058 - Sub Sisco
seinen Worten Hohn. So klangen Äxte, die sich in Baumstämme fraßen.
»Sie bauen Flöße, um weiter nördlich in See zu stechen«, vermutete Kendro. Der Gedanke ängstigte ihn. »Die Strömung treibt sie dann direkt zu den Türmen.«
»Und wenn schon«, gab sich Clay kampfeslustig. »Mit unseren wendigen Booten sind wir denen doch haushoch überlegen. Wir attackieren sie mit den Harpunen, bevor die Türme überhaupt in Reichweite ihrer Bögen gelangen. Ohne ihre Frekkeuscher sind die doch hilflos wie kleine Kinder.«
»Die meisten von uns wollen lieber fliehen, falls es zum Angriff kommt!«, erinnerte Kendro mit warnendem Seitenblick auf einige Fischer, die das Gespräch missbilligend verfolgten.
»Wohin denn?« Statt seine Stimme zu dämpfen, sprach Clay noch lauter. Was er zu sagen hatte, durfte ruhig jeder hören. »Egal wohin wir uns wenden, es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis uns die Barbaren erneut aufspüren!«
»Wir segeln einfach nach El'ay!«, mischte sich ein grauhaariger Fischer ein, der gerade seine Netze zum Trocknen ausbreitete. »Dort gibt es Händler, mit denen wir seit vielen Sommern Geschäfte machen. Sie werden uns helfen.«
»El'ay!« Clay verzog das Gesicht, als ob er in einen vergammelten Fisch gebissen hätte.
»Dort gibt es schon jetzt mehr Menschen, als sich von ihrer Hände Arbeit ernähren können. Die Fischgründe rund um das Tal sind im Besitz der Gilde. Wir würden unsere Freiheit verlieren und müssten jeden Fang abliefern. Wollt ihr wirklich so leben?« Erregtes Raunen brandete über das vierzig mal achtzig Doppelschritte große Dach. Clays Worte zeigten Wirkung. Obwohl die Fischer einem Kampf lieber aus dem Weg gingen, teilten nicht wenige seine Meinung. Andere lehnten den Gedanken an Gegenwehr hingegen ab.
»Lieber Diener auf einem fremden Boot als tot!«, rief der Grauhaarige inbrünstig. Beifallheischend sah er sich um, doch Zustimmung und Ablehnung für seine Worte hielten sich die Waage.
Clay ging nicht näher auf die Binsenweisheit des Mannes ein. Solange keine unmittelbare Gefahr drohte, lohnte es nicht zu streiten. Ihr Turm war derzeit der sicherste Platz an der ganzen Küste.
Nachdenklich strich der Junge durch sein honigblondes Haar, das in scharfem Kontrast zur gebräunten Haut und den grün funkelnden Augen stand. Um sicher zu gehen, dass ihm kein Fehler unterlaufen war, zählte er noch einmal die Schlitze an der Oberkante durch.
Zufrieden registrierte er, dass in den sich gegenüber liegenden Seiten jeweils die gleiche Anzahl klaffte. Damit war der anstrengendste Teil der Arbeit erledigt. Nur noch wenige Handgriffe, bis sich zeigen würde, ob sein Plan funktionierte.
Clay langte nach einem der Steine, die ihn im Halbkreis umgaben, und betrachtete die vom Meerwasser gerundeten Seiten. Nachdenklich legte er ihn wieder zurück, nur um einen noch größeren Brocken aufzunehmen, der ihm für sein Vorhaben besser geeignet erschien. Den schweren Granit wickelte er in einen alten Netzstreifen, dessen verdrehte Enden gerade so durch die geschnitzten Löcher passten. Er stopfte den Wulst mehrmals durch die gleiche Öffnung und verknotete ihn sorgfältig, damit die steinerne Last weder verrutschen noch abfallen konnte. Auf die gleiche Weise befestigte er weitere Brocken rund um die Truhe, penibel darauf bedacht, die Gewichte gleichmäßig zu verteilen.
»Glaubst du wirklich, dass diese Idee funktioniert?«, fragte Kendro. Aus seiner Stimme sprach keinerlei Harne, nur Besorgnis. Trotzdem war Clay es leid, sein Vorhaben zu verteidigen.
»Von glauben kann gar keine Rede sein«, knurrte er gereizt. »Jedes Kind, das schon einmal mit seinem Boot gekentert ist, weiß ganz genau, dass sich Luft unter dem Hohlraum sammelt. Mit dieser Truhe wird es nicht anders sein.«
»Aber was ist, wenn sie umkippt und die Luft an die Oberfläche entweicht?«, beharrte der Bootsälteste.
»Dann tauche ich eben auf!« Clay seufzte laut vernehmlich, bequemte sich aber wenigstens, dem väterlichen Freund in die Augen zu blicken. »Ich habe nicht vor, bis auf den Grund hinab zu tauchen. Ich will nur einige versunkene Stockwerke untersuchen. Vielleicht befinden sich dort Dinge, die wir gut gebrauchen können.«
Kendros Miene wirkte wie aus Stein gemeißelt. »Wir haben bereits mehr erhalten, als unsere Gemeinschaft erhoffen durfte. Die Götter könnten dich für undankbar halten, wenn du dich nicht mit ihren Gaben zufrieden gibst.«
Clay schwieg verdrießlich, denn der gleiche Gedanke
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