte Calderone nach einem halben Jahrzehnt wieder aus der Versenkung auftauchen wie der Springteufel aus der Kiste, um sich
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