0594 - Die Sterbenden von Talos
seiner Gürteltasche verschwinden zu lassen.
»Und man kann dir Befehle erteilen und dich zu Dingen zwingen, die du niemals freiwillig tun würdest. Es ist ein teuflisches Ding.«
»Die Bongs?« fragte Carlotta.
»So nennen die Meeghs die Menschen hier.«
»Wieso paktierst du mit den Meeghs? Sie sind Ungeheuer!«
»Sie sind ein Sklavenvolk. Sie wurden von ihren Herren ausgenutzt und verraten. Und sie sterben genauso wie die Bongs. Nicht mehr lange, und Talos ist endgültig tot. Dann gibt es keine Menschen und keine Meeghs mehr. Ich werde nie verstehen, warum die Menschen nicht versucht haben, etwas gegen das Sterben zu tun. Das einzige, woran sie denken können, ist Gewalt, Haß und Rache. Alles verwahrlost. Überall wird gekämpft und getötet. Sicher, durch Gewalteinwirkung stirbt man schneller und einfacher, als bei lebendigem Leib zu verfaulen. Und man versucht, so viele andere mit in den Tod zu nehmen, wie es nur eben möglich ist.«
Er hob die Hand und tat so, als würde er mit einer schweren Zweihandwaffe schießen.
»Bong-bong-bong-bong-bong-bong-bong-bong! Wahrscheinlich nennen die Meeghs sie deshalb so. Wegen der verdammten Ballerei. Sie haben sehr effektive Waffen entwickelt, mit denen sie die Schutzschirme der Spider durchschlagen können. Wenn sie diesen Ehrgeiz daran gesetzt hätten, etwas gegen das Sterben zu tun… Aber was rede ich da? Du wirst es bald selbst erleben. Auch du wirst sterben. Vermutlich lange nach den anderen, vielleicht sogar erst nach mir. Aber Talos ist dem Untergang geweiht.«
»Talos ist dein Name für diese Welt, ja?«
»Ja. Du nennst deine Welt Erde. Warum?«
»Es ist einfach so. Es gibt noch andere Namen. Gaia, Terra, Mondo, oder einfach nur Welt. Je nach Sprache. Woher kommt der Name Talos? Den kenne ich nicht.«
»Es ist einfach so«, wiederholte Jon ihre eigenen Worte. »Weißt du eigentlich, daß außer dir noch drei weitere Fremde aufgetaucht sind, die niemand je zuvor gesehen hat? Zwei Männer und eine Frau.«
Elektrisiert sah sie ihn an. »Wann? Wie lange ist das her?«
»Noch nicht sehr lange. Eine Stunde vielleicht.«
»Ich muß zu ihnen.«
»Na, dann komm«, sagte er. »Ich bringe dich hin. Aber es könnte sein, daß du zwischendurch mal den Kopf einziehen mußt. Die Bongs sind nervös. Inzwischen schießen sie nicht nur auf die Meeghs, sondern auch auf die Fremden. Es sind deine Leute, nicht wahr?«
»Ich bin sicher«, flüsterte sie. »Sie werden nach mir gesucht haben. Und jetzt sind sie hier gestrandet wie ich.«
Jon erhob sich und streckte Carlotta die Hand entgegen.
»Komm mit, Eve.«
»Ich heiße nicht Eve, sondern Carlotta«, sagte sie leise.
»Ist dir nicht zu kalt?« fragte er. »Hier, ich hab' dir was mitgebracht.«
Woher er das Bündel aus hauchdünnem Kunststoff zauberte, blieb ihr unerfindlich, aber er faltete es auseinander, und sie schlüpfte in die halblange Jacke aus filmdünnen Material.
»Danke«, sagte sie leise.
Die Jacke war erstaunlich warm. Aber Carlotta fror dennoch. Die Kälte kam von innen.
***
»Ein Meegh, der kein Meegh ist? Was soll er denn sonst sein?« stieß Nicole hervor.
Ted Ewigk zuckte mit den Schultern. »Ein Mensch, der sich als Meegh tarnt?« überlegte er. »Solche Schattenschirme sind doch die beste Tarnung. Was sich darin befindet, merkt man erst, wenn die Tarnung abgeschaltet wird. Damit haben euch die Meeghs damals doch ein paar Jahre lang verblüfft, nicht wahr?«
»Warum sollte ausgerechnet ein Mensch sich als Meegh tarnen, wenn er sich in einem von Menschen bewohnten Ort bewegt? Das ist absurd!« widersprach Nicole. »Allein der optische Eindruck wird doch dafür sorgen, daß man ihn angreift und bekämpft!«
»Wir wurden auch angegriffen und bekämpft«, warf Zamorra ein. »Obgleich wir eindeutig nicht wie Meeghs aussehen.«
»Ganz gleich, wer und was er ist, wir müssen ihm folgen«, drängte Ted.
Zamorra nickte. »Werden wir auch. Aber ich möchte auch gern wissen, was hier abgeht. Warum die Menschen uns unter Beschuß nehmen, warum sie regelrecht zerfallen, und was mit Merlins Burg wirklich passiert. Dieses Leuchten über dem Berg könnte tatsächlich Strahlung sein. Wie auch immer, ich will Informationen.«
»Du wirst sicher verstehen, daß ich die Prioritäten etwas anders setze«, warf Ted ein.
Zamorra stutzte.
Er lauschte. Etwas hatte sich verändert.
Nein, es war eigentlich weniger ein Geräusch. Eher…
Vibrationen?
Er wandte sich um, sah in die Richtung, aus der die
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