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058 - Sub Sisco

058 - Sub Sisco

Titel: 058 - Sub Sisco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Pause ein, als ihnen Piar entgegen kam. Die Wunde der jungen Frau war längst verheilt, und ihr schlanker, von körperlicher Arbeit gestählter Körper hatte zu alter Schönheit zurückgefunden. Der Kurzhaarschnitt sorgte im Dämmerlicht für eine knabenhafte Silhouette, doch die zarten Wölbungen, die sich unter dem nabelfreien Hemd abzeichneten, zeugten von ihrer aufblühen der Weiblichkeit. Ein wohlgefälliger Anblick, der nur von den stählernen Harpunen getrübt wurde, die sie bei sich trug. Die eisernen Spieße waren aus den Holzschäften gelöst worden, um die Waffen handlicher zu machen.
    »Da seid ihr ja schon«, freute sie sich. »Es kann also losgehen.«
    »Du willst tatsächlich mitkommen?«, entgegnete Clay, obwohl er die Antwort kannte.
    »Natürlich!«, lachte sie. »Einer muss dir doch den Rücken freihalten, falls es brenzlig wird.«
    Clay warf einen Blick auf die Harpunen. »Bisher haben sich keine Sharx in der Bucht blicken lassen«, sagte er.
    »Man kann nie wissen, was in der Tiefe lauert«, antwortete Piar scheinbar leichthin. Nur ein rauer Unterton in ihrer Stimme zeigte, wie ernst die Worte in Wirklichkeit gemeint waren.
    Sie ließ offen, woran sie dabei dachte, doch Clay wusste auch so, dass sie die Fishmanta -
    kan meinte. Für einen kurzen Moment hatte Clay wieder den flüchtigen Schatten am Tag ihrer Ankunft vor Augen. Zum Glück blieb in der Dunkelheit verborgen, dass die bloße Erinnerung eine Gänsehaut auf seine Armen trieb.
    »Gut«, versicherte er schnell, um das mulmige Gefühl zu vertreiben. »Zu zweit wird es wenigstens nicht langweilig.«
    Gemeinsam ließen sie die restlichen Stufen hinter sich. Auf der letzten Etage über dem Meeresspiegel angelangt, bogen sie in den Hauptgang ein, der zur Vorderfront führte. Der Weg zu den Booten war ihnen mittlerweile so vertraut, dass sie ihn auch im Dunkeln fanden. Auf diese Weise ließ sich wertvolles Brennmaterial sparen. Die zweihundertsechzehn Menschen, die den Turm bevölkerten, lebten bevorzugt in den Zimmern der Vorder-und Seitenfront, in die tagsüber Licht einfiel.
    Strahlender Sonnenschein begrüßte das Trio, als sie die Fenster erreichten, vor denen die Bootsmasten auf und ab wippten. Sie traten hinaus auf den hölzernen Steg, über den sie auf Kendros Schiff gelangten. Dort stand bereits die Truhe für sie bereit. Zu dritt wuchteten sie das klobige Teil über die Bordwand und setzten es vorsichtig aufs Wasser.
    Trotz der Luftblase im Inneren sank sie bis zur Hälfte ein, kippte aber nicht um. Clay atmete erleichtert auf. Die Gewichte erfüllten ihren Zweck.
    Während Piar und ihr Vater die Truhe vor dem Abtreiben bewahrten, ließ er sich über Bord gleiten. Das kalte Wasser umschloss Clay wie eine eisige Faust. Hektisch mit den Beinen strampelnd, hielt er sich an der Oberfläche, um die Seilrolle entgegenzunehmen, die noch immer mit den Bändern in der Truhe verbunden war. Ein letzter tiefer Atemzug, dann kippte er nach vorn über und streckte die Beine in die Höhe.
    Die Arme weit vorgestreckt, glitt er beinahe geräuschlosen die Tiefe.
    Die Welt um ihn herum veränderte sich schlagartig. Unter Wasser war einfach alles anders. Vom ersten Schwimmstoß an fühlte Clay, wie sein Atem knapper wurde. Die Augenlider musste er zu schmalen Schlitzen zusammenziehen, um die Pupillen vor dem salzigen Nass zu schützen. Er sah wie durch einen Schleier hindurch, und die Geräusche drangen seltsam dumpf an sein Ohr.
    Clay bewegte sich in einer Umgebung, die nicht für Menschen geschaffen war. Doch statt sich vor den lebensfeindlichen Bedingungen zu ängstigen, genoss er den schwerelosen Zustand, der ihm das Gefühl vermittelte, auf Wölken zu schweben. Nicht einmal der Gedanke an die Fishmanta'kan, die irgendwo am Meeresgrund lauern mochten, konnte ihm den Spaß am Tauchen verderben. Das unterschied ihn von allen anderen Fischern im Turm, die es nach Möglichkeit vermieden, in der Bucht herumzuschwimmen, aus Furcht, einer dieser furchtbaren Seeteufel könnte sie am Fuß packen und in die lichtlosen Tiefen ziehen, aus denen er aufgestiegen war.
    Mit kräftigen Armbewegungen glitt Clay an der mu schelbesetzten Turmfassade hinab.
    Zwischendurch presste er immer wieder Daumen und Zeigefinger auf die Nasenflügel, um durch kräftiges Schnauben den Druck auf seine Ohren auszugleichen. Das Seil in seiner Linken wickelte sich ab, bis er nach fünfzehn Körperlängen auf einen im Mauerwerk freigelegten Stahlträger stieß, den er schon bei einem

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