0596 - Feuer-Furie
und verteilte sich wolkenartig. Es schien sich aus alten Rückständen irgendwelcher Leichen zusammenzusetzen. Der Geruch war so eklig, daß sich den Männern der Magen zusammenzog.
Der Flammenfrau machte es nichts aus. Sie hatte ihre Position nicht verändert, ließ die Plattform noch etwas tiefer gleiten, bevor sie einen anderen Knopf drückte, der sie stoppte.
Dann winkte sie mit der Waffe.
Dimitri und Mouth hatten sehr wohl verstanden, was sie damit bezweckte, aber sie taten so, als wären sie festgeleimt.
»Geht!« flüsterte die Unbekannte. »Geht dorthin, wo ich die Plattform habe sinken lassen.« Jedes Wort, das sie sprach, wurde von einer aus dem Mund züngelnden Flamme begleitet.
Mouth, dem der genossene Alkohol zwar keinen Mut gegeben, doch gewisse Hemmungen weggespült hatte, überwand sich als erster und stellte eine Frage mit krächzender Stimme: »Was sollen wir, verdammt noch mal?«
»Auf die Plattform springen!«
»Und dann?«
»Springt hin!« flüsterte sie. »Springt verdammt noch mal hin.«
Mouth hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Der Magen kam ihm hoch, er drückte in seine Kehle hinein, und wenn er Luft holte, glaubte er zu ersticken. »Wir… wir fahren dann nach unten. Wie die Leichen in den Särgen, nicht?« würgte er hervor.
»So ist es.«
»Willst du uns verbrennen?«
Als Antwort glühten die Augen auf, als hätte sich dort ein wildes Feuer ausgebreitet. »Das ist durchaus möglich. Ich brauche dieses Haus. Ich muß es haben.«
Mouth ging. Er schlurfte durch die Ginlache und wäre beinahe noch ausgerutscht. Als er die Frau passierte, duckte er sich wie unter einem Peitschenhieb.
Am Rand der Öffnung blieb er für einen Moment stehen. Sehr langsam drehte er den Kopf.
Dimitri lehnte mit dem Rücken an seinem Spind. Da er zitterte, bebte der schmale Schrank gleich mit. Er wußte ja, was ihm bevorstand, deshalb suchte er nach einem Ausweg.
Er konnte versuchen, zur Tür zu laufen, dagegen sprach der Standort der Frau. Wo immer er auch hinlief, er mußte zunächst an dieser verfluchten Person vorbei, was die Flammenfrau auf keinen Fall zulassen würde.
»Komm du auch, Dimitri!« hauchte Mouth mit kaum verständlicher Stimme. »Ich bitte dich…«
»Ja, du kannst gehen!«
Dimitri hörte die Stimme, der er nichts entgegenzusetzen hatte. Er nickte, ohne es zu merken, dann gab er sich einen Ruck und ging langsam auf die Lücke zu.
Der Angstschweiß tropfte von seiner Stirn. Auch weiterhin drangen dünne, übel riechende Rauchwolken aus der Öffnung und umwehten Mouth wie einen feinen Schleier.
Dimitri ließ sich mehr Zeit. Sekunden bedeuteten Aufschub, und der überlegte verzweifelt, wie sie beide aus dieser unheimlichen Lage herauskommen konnten.
Es würde schwer werden, verflixt schwer. Vielleicht sogar unmöglich. Er nahm den gleichen Weg wie sein Kollege, nur schritt er dichter an der Flammenfrau vorbei.
Die achtete auf ihn und Mouth.
Dimitri wagte es. Er wollte nicht sterben und wenn, dann wenigstens nicht, ohne sich gewehrt zu haben.
Mit einer heftigen Bewegung warf er sich nach links. Er brauchte sich nicht einmal viel Schwung zu geben. Mit der Schulter rammte er den fast nackten Körper, rechnete damit, die Person zur Seite schleudern zu können und brüllte selbst auf, denn an der Schulter hatte es ihn erwischt. Ein fürchterlicher Schmerz breitete sich bis zum Nacken hin aus, als hätte man ihm dort alles weggerissen.
Dimitri taumelte durch den Raum. Er hatte seinen Mund weit aufgerissen, schrie nicht, nur dumpfe, ächzende Laute drangen aus seinem Mund. Dennoch sah er so weit klar, daß er sich einhämmerte, in Richtung Tür zu laufen. Es war kein Laufen, mehr ein Stolpern, zu vergleichen mit einer verzweifelten Flucht.
Mouth, der auf der Plattform stand, schrie auf. Er wollte wieder hochklettern, als die Frau herumzuckte und schoß.
Es krachte nicht, es fauchte nur. Mouth rechnete mit einer Kugel, die seinem Leben ein Ende setzen würde. Statt dessen raste ein Feuerball auf ihn zu. Er war mit einer vehementen Geschwindigkeit aus der Mündung gedrungen, neben ihm auf der Plattform gelandet und zu einer gewaltigen Flamme hochgesprüht, die dem Mann keine Chance ließ.
Die Feuer-Furie wirbelte herum, wollte auf den zweiten feuern, aber Dimitri hatte es geschafft und die Tür aufgerissen. Als die Frau den Finger bewegte, war er schon draußen.
Mit einem heftigen Knall fiel die Tür ins Schloß.
Die Feuer-Furie bewegte sich auf die Schalttafel zu.
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