0587 - Mumien in Moskau
beeindruckt, obwohl ich ihn nicht kenne.«
»Ich habe Furcht vor ihm bekommen«, erklärte Chicky.
Sie schwiegen, dann wechselte jemand das Thema. Sie wollten über ihren Auftritt reden, aber die rechte Stimmung wollte einfach nicht aufkommen. Etwas stand zwischen ihnen wie eine Mauer. Keiner gab es zu, doch die Gedanken der Mädchen drehten sich um den Mönch.
Chicky schaute schließlich auf ihre schmale Uhr. »Ob der wohl noch im Haus ist?«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich habe ihn nicht weggehen hören.«
»Das stimmt.« Katie nickte.
»Man könnte ja nachsehen«, schlug Jade vor.
Dieser Satz traf auf keine große Gegenliebe. Wenigstens gab es keine Person unter ihnen, die darauf einging, so daß Jade auflachte und dann fragte, während sie sich im Sitzen streckte: »Oder habt ihr Angst, dem Mann zu begegnen?«
»Nein!« rief Chicky.
Die anderen schwiegen.
Jade stand auf. Sie trug ein knallgrünes Trikot mit weitem Ausschnitt. »Dann würde ich doch vorschlagen, daß wir gemeinsam gehen und nach ihm schauen.«
Wieder meldete sich keiner.
»Ihr seid Flaschen. Was ist mit dir, Chicky? Würdest du mich begleiten?«
Sie zögerte noch.
»Sie kein Frosch, Mädchen. Begleite mich bitte. Es wird dir sicherlich Spaß machen.«
»Spaß ist gut.«
»Ich will aber wissen, ob das Böse hier lauert.«
»Hast du keine Angst, daß es dir etwas antun könnte?« erkundigte sich Katie.
»Ha, damit gibst du zu, daß auch du daran glaubst.«
»Zumindest an den Mönch.«
»Wunderbar, Süße. Willst du mit?«
Sie schüttelte den Kopf.
Jade schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Kinder, was seid ihr für Feiglinge! Mit euch kann man aber auch nichts aufrei ßen. Ehrlich.« Sie hob die Schultern. »Dann gehe ich eben allein. Wo, hast du gesagt, ist der Mönch verschwunden, Chicky?«
»Laß mal, Jade, ich gehe mit.«
»Na endlich.«
»Der ist bestimmt noch da«, sagte Chicky, als sie aufstand. »Wir hätten ihn sonst gehört.«
Carol hatte noch eine Frage. »Hat er denn nicht gesagt, um was es sich bei dem Bösen handelt?«
»Nein.«
»Und wenn da nun der Teufel haust?«
Vor Minuten noch hätten die Mädchen über die Frage gelacht.
Jetzt waren sie still. Sie schauten Jade an, die bisher auf alles eine Antwort gewußt hatte. So auch jetzt, denn sie sagte: »Der Teufel ist keine Gestalt, der Teufel ist gestaltlos, kann aber Gestalten annehmen. Das habe ich mal gelesen.«
Chicky legte ihr eine Hand auf die Schulter und drückte sie herum in Richtung Tür. »Komm jetzt bitte! Wir haben keine Zeit mehr. Ich will wissen, was los ist. Möglicherweise müssen wir Meldung machen.«
»Dann bringt ihr den Mönch aber wirklich in Teufels Küche«, meldete sich Jasmin aus dem Hintergrund.
Chicky hob die Schultern und schloß sich Jade an, die als erste das Zimmer verließ.
Die Tür fiel hinter ihnen zu, aber nicht ins Schloß. Spaltbreit blieb sie offen.
Jade schnüffelte und furchte die Stirn, auf der zahlreiche Sommersprossen wuchsen, die bei den Auftritten überschminkt wurden.
»Du hast recht, Chicky, hier riecht es komisch. Nach Gewürzen und Knoblauch oder so ähnlich.«
»Habe ich doch gesagt.«
»Wo ist er hin?«
Chicky drehte sich. Sie deutete auf eine Tür, die der ihren schräg gegenüberlag. Dieser breite Gang teilte das große Haus praktisch in zwei Hälften. »Dort, glaube ich.«
»Weißt du noch, welche Sachen in dem Zimmer stehen? Klamotten von uns vielleicht?«
»Keine Ahnung.«
Jade hob die Schultern. »Das müßte eigentlich SBB wissen.«
»Ja, wo steckt er eigentlich?«
»Auf einem kleinen Empfang. Er mußte hin. Wann er zurückkommt, hat er nicht gesagt.«
SBB hieß eigentlich Smart Boy Billy, doch die Mädchen sprachen ihren Chef nur in dieser verkürzten. Form an. Eigentlich kannte man ihn in der Szene nur als SBB. Diesen Spitznamen hatte ihm die Schickeria von München gegeben. Aus dieser Stadt stammte die Truppe.
»Willst du warten, bis er zurückkommt?«
»Unsinn!« Jade schüttelte den Kopf. »Wir schauen auch ohne ihn nach dem Mönch. Ich bin irre gespannt. Einen russischen Mönch habe ich in natura noch nicht gesehen. Nur auf Bildern.«
»Ich hätte darauf verzichten können. Der sah wirklich aus wie Rasputin. Total anders als wir. Du hättest meinen können, er käme aus einer anderen Welt.«
»Klöster sind doch andere Welten für uns.«
»Möglich.«
Die Mädchen waren vor der bewußten Tür stehengeblieben. Keine von ihnen traute sich, die Klinke nach unten zu
Weitere Kostenlose Bücher