0591 - Der Blut-Graf kehrt zurück
Macht und Einfluß.
Sicher war Sarkana heilfroh gewesen, als Morano damals von der Bildfläche verschwand. Die Vampirfürsten fürchteten, daß Morano eines Tages die Macht über sie alle an sich reißen und sie beherrschen wollte.
Dabei wollte Morano alles andere als das. Er wollte in Ruhe seiner Wege gehen. Die Intrigenspiele innerhalb der Schwarzen Familie lagen ihm nicht.
Morano hatte unter den Vampiren viele Anhänger, die sich sofort auf seine Seite geschlagen hätten, wenn er nach der Herrschaft gegriffen hätte – aber nur, weil sie mit den jetzigen Sippenchefs unzufrieden waren.
Das war es, was Sarkana und einige andere befürchteten. Doch Morano war nicht interessiert an Anhängern, die ihm zujubelten, ihn aber hinter seinem Rücken dennoch beschimpften und ihn ebenso schnell wieder verlassen würden, sobald ein anderer ihnen bessere Versprechungen machte.
Vampire wie Sarkana waren da ganz anders. Sie waren auch so in ihrem machtbesessenen Denken gefangen, daß sie in jedem und allem eine Gefahr sahen.
So war Morano beinahe sicher, daß Sarkana diesen Sinson auf ihn angesetzt hatte. Sinson selbst war dafür gar nicht intelligent genug gewesen.
Deshalb wunderte es Morano auch, daß Sarkana ihn plötzlich zu einer Unterredung bat. Wollte der alte Sippenchef einen Waffenstillstand aushandeln?
Morano bedauerte, daß er dieses Problem nicht mit seinem Freund, dem Mond besprechen konnte. Doch die Zeit war falsch, der alte Freund am Nachthimmel war schwach in dieser Neumondphase, er fand keinen Kontakt zu dem Vampir.
Dennoch suchte Morano Sarkana auf …
***
Der Raum, in dem sie sich trafen, war düster. Kerzen, auf Totenschädel gesteckt, sorgten für unruhiges Flackerlicht.
Sarkana, dieser alte Fuchs, war nicht allein gekommen. Er hatte zwei Begleiter mitgebracht, die neben ihm in den Schatten warteten.
»Du bist ein mutiger Mann, ein Vorbild für deine Sippenangehörigen«, spottete Morano darüber.
»Und du bist leichtsinnig, dich ohne Schutz in meine Nähe zu begeben«, sagte Sarkana. »Fürchtest du nicht, daß ich dich töten könnte?«
Morano lachte auf, er deutete auf die beiden Wächter. »Dann müßtest du die da ebenfalls töten. Denn sie wären Zeugen, daß ein Vampir einen anderen Vampir meuchelt. Man würde dich vor ein Tribunal fordern und dich hinrichten. Nein, Sarkana, du kannst es dir nicht leisten, mich umzubringen.«
»Natürlich nicht.« Sarkana erhob sich und trat bis dicht vor seinen Gast. »Du wärst besser beraten, es selbst zu tun!«
»Weshalb sollte ich?«
Sarkana lachte spöttisch.
»Die Zeit ist an dir vorbeigegangen, während du im Tiefschlaf lagst und dich von den Wunden erholt hast, die dieser Druide dir einst beigebracht hat. Vieles hat sich verändert, du hättest nicht mehr erwachen sollen.«
»Mit einem Wort: Ich störe.«
»Du sagst es. Ich gebe dir die Chance, aus eigenem Entschluß diese Existenz zu beenden. Wir wollen keinen wie dich, der nach Jahrhunderten wieder auftaucht und sich als überflüssiger Machtfaktor etabliert. Du störst meine Kreise, Morano. Verschwinde aus dem Leben!«
»Ich denke nicht daran. Du mußt ein sehr schlechter Anführer sein, daß du so um deine Macht bangen mußt.«
»Du willst also nicht?«
»Natürlich nicht, du Narr. Wofür hältst du mich?«
»Du wirst mir bestimmt aber keinen Treue-Eid schwören?«
Einen kurzen Moment lang war Morano sprachlos. Dann schüttelte er erstaunt den Kopf.
»Dir, Sarkana? Ausgerechnet dir? Ich gehöre nicht deiner Sippe an.«
»Aber auch keiner anderen, du bist ein Einzelgänger, Morano.«
»Und das gedenke ich auch zu bleiben. Gibt’s sonst noch etwas, was ich für dich tun kann, alter Mann?«
»Sterben. Und ich bin sicher, daß du mir diesen Freundschaftsdienst schon bald erweisen wirst.«
»Wie kommst du darauf?«
»Es gibt viele Möglichkeiten für dein Ableben. Verlaß dich drauf – du wirst Schwierigkeiten bekommen. Sehr große Schwierigkeiten.«
Wortlos wandte sich Morano ab und ging …
Er nahm Sarkanas Worte nicht auf die leichte Schulter. Der alte Vampir war mächtig und dachte in sehr krummen Bahnen. Möglicherweise würde Morano eines Tages wirklich nichts anderes übrigbleiben, als Sarkana in seine Schranken zu weisen.
Er fragte sich, wie Sarkana es anstellen wollte, ihm Schwierigkeiten zu machen.
Was plante der alte Obervampir?
***
Wortlos legte Nicole Duval die aufgeschlagene Tageszeitung vor Zamorra auf den Frühstückstisch. Daß dieses Frühstück erst
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