0598 - Die Para-Bank
Schüsse sollten ihn vielleicht nur täuschen.
Sie werden versuchen, sich in meine Lage zu versetzen! überlegte Kerlak.
Die Terraner würden zu ergründen versuchen, was er vorhatte und auf jeden seiner mutmaßlichen Schritte reagieren. Sie kannten Icho Tolot sehr gut und wußten viel über Haluter.
Deshalb nahmen sie sicher an, Kerlak durchschauen zu können.
Das bedeutete, daß Kerlak immer einen Schritt voraus denken mußte. Und er durfte auf keinen Fall das tun, was die Terraner von ihm erwarteten.
Sicher wußten sie, daß ihn ihre Schießerei aufmerksam gemacht hatte.
Es war sogar anzunehmen, daß sie wußten, daß er jetzt bewegungslos im Weltraum „hing" und nachdachte.
Fast, dachte Kerlak bestürzt, hätten sie ihn gezwungen, so zu handeln, wie es ihnen zweckmäßig erschien. Aber er hatte sie rechtzeitig durchschaut.
Sie würden nicht damit rechnen, daß er den alten Kurs beibehalten und sich ihnen furchtlos nähern könnte. Viel eher mußten sie annehmen, daß er seinen Angriffsplan komplizieren würde.
Diese schlauen kleinen Burschen! dachte Kerlak mit einem Anflug von Bewunderung für seine Feinde.
Er flog weiter - direkt auf die Schiffbrüchigen zu.
*
Es gab noch einen Grund, weshalb die Besatzung der CDIN-3 die Energieentfaltung im Weltraum vielleicht nicht geortet hätte - doch davon konnte Rhodan nichts wissen. Der Kreuzer war bis auf wenige Kilometer an das halutische Schiff herangekommen.
Major Matoscho und Leutnant Taimar hatten das Schiff verlassen. Auf einer Linse näherten sie sich vorsichtig dem halutischen Schiff. Sie funkten ununterbrochen, hatten aber noch keinen Kontakt hergestellt.
„Ich weiß nicht, ob es richtig ist, ihn um Unterstützung zu bitten", sagte Taimar skeptisch.
„Er ist schließlich kein stumpfsinniger Mörder", versetzte Matoscho. „Ich traue diesem hochintelligenten Wesen zu, daß es uns hilft. Kerlak hat schließlich mitangesehen, wie der Flottentender vernichtet wurde. Daraus wird er seine Rückschlüsse gezogen haben."
Taimar antwortete nicht, denn in diesem Augenblick meldete sich Leutnant Bradmayr von Bord der CDIN-3. Bradmayr war zurückgeblieben und hatte das Kommando über das Beiboot übernommen.
Bradmayrs Stimme klang undeutlich, als wäre er Lichtjahre weit entfernt. Auch im Gebiet, das Matoscho als Standort für sein Schiff gewählt hatte, machten sich die Störungen durch die PPAA-Felder noch bemerkbar.
„Wir orten eine Energieentfaltung in der Nähe der Explosionsstelle, Major!"
„Ja", sagte Matoscho geistesabwesend. Er war ganz auf das halutische Schiff konzentriert. „Das wundert mich nicht. Die Paramags von WABE 1000 sind sicher noch aktiv."
„Sollen wir irgend etwas unternehmen?" erkundigte sich Bradmayr.
„Nein", sagte der Major. „Wir würden nur die Paramags auf uns aufmerksam machen. Beobachten Sie das Gebiet um WABE 1000 weiter. Wir werden weiter versuchen, Kontakt mit dem Haluter aufzunehmen."
Die Linse war jetzt bis auf wenige hundert Meter an das schwarze Raumschiff herangekommen. Leutnant Taimar beobachtete es mit gemischten Gefühlen. Wenn der Haluter jetzt seine Bordkanonen einsetzte, waren die beiden Männer, die flach auf der Linse lagen, verloren.
„Es bleibt unheimlich still!" sagte Taimar, um seine Nervosität zu überspielen. „Entweder er hat uns noch nicht entdeckt, oder er will uns ignorieren."
Eigentlich hätten sie jetzt umkehren müssen, überlegte Matoscho. Das Risiko war einfach zu groß.
Er wandte sich an Taimar.
„Fliegen Sie zurück! Ich mache allein weiter."
Der Leutnant verzog das Gesicht.
„Ich würde lieber bei Ihnen bleiben, Kommandant."
„Es war ein Befehl."
Taimar verzog das Gesicht. Er ließ sich von der Linse gleiten und schaltete sein Rückenaggregat ein.
Matoscho sah einen Flammenschweif, dann flog der Leutnant davon. Matoscho wandte seine Aufmerksamkeit sofort wieder dem halutischen Schiff zu. Er wußte nicht genau, was ihn daran so fesselte. Denn der tiefere Grund, warum er den Kreuzer verlassen hatte, war Faszination. Er glaubte nicht im Ernst daran, Tondor Kerlak zum Verbündeten gewinnen zu können. Aber dieses Schiff zog ihn an. Nicht nur das Schiff, gestand sich Matoscho ein, sondern auch sein Besitzer. Ja, je länger er überlegte, desto mehr war Matoscho davon überzeugt, daß sein Interesse in erster Linie diesem einsamen Kämpfer galt.
Vielleicht deshalb, weil Tondor Kerlak etwas repräsentierte, was in Matoschos ersticktem Gefühlsleben bestimmte
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