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0585 - Der Mann, der eine Echse war

0585 - Der Mann, der eine Echse war

Titel: 0585 - Der Mann, der eine Echse war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die Messing-Kobra tatsächlich nur eine Nachahmung! Ein echter Ssacah-Ableger hätte die Gelegenheit sicher genutzt, Opfer zu beißen und mit dem Keim zu infizieren.
    Hinzu kam, daß Nicoles telepathische Kontrolle nichts Konkretes ergeben hatte, und daß auch keine weiteren Messing-Schlangen zu sehen waren. Die wären mit ziemlicher Sicherheit entstanden, wenn vor ein paar Minuten Menschen zu Ssacah-Dienern gemacht worden wären!
    Zamorra checkte jetzt jeden der Anwesenden. Er war nicht weniger erleichtert als Nicole, als er keine Opfer des Kobra-Dämons feststellen konnte.
    »Ausgerechnet Ssacah«, murmelte er. »Fehlt uns gerade noch, daß diese verdammte Schlange uns bis hierher nachkriecht.«
    »Die Schlange ist das personifizierte Böse«, brabbelte Goadec, dessen Blutgehalt im Alkoholkreislauf schon ziemlich weit abgesunken war. »Steht schon in der Bibel. Und Pater Ralph de Bricassart ist ebenfalls dieser Ansicht. Zamorra, wir müssen es irgendwie schaffen, ein Flammenschwert zu bekommen und…«
    »Ach Mann, halt doch mal dein Schandmaul«, seufzte Zamorra. Er war nicht in der Laune, Goadecs Pappnaseweisheiten hinzunehmen, die mit dem Thema überhaupt nichts zu tun hatten.
    Es war schon etwas über ein Vierteljahr her, daß sie es zuletzt mit dem wiedererstarkten Ssacah und seinem neuen Oberpriester zu tun bekommen hatten, doch Zamorra steckte die Sache noch böse in den Knochen. Sie waren in eine heimtückische Falle in einer anderen Dimension gelockt worden. Daß sie überlebt hatten, ließ sich eher mit Glück als mit Verstand erklären. [1]
    Ssacah hatte dabei gehörig eins auf die Schlangennase gekriegt. Und jetzt machte er sich schon wieder bemerkbar?
    Noch dazu hier an der Loire in Frankreich, nicht drüben auf dem indischen Subkontinent?
    Zamorra könnte das nicht auch nur ansatzweise gefallen.
    Wurde Ssacah größenwahnsinnig? Hatte er die Geduld verloren, oder warum griff er über die Grenzen seines Machtbereiches hinaus?
    Damit war schon sein ehemaliger Hohepriester Mansur Panshurab oft genug auf die Nase gefallen. Anderen Dämonen war Ssacah ein Dorn im Auge, und sie waren allenfalls bereit, ihn zu dulden, solange sich sein Kult in seiner angestammten Domäne Indien austobte.
    Der neue Mann in Ssacahs Diensten war Nick Bishop, Nachfahre eines britischen Kolonialoffiziers. War er närrisch genug, dem Dämon nicht davon abzuraten, seinen Einflußbereich wieder ausweiten zu wollen?
    Als Zamorra sicher war, daß weder den Menschen hier etwas geschehen war, noch daß sich ein Hauch düsterer Magie in den Räumen versteckte, fragte er in die Runde: »Hat einer von euch eine Ahnung, wo wir diesen Burschen finden können?«
    »Garantiert bei Jeanette«, behauptete Mostache. »Er hat hier ja kein Zimmer genommen, und wird wohl kaum heute Nacht noch nach Hause fahren, da wird er wohl bei ihr übernachten.« Er warf Pater Ralph einen kurzen Seitenblick zu, aber der Dorfgeistliche enthielt sich jeglicher Äußerung.
    »Schön, suchen wir Jeanette auf«, beschloß Zamorra.
    Sonderlich erbaut würden Jeanette und ihr Gast darüber allerdings kaum sein…
    ***
    Jeanette Brancard wohnte nicht weit von Mostaches Gasthaus entfernt in einer kleinen Dachstube. Die Ein-Zimmer-Bude war billig und reichte ihr gerade aus, wenn sie an Wochenenden oder in den Semesterferien aus Paris zurückkehrte. Von ihrer Familie, die in einem kleinen, farblosen Nest noch weiter südlich angesiedelt war, hatte sie sich schon recht früh abgenabelt.
    Hier redete ihr niemand drein, wenn sie mal ›Herrenbesuch‹ empfing oder erst in den frühen Morgenstunden heimkehrte. Auch nicht, wenn die Musik mal etwas lauter wurde.
    Der Vermieter war ein schwerhöriger alter Mann, der den ganzen Tag vor dem Radio oder dem Fernseher saß, selbst die Lautstärke voll aufdrehte, um überhaupt etwas vom Ton mitzubekommen, und morgens und nachmittags tauchte er für je eine Stunde bei Mostache auf, zum Frühstück und zum Vesper - wobei beides aus einem gehörigen Schoppen Wein bestand.
    Was die junge Studentin trieb, wenn sie anwesend war, kümmerte ihn nicht. Ihm war nur wichtig, daß sie ihren Müll brav getrennt sammelte, Essensreste zum Komposthaufen am Ende des Gartens trug und hin und wieder mal die geringe Miete bezahlte - ob das pünktlich geschah oder auch mal um ein paar Wochen verspätet, weil das studentische Mikro-Einkommen nicht reichte, war ihm ebenfalls ziemlich egal.
    »Irgendwie hatte ich mir diesen Abend anders vorgestellt«, sagte

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